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Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
Читать онлайн.Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Год выпуска 0
isbn 9783740948535
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Bookwire
Claudia senkte den Kopf.
»Nein, das Schlimmste kommt erst noch.« Sie atmete tief durch. »Ich setzte die Pille ab, ohne Eduard zu fragen oder ihn wenigstens zu informieren. Es dauerte fast drei Monate, bis ich merkte, daß ich schwanger war. Ich freute mich riesig, als der Test positiv ausfiel, doch bevor mein Arzt die Diagnose nicht bestätigte, wollte ich Eduard noch nichts davon sagen.«
Claudia wandte das Gesicht zur Seite, denn Dr. Daniel sollte die Tränen in ihren Augen nicht sehen – Tränen, die ihrer verlorenen Liebe galten und vor allem auch dem Kind, das ohne Vater aufwachsen mußte.
»Etwa eine Woche, bevor ich den Arzttermin hatte, sah ich Eduard… mit einer anderen«, fuhr Claudia stockend fort. »Zuerst dachte ich, es wäre Zufall… eine alte Bekannte, die er wiedergetroffen hatte.« Sie zögerte einen Moment, bevor sie fortfuhr. »Ich habe ihn am Abend darauf angesprochen. Sein einziger Kommentar war: ›Ach komm, Schätzchen, du wirst die Geschichte doch nicht so ernst genommen haben. Wir hatten eine hübsche Zeit zusammen, die allmählich zu Ende gehen muß, wenn keine Gewohnheit daraus werden soll. Ich sehne mich nach etwas anderem, und du willst dich sicher auch nicht ein Leben lang an mich hängen.‹« Mit schmerzlich geweiteten Augen sah Claudia Dr. Daniel an. »Ich werde diese Worte mein Leben lang nicht vergessen. In diesem Augenblick war ich so todunglücklich, daß ich am liebsten gestorben wäre, und ich hoffte inständig, daß meine Tage aus einem anderen Grund ausgeblieben waren und ich doch nicht schwanger sei.«
Aber diese Hoffnung hatte sich nicht erfüllt, und allein der Gedanke an die gräßliche Szene bei Eduard und bei ihren Eltern ließ sie frösteln. Minutenlang war sie nicht in der Lage weiterzusprechen.
Dr. Daniel ließ ihr Zeit. Er wußte, daß in seinem Wartezimmer mittlerweile die Hölle los sein mußte, aber Claudias Problem war im Augenblick wichtiger als alles andere.
»Sie wollten, daß ich mein Baby abtreiben lasse«, erklärte Claudia schließlich mit fast tonloser Stimme. »Eduard hätte mir sogar das Geld dafür gegeben, und mein Vater hatte schon einen Termin für mich vereinbart, obwohl ich eine Abtreibung von vornherein abgelehnt hatte. Meine Liebe zu dem Baby, das in mir wuchs, war schon viel zu groß. Schließlich hatte ich es von Anfang an geliebt – sogar während dieser einen Woche, in der ich hoffte, nicht schwanger zu sein. Und aus Angst, daß ich zu dieser Abtreibung gezwungen werden könnte, lief ich einfach davon.«
»Und Ihre Eltern haben ihre Ansicht nicht geändert?« fragte Dr. Daniel fassungslos. Eine solche Haltung war ihm völlig unverständlich. Wenn seine Tochter in einer solchen Situation wäre…
Claudia schüttelte den Kopf. »Wenn sie es getan hätten, wäre ich jetzt nicht hier.« Sie atmete tief durch, dann fuhr sie leise fort: »Eine Weile bin ich einfach ziellos umhergelaufen, dann bin ich zu meiner Bank gegangen und habe mein Konto leergeräumt. Ich fuhr nach Bad Tölz zu meiner Tante Otti, aber sie sagte, ihre Wohnung wäre klein… und sie dürfe keinen Untermieter bei sich aufnehmen.« Wieder dauerte es ein paar Minuten, bis Claudia leise hinzusetzte: »Sie wollte mich auch nicht haben.«
Langsam hob sie jetzt den Kopf. »Bei Nacht und Nebel bin ich aus der Wohnung meiner Tante gelaufen und schließlich hier in Steinhausen gelandet. Ich bin in die Kirche gegangen, und dort hat mich Pfarrer Wenninger dann gefunden.«
Dr. Daniel war zutiefs erschüttert. Dieses Mädchen hatte Schreckliches hinter sich, und irgendwie war es ihr nicht zu verdenken, daß sie jetzt doch an Abtreibung dachte, obwohl sie es vorher strikt so abgelehnt hatte.
Ein dezentes Klopfen an der Tür riß Dr. Daniel aus seinen Gedanken, dann trat die Sprechstundenhilfe ein. Der Arzt wechselte einen kurzen Blick mit ihr, und Lena Kaufmann verstand die stumme Frage.
»Fünf«, antwortete sie. »Soll ich versuchen, die Termine zu verlegen?«
Dr. Daniel nickte. »Ja, Frau Kaufmann, das wäre gut.«
In diesem Moment begriff auch Claudia. Erschrocken fuhr ihre Hand zum Mund. »Meine Güte, ich halte Sie hier ganz entsetzlich auf… noch dazu ohne Termin.« Rasch stand sie auf. »Ich werde sofort gehen.«
Doch Dr. Daniel hielt sie am Arm fest. »Kommt gar nicht in Frage, Fräulein Sandner. Ich nehme die Probleme meiner Patientinnen sehr ernst, und gerade in Ihrem Fall ist dringende Hilfe vonnöten. Bleiben Sie nur. Meine Sprechstundenhilfe wird das da draußen schon regeln.«
Ein wenig unsicher blickte Claudia von Dr. Daniel zu Lena Kaufmann. Doch auch diese nickte lächelnd.
»Es ist nicht das erste Mal, daß Termine wegen eines dringenden Falls verlegt werden müssen«, meinte sie, dann verließ sie das Sprechzimmer.
Claudia zögerte noch einen Moment, dann setze sie sich wieder.
»Ein dringender Fall«, wiederholte sie leise. »Bin ich das denn?«
Dr. Daniel nickte. »Wenn eine werdende Mutter eine Abtreibung wünscht, ist das immer ein dringender Fall.«
Claudia senkte den Blick. »Im Grunde will ich ja gar nicht abtreiben lassen. Ich liebe mein Baby jetzt schon, aber gerade weil ich das tue, möche ich nicht, daß es zur Welt kommt. Ich will mein Kind nicht unglücklich machen.«
»Glauben Sie nicht, daß Sie gerade durch dieses Kind glücklich werden könnten?« fragte Dr. Daniel. »Und wenn Sie erst glücklich sind, dann wird es auch Ihr Baby sein.«
Ein wenig hilflos zuckte Claudia die Schultern. »Ich weiß nicht. Eduard hat mich verlassen, meine Eltern wollen nichts mehr von mir wissen… glauben Sie wirklich, daß es unter diesen Umständen noch ein Glück für mich gibt?«
Dr. Daniel nickte. »Ich bin überzeugt davon.« Er schwieg einen Moment, dann fuhr er fort: »Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen. Sie handelt von einem Mann, der gerade auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Karriere stand. Er war glücklich verheiratet und Vater von zwei Kindern, auf die er stolz sein konnte. Sein Sohn hatte gerade das Abitur mit Auszeichnung bestanden und begann zu studieren, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Auch seine Tochter ging aufs Gymnasium und wollte ebenfalls studieren. Dann wurde seine Frau schwer krank… unheilbar krank. Der Mann haderte mit dem Schicksal, das ihn so früh und unter so grausamen Umständen zum Witwer machte. Die Sehnsucht nach seiner Frau brachte ihn beinahe um, und er verdankte es nur seinen beiden Kindern, daß er nicht völlig verzweifelte. Die Liebe zu ihnen war das einzige, was ihm das Leben noch lebenswert machte, und ohne diese Liebe wäre er wahrscheinlich zugrunde gegangen.« Dr. Daniel senkte den Kopf. »Das alles ist jetzt etwas mehr als fünf Jahre her, und der Gedanke an die Frau, die er so sehr liebte, bereitet ihm noch immer Schmerzen. Trotzdem empfindet er sein Leben als glücklich, und er teilt dieses Glück vor allem mit seinen beiden Kindern.«
Erst jetzt sah Dr. Daniel wieder hoch, und als Claudia seinen Blick auffing, wurde ihr plötzlich klar, daß der Arzt gerade seine eigene Geschichte erzählt hatte. Ein zaghaftes Lächeln erschien auf ihren zarten Zügen, dann nickte sie.
»Ich glaube, Sie haben recht, Herr Doktor«, meinte sie. »Wenn ich die ganze Liebe, die ich im Herzen trage, meinem Kind schenke, dann kann es für uns beide ein glückliches Leben werden.«
*
Das Gespräch mit Claudia Sandner hatte Dr. Daniel mehr mitgenommen, als er sich eingestehen wollte. Die Gedanken an seine Frau, die so früh hatte sterben müssen, bereitete ihm noch immer Schmerzen, und vielleicht war es wirklich so, daß es ein Leben lang weh tun würde.
»Robert, was ist denn heute mit dir los?«
Die Frage seiner Schwester riß ihn aus seinen Gedanken. Er seufzte.
»Ach, nichts, Irene.«
»Genauso schaust du aus«, entgegnete sie, dann schüttelte sie den Kopf. »Seit du gestern mittag aus der Praxis gekommen bist, benimmst du dich so seltsam. Du ißt kaum, redest nur das Nötigste und scheinst ständig in Gedanken zu sein. Hast du wieder so einen schwierigen Fall am Hals?«
Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, Irene, mit der Praxis hat es gar nichts zu tun.« Er seufzte wieder. »Ach,