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und lehnte sich zurück. Er war froh, daß sich der schlimme Verdacht, den er gehabt hatte, nicht bewahrheitet hatte. Doch ihm blieb nicht viel Zeit, um weiter darüber nachzudenken, denn Lena Kaufmann meldete schon die nächste Patientin an.

      Erst kurz vor Mittag hatte Dr. Daniel ein wenig Muße, und erst in diesem Augenblick dachte er an Darinka Stöber. Die Sorge um Kerstin Wenger und die anschließende freudige Erleichterung hatten ihn das junge Mädchen völlig vergessen lassen.

      Dafür griff er jetzt sofort nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer, die er sich gestern noch notiert hatte.

      »Stöber«, meldete sich eine angenehme Frauenstimme.

      »Guten Tag, Frau Stöber, hier ist Dr. Daniel«, gab sich der Arzt zu erkennen.

      »Herr Doktor, Sie sind wieder hier?« fragte Martha Stöber überrascht. »Das ist schön.«

      Dr. Daniel lächelte. Es tat gut, von jedermann so herzlich aufgenommen zu werden.

      »Frau Stöber, ich würde mich mit Ihnen und Ihrem Mann gerne mal unterhalten«, trug Dr. Daniel nun sein Anliegen vor. »Es betrifft Ihre Enkelin.«

      »Darinka? Aber… worum geht’s denn?«

      »Dafür ist ein ausführlicheres Gespräch nötig«, meinte Dr. Daniel. »Darf ich nach Ende der der Sprechstunde einmal zu Ihnen kommen?«

      Martha Stöber zögerte. Sie wußte offenbar nicht genau, wie sie darauf reagieren sollte.

      »Nun… ja, wenn Sie glauben, daß das nötig ist«, erklärte sie langsam.

      »Ja, Frau Stöber, es ist dringend nötig«, bekräftigte Dr. Daniel. »Morgen ist Mittwoch, da habe ich nur vormittags Sprechstunde. Wäre es Ihnen recht, wenn ich nachher vorbeikomme?«

      Wieder zögerte Martha Stöber, dann stimmte sie zu. Dr. Daniel und sie wechselten noch ein paar höfliche Worte, dann legte der Arzt auf, und er befürchtete, daß ein äußerst schwieriges Gespräch auf ihn zukommen würde.

      *

      Am Montagfrüh hatte Susanne Hartwig die Blutspuren in ihrem Slip zum ersten Mal bemerkt. Sie erschrak zutiefst, und plötzlich meldete sich das schlechte Gewissen, weil sie während ihrer gesamten Schwangerschaft noch keinen Arzt aufgesucht hatte. Vielleicht hatte Marion doch recht. Sie sollte sich wirklich einmal untersuchen lassen. Aber von wem? Wenn Dr. Daniel noch hier wäre…

      Rasch schüttelte Susanne diesen Gedanken wieder ab. Vielleicht war dieses bißchen Blut ja ganz normal. Doch als sich die Schmierblutungen bis zum nächsten Tag eher noch verstärkten und am Mittwoch morgen zu allem Überfluß ein schmerzhaftes Ziehen im Unterleib dazukam, wurde Susanne doch unruhig.

      »Du, Marion«, begann sie langsam. »Als du mit Ina und Kai schwanger warst… hattest du da auch mal Blutungen?«

      Marion erschrak. »Blutungen? Um Himmels willen, Susi, du mußt sofort zum Arzt!« Sie sprang auf. »Wo ist der nächste Gynäkologe?«

      Susanne zuckte die Schultern. »Ich kenne nur die Ärztin in der Kreisstadt, aber zu der gehe ich nicht hin.«

      »Bist du noch zu retten?« fuhr Marion ihre Schwester an. »Menschenskind, du hast Blutungen! Möglicherweise bist du in Gefahr – dein Kind ist es aber mit Sicherheit.«

      Es war, als würden diese Worte Susanne zur Vernunft bringen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihre Schwester an.

      »Glaubst du das wirklich?«

      »Da bin ich mir sogar ganz sicher«, bekräftigte Marion. »Mein Arzt hat immer gesagt, bei Blutungen während der Schwangerschaft sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus. Also, wo ist der nächste Gynäkologe. Ansonsten bringe ich dich nämlich einfach in eine Klinik.«

      Susanne nickte. »Gut, Marion, wahrscheinlich hast du recht.« Sie überlegte. »Gestern, als ich die Bäckerei betreten habe, unterhielten sich zwei Frauen über Dr. Daniel. Ich habe leider nicht viel mitbekommen, aber… vielleicht sollten wir zuerst mal zu seiner Villa hinauffahren.«

      »Einverstanden«, stimmte Marion zu. »Komm, Susi, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«

      Sie nahm ihre Schwester beim Arm und brachte sie nach unten.

      »Ich fahre, und du legst dich auf die Rückbank«, bestimmte sie. »Sicher ist sicher.«

      Und Susanne gehorchte ohne ein weiteres Wort. Marions Sicherheit, mit der sie behauptete, das Baby wäre in Gefahr, hatte ihr doch Angst gemacht.

      Ich hätte doch zum Arzt gehen sollen, hielt sich Susanne insgeheim vor. Ich hätte…

      Doch es war zu spät, um noch darüber nachzugrübeln. Sie hatte Blutungen und konnte nur hoffen, daß ihrem Baby nichts passieren würde.

      »Wie muß ich fahren?«

      Marions Stimme riß Susanne aus ihren Gedanken.

      »Geradeaus durch den Ort, an der großen Chemiefabrik vorbei und dann, nach der Kirche links den Kreuzbergweg hinauf.«

      Marion nickte und legte ein zügigeres Tempo vor, während Susanne wieder in Gedanken versank.

      »Kreuzbergweg«, murmelte Marion, während sie langsam und vorsichtig die steile Auffahrt hinauffuhr.

      Wie gebannt starrte Susanne aus dem Fenster.

      »Das Schild ist weg«, erklärte sie und die Erleichterung war unschwer aus ihrer Stimme herauszuhören. »Dr. Daniel ist wieder in seiner Praxis.«

      Gott sei Dank, dachte Marion unwillkürlich. Sie hätte nämlich nicht gewußt, wohin sie ihre Schwester sonst bringen sollte. Schließlich kannte sie sich hier nicht aus.

      Fürsorglich half sie Susanne beim Aussteigen, dann drückte sie den Klingelknopf neben dem Schildchen Praxis. Mit einem dezenten Summen sprang die schwere Eichentür auf.

      Marion ging voran und hielt sich nicht lange mit Vorreden auf.

      »Meine Schwester ist schwanger und hat Blutungen«, erklärte sie der jungen Empfangsdame. »Wir müssen gleich zum Herrn Doktor.«

      Auch Gabi Meindl wußte, daß hier Eile geboten war. »Nehmen Sie noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz«, bat sie. »Ich melde Sie sofort beim Doktor an.«

      Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, bis Susanne ins Sprechzimmer gerufen wurde.

      »Guten Tag, Frau Hartwig«, begrüßte Dr. Daniel sie freundlich.

      »Sie kennen mich noch?« fragte Susanne erstaunt und vergaß dabei für einen Moment, weshalb sie hier war.

      Dr. Daniel lächelte. »Ich habe ein recht gutes Namensgedächtnis. Außerdem waren Sie ja immer regelmäßig bei mir – abgesehen von den vergangenen fünf Jahren.«

      »Ich wußte nicht, wohin Sie gegangen waren«, erklärte Susanne. »Ich war in Urlaub, und als ich zurückkam, war die Praxis geschlossen.«

      Dr. Daniel senkte den Kopf. Noch immer wurde er nicht gern an diese schreckliche Zeit erinnert.

      »Und was führt Sie heute zu mir?« lenkte er dann ab. »Meine Empfangsdame sagte, es wäre sehr dringend.«

      »Ich glaube, das ist es auch, Herr Doktor«, gestand Susanne ein wenig verlegen. »Ich bin schwanger… ungefähr achter Monat und… ich habe Blutungen. Seit gestern.«

      Besorgt runzelte Dr. Daniel die Stirn. »Das ist in den meisten Fällen kein gutes Zeichen. Haben Sie Ihren Mutterpaß dabei?«

      Wieder errötete Susanne. »So etwas habe ich nicht.«

      Erstaunt sah Dr. Daniel sie an. »Wie bitte? Aber Sie müssen von Ihrem behandelnden Arzt doch einen Mutterpaß bekommen haben.«

      Susanne senkte den Kopf. »Ich war nie bei einem Arzt.«

      Dr. Daniel hatte das Gefühl, als hätte man ihn mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen.

      »Sie waren nie…«, begann er

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