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mich? Das war nicht nötig, Papa.« Er sah zur Klinik zurück. »Saskia und Pascal werden heiraten.«

      »Und du?«

      Stefan zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, Papa, aber… da drin ist irgend etwas in mir vorgegangen. Saskia ist glücklich,mehr habe ich eigentlich nie gewollt.«

      »Du wolltest, daß sie mit dir glücklich ist«, wandte Dr. Daniel ein.

      »Ich weiß nicht, Papa. Ja, ich habe sie geliebt, aber das ist sieben Jahre her.«

      Wieder bedachte Dr. Daniel seinen Sohn mit einem prüfenden Blick. »Bist du da sicher?«

      »Ja, da bin ich ganz sicher.« Stefan zögerte, wußte nicht, wie er das, was plötzlich in ihm vorgegangen war, beschreiben sollte. »Saskias plötzliches Auftauchen in Steinhausen, die gemeinsamen Stunden mit ihr… alles war auf einmal wieder so wie früher… und doch war es anders. Es gab Pascal. Er stand von Anfang an zwischen uns, und tief in meinem Innern spürte ich, daß ich bei Saskia nie eine Chance haben würde. Und vielleicht wollte ich das auch gar nicht. Ich wollte die Zeit zurückdrehen, aber das geht nun einmal nicht. Und jetzt… sie hat ihren Pascal wieder und ist glücklich. Das allein zählt.«

      Dr. Daniel atmete auf. Er spürte, daß Stefan das alles nicht einfach so sagte, sondern daß diese Worte auch der Wahrheit entsprachen. Wie es zu diesem Wandel gekommen war, konnte Dr. Daniel nicht nachvollziehen, und vielleicht wußte Stefan das selbst nicht einmal genau. Womöglich war es wirklich nur eine romantische Rückkehr in die glücklichen und unbeschwerten Teenager-Tage gewesen. Doch jetzt befand sich Stefan wieder in der Gegenwart.

      »Kommst du mit nach Steinhausen?« wollte Dr. Daniel wissen, doch Stefan schüttelte den Kopf.

      »Tut mir leid, Papa, aber du mußt allein fahren. Auf mich wartet hier ein Studium. Ich fürchte, ich muß mich ganz gewaltig reinhängen, damit ich nächstes Jahr mein Examen schaffe.«

      Dr. Daniel lächelte. »Das wirst du mit Sicherheit schaffen, mein Junge.«

      Die Worte rührten Stefan. »Danke für dein Vertrauen, Papa. Ich werde jedenfalls alles tun, damit du stolz auf mich sein kannst.«

      *

      Gleich nachdem Saskia aus dem Krankenhaus entlassen worden war, bereiteten sie und Pascal ihre Hochzeit vor. Ursprünglich hätte sie in Freiburg stattfinden sollen, doch Saskia wollte plötzlich in Steinhausen heiraten. Schließlich war sie hier geboren worden, und Pascal hatte nichts einzuwenden.

      Es war ein strahlend schöner Tag, und vor der Kirche hatte sich nur ein kleiner Kreis von Gästen eingefunden – genauso wie Saskia und Pascal es sich gewünscht hatten.

      Pfarrer Klaus Wenninger hielt wieder einmal eine seiner bildhaften Predigten und gab das junge Paar dann vor Gott zusammen.

      Bei der anschließenden Hochzeitsfeier freute er sich vor allem über das reichliche Essen, obwohl seine Haushälterin Gerdi ihn ja auch nicht gerade hungern ließ.

      Dann spielte die Vier-Mann-Band, die Pascal engagiert hatte, zum Tanz auf. Zu den Klängen von Rosen aus dem Südendrehten sich Saskia und Pascal im Walzertakt, während die Gäste einen Kreis um sie bildeten und fröhlich mitklatschten.

      Nachdem der traditionelle Brautwalzer beendet war, sah sich Saskia nach Dr. Daniel um und entdeckte ihn ein wenig abseits.

      »Herr Dr. Daniel, ich wollte Sie fragen… wegen Stefan«, begann Saskia ein wenig zögernd.

      Mit einem herzlichen Lächeln legte der Arzt einen Arm um ihre schmalen Schultern.

      »Mach dir um Stefan keine Sorgen«, meinte er. »Er hat akzeptiert, daß du zu Pascal gehörst. Er hat mich letztes Wochenende besucht, und ich hatte den Eindruck, daß er nicht mehr leidet. Er freut sich, daß du glücklich bist, und diese Freude kommt von Herzen – so gut kenne ich ihn.«

      Saskia atmete auf. »Ich bin froh darüber. Es hätte mir so sehr leid getan, wenn ich ihn unglücklich gemacht hätte, aber ich konnte nicht nur aus Mitleid bei ihm bleiben. Das hätte er nicht verdient.«

      »Da hast du recht, und ich bin überzeugt davon, daß Stefan irgendwann auch sein Glück finden wird. Er ist ja noch so jung und steckt mitten im Studium.« Dann lächelte er Saskia an. »Wie geht’s mit euch jetzt weiter?«

      »Zuerst kommt die Hochzeitsreise«, erklärte Pascal, der unbemerkt hinzugekommen war und Dr. Daniels letzte Worte gehört hatte. »Saskia möchte Venedig sehen, und ich erfülle ihr diesen Wunsch natürlich, obwohl das heutige Venedig nicht mehr das ist, was es früher einmal gewesen sein mußt. Und nachher werden wir uns in Freiburg ansiedeln. Ich habe dort eine gute Stellung und einen ausgezeichneten Chef.« Er grinste. »Andernfalls wäre ein so langer Aufenthalt in München und Steinhausen gar nicht möglich gewesen.«

      »Ich glaube, ihr beide werdet sehr glücklich werden«, meinte Dr. Daniel.

      Saskia nickte. »Ja, davon bin ich überzeugt. Und wenn erst das erste Baby kommt…«

      »Das teilst du mir ja hoffentlich mit«, meinte Dr. Daniel. Er lächelte. »Auch wenn ich wegen der großen Entfernung für die Vorsorgeuntersuchungen nicht in Frage komme.«

      Saskia lächelte. »Es ist doch selbstverständlich, daß ich Sie auf dem Laufenden halten werde, Herr Dr. Daniel. Immerhin verdanke ich Ihnen ja eine ganze Menge.«

      Doch davon wollte Dr. Daniel gar nichts hören. Was er getan hatte, war für ihn nur selbstverständlich gewesen.

      Am nächsten Morgen brachen Saskia und Pascal dann zu ihrer Hochzeitsreise nach Venedig auf. Der Tag hätte nicht schöner sein können, als sie die Lagunenstadt erreichten. Gleich nach ihrer Ankunft unternahmen sie einen Stadtbummel, und Pascal gab dabei eine Kostprobe von seinem angelesenen Wissen. Wie verzaubert hing Saskia an seinen Lippen, und wieder wurde ihr bewußt, wie sehr sie ihren Mann doch liebte.

      Am Abend entführte Pascal seine frischgebackene Ehefrau zum Canale Grande und winkte einen Gondoliere herbei. Er wußte zwar, daß das, was er Saskia bieten wollte, nicht gerade ein billiges Vergnügen war, doch das war es ihm allemal wert. Er verhandelte kurz mit dem Gondoliere, dann half er Saskia beim Einsteigen.

      Die Nacht war lau, vom Wasser stieg ein eigentümlicher, aber nicht unangenehmer Geruch auf, und die Stadt glänzte im silbrigen Mondlicht. Die Stimmung hätte kaum romantischer sein können, und als die Gondel unter der Seufzerbrücke hindurchglitt, nahm Pascal seine junge Frau in die Arme und küßte sie zärtlich.

      »Ich liebe dich, Saskia«, flüsterte er dann. »Ich liebe dich so sehr, daß es weh tut.«

      Noch bevor Saskia etwas darauf erwidern konnte, schlug es vom Campanile zehn Uhr, und als der letzte Glockenschlag verklungen war, stimmte der Gondoliere hinter ihnen mit seinem weichen, klaren Tenor ein italienisches Liebeslied an. Wie eine Symphonie schallte es über den Canale Grande, und es schien, als lege sich ein fast andächtiges Schweigen über die ganze Stadt. Für ein paar zauberhafte Minuten hatten Saskia und Pascal das Gefühl, die einzigen Menschen auf der ganzen Welt zu sein. Und als sich Saskia in Pascals Armen ganz dem Zauber dieses Augenblicks hingab, da wurde ihr bewußt, daß sie das grenzenlose Glück, das sie jetzt empfand, nicht zuletzt auch Dr. Daniel und seinem Sohn Stefan verdankte.

Ein furchtbarer Verdacht

      »Sie hatten recht, Fräulein Sandner«, erklärte der Arzt mit einem wohlwollenden Lächeln. »Sie erwarten ein Baby.«

      Niedergeschlagen sackte Claudia auf ihrem Stuhl zusammen. Sie hatte es doch geahnt!

      »Nun, sehr erfreut scheinen Sie nicht zu sein«, stellte der Arzt fest.

      »Nein, Herr Dr. Keller«, gab Claudia unumwunden zu. »Es gibt für mich auch keinen Grund zur Freude. Ich bin vor einem Vierteljahr arbeitslos geworden und habe einen Freund, der nicht im Traum daran denkt, mich zu heiraten – schon gar nicht wegen eines Babys.«

      »Und obwohl Sie das offensichtlich von vornherein wußten, sind Sie bei dem Mann geblieben und haben

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