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Peking-Paris im Automobil. Luigi Barzini
Читать онлайн.Название Peking-Paris im Automobil
Год выпуска 0
isbn 4064066114398
Автор произведения Luigi Barzini
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Die Auswahl der Maschine wurde nach bestimmten Gesichtspunkten getroffen. Man weiß, daß Stärke und Leichtigkeit relative Begriffe sind und daß eine Maschine von 2000 Kilogramm und 40 Pferdekräften leichter und brauchbarer sein kann als eine von etwas geringerem Gewicht und viel geringerer Stärke. Wir waren auch bei der Aufstellung der Berechnungen sehr vorsichtig. Eine große Menge von Ersatzteilen nahmen wir mit, die ordnungsgemäß im hinteren Kasten der Maschine verpackt wurden; es wurde aber glücklicherweise fast nie nötig, aus ihm etwas herauszunehmen. Die Ergänzungsvorräte an Verbrauchsgegenständen wurden in reichlicher Menge und nach einem sorgfältig durchdachten Plan auf die zu durchfahrende Strecke verteilt.
Die kurze Zeit vom 15. Februar 1907, dem Tage der endgültigen Annahme der Aufforderung, bis zum 10. Juni 1907, der für die Abfahrt von Peking festgesetzt worden war, gestattete keine brieflichen Unterhandlungen. Es wurde alles mündlich und telegraphisch bestellt.
Die „Itala“ mit Fürst Scipione Borghese und Chauffeur Ettore Guizzardi.
Von Schanghai kamen nach Peking das für die Fahrt durch China und die Mongolei erforderliche Benzin und Öl; von Petersburg aus beabsichtigte die Firma Nobel, in Sibirien und Rußland die für die Fahrt durch das unermeßliche Reich nötigen Mengen bereitzustellen.
Langsame Kamelkarawanen — wie viele von ihnen überholten wir, während sie im Lichte des grauenden Morgens oder in der langen Abenddämmerung schläfrig dahinschritten, oder während sie haltmachten und die Männer, in ihren arabeskengeschmückten Zelten ausgestreckt, die Stunden der sengenden Tageshitze über sich hinziehen ließen! — schafften von Peking an den einsamen Brunnen von Udde, in die heilige Stadt Urga das für die technische Eroberung der Wüste Gobi Erforderliche, und die Eroberung wurde dadurch leicht. Andererseits erreichten uns mit der transsibirischen Bahn die zur Durchführung und Sicherung der Fahrt nötigen Vorräte in den großen Städten und kleinen Flecken längs des alten sibirischen „Trakt“, der Straße, die, bevor unsere freie Maschine, von der die Flagge eines freien Volkes im Winde flatterte, sie befuhr, so viele Scharen armer, leidender und doch stolzer Wesen hatte vorüberziehen sehen, die verbannt worden waren, die ihr edles, nach Freiheit und Gerechtigkeit dürstendes Herz weitweg vom Vaterlande in die Ferne tragen mußten!
Aus Italien gelangten die Pneumatiks an die vorher bestimmten Etappenorte, und in Omsk war ein Lager von Ersatzteilen beabsichtigt, namentlich von Rädern und Federn, die in dieser Stadt, die ungefähr in der Mitte der ganzen zu durchfahrenden Strecke liegt, voraussichtlich ausgewechselt werden mußten.
Die erforderlichen Mengen Öl und Benzin waren folgendermaßen berechnet: auf dem Wagen selbst wurden etwa 300 Kilo Benzin und 100 Kilo Öl untergebracht, ein Quantum, das ungefähr für 1000 Kilometer Fahrt ausreicht. In den Depots war immer so viel vorhanden, daß die volle Ladung des Wagens nachgefüllt werden konnte. Diese Depots, die aus Rücksicht auf den Transport in der Mongolei etwa 600 Kilometer voneinander entfernt waren, wurden auf der russischen Strecke, wo die durch Eisenbahn oder Flußschiffahrt erreichbaren Orte dichter gesäet sind, in Entfernungen angelegt, die zwischen 250 und einem Maximum von 500 Kilometern schwankten. Von Irkutsk an erwarteten mich die Pneumatiks von Pirelli in der Entfernung von je 1000 oder 1500 Kilometern.
Wir hatten Glück! Kein einziges Mal hatten wir zuwenig Brennstoff oder Öl; niemals fehlten uns Pneumatiks, von denen wir übrigens nur wenige verbraucht haben.
Ein einziger Umstand entsprach nicht unseren Wünschen, und dies war gut. Wir hatten so den Beweis in Händen, daß unsere Berechnungen richtig waren.
Die Ersatzräder und Ersatzfedern erreichten infolge von Schwierigkeiten, die die österreichische Zollverwaltung machte, Omsk nicht; sie mußten in Moskau liegenbleiben. Wir aber zogen in Kasan auf zerbrochenen Federn und auf einem Rade ein, das die Axt eines geschickten russischen Muschik uns am Ufer der Kama an einem Sonntagnachmittage ausgebessert hatte.
Auch für etwas anderes hätte besser gesorgt werden sollen: für die Bequemlichkeit der Reisenden auf dem Wagen und für die Unterbringung des Gepäcks.
Sie, lieber Barzini, der Sie mehr als alle darunter zu leiden hatten, erinnern sich gewiß noch, daß wir bis zum Vorabend unserer Ankunft in Paris jenem unförmlichen Haufen von Koffern und Säcken, der unser Gepäck darstellte und auf der Werkzeugkiste befestigt war, von wo er nur allzu häufig hinunterrutschte, keine richtige Form zu geben vermochten.
Ettore mochte das Gepäck mit aller Sorgfalt, mit aller erdenklichen Findigkeit festschnüren, ohne Stricke und Bindfaden zu schonen; die Stöße des Wagens lockerten selbst die feinst ausgedachten Verschlingungen, und der große Sack geriet bald darauf ins Schwanken und öffnete sich. Und Ettore begann von neuem.
Wieviel Mühe hat sich der brave Junge in diesen 60 Tagen gegeben! Er ist in Wahrheit jene intelligente Hand gewesen, die den Meißel führte! Ohne sein beständiges Sorgen für den Motor und alle übrigen Teile der Maschine, denen er Schlaf und Speise zum Opfer brachte, wären wir nicht nach Paris gekommen, wären vielleicht heute noch nicht dort!
Luigi Barzini.
Niemand, der es nicht selbst versucht hat, kann sich vorstellen, welche Arbeit auf einer langen Reise wie der unseren der Mechaniker zu leisten hat: vollständig auf sich selbst angewiesen, ohne die Hilfe von Werkstätten, ohne die Bequemlichkeit einer Garage, in Ländern, in denen jeder Begriff von Mechanik unbekannt ist, wo die Sprache fremd ist und selbst das Denken von dem unseren so sehr abweicht.
Nach sechzehn, achtzehn Stunden Fahrt, während deren er mit zusammengebissenen Zähnen, unter beständiger Nervenanspannung auf jeden Laut des Motors, jedes Knirschen des Wagens gelauscht hat, bemüht, dessen Existenz gegen die Schwierigkeiten des Geländes zu verteidigen; zwei bis drei weitere Stunden unter dem Rahmen ausgestreckt, in der Hitze der überanstrengten Maschine, bei dem übeln Geruche des Öls und der verbrannten Fette nachzusehen, zu prüfen, zu registrieren, die Verschlußstücke, die nachlassen, die Schrauben, die sich lockern, anzuziehen, nicht zufrieden, die durch die Anstrengungen des Tages verursachten kleinen Schäden und leichten Verschiebungen auszubessern, sondern bestrebt, mit Scharfsinn und Findigkeit die möglichen „Pannen“ des morgenden Tages vorauszusehen und ihnen zuvorzukommen: dies ist die regelmäßig wiederkehrende Arbeit Ettores nach wenigen Stunden der Ruhe, die er dem harten Boden abringt, nach den Mahlzeiten, die er in Eile verzehrt, die Füße auf den Tritt gestemmt, während die Maschine von einer Seite der Straße zur andern schwankt. Und dazu kam für Ettore von Zeit zu Zeit noch die Tätigkeit als Wagenlenker.
Entweder löste er mich am Lenkrad ab, um mir etwas Ruhe zu verschaffen, oder die Schwierigkeiten der Straße machten es notwendig, daß ich ihm bei der Fahrt über Stellen, die zu schwierig waren, um sie von der Höhe des Wagens aus zu übersehen, zu Fuß die Richtung angab. Auch als Wagenlenker war er unübertrefflich.
Erinnern Sie sich, lieber Barzini, wie oft ich beim Passieren von Sumpfstrecken oder bei der Fahrt über die schmalen Streifen trockenen Landes auf überschwemmten Straßen gezwungen war, nach Untersuchung des Geländes Ettore durch Steine oder Zweige genau die Punkte anzugeben, über die er die Räder führen sollte?
Und entsinnen Sie sich der wunderbaren Präzision und Raschheit, mit der die Maschine mit dem Maximum der Geschwindigkeit, um ihr Gewicht nicht zur Geltung zu bringen und nicht Gefahr zu laufen, stecken zu bleiben, sich auf den Rand des Sumpfes schwang oder sich aus der Lache voll schwarzen, zähen Morastes wieder herausarbeitete?