Скачать книгу

ausgedacht war.

      Kurs In östl Kragerö

      stellt meiner Ansicht nach einen Wink für Orstra-Delboste dar, wo er seine fünf Helfershelfer treffen kann. Wir wissen ja, daß Orstra schon in Göteborg das Haupt einer Verbrecherbande war. Die fünf Leute gehören fraglos zu dieser Bande. Östlich von Kragerö sehen wir hier auf der Karte eine Unmenge kleinerer und größerer Inseln dicht an der Küste, alles Felseneilande, nur zum geringsten Teil bewohnt, weil unfruchtbar. Das „In“ wird daher „Inseln“ bedeuten, und die vier Worte sind zu ergänzen:

      Kurs auf die Inseln östlich von Kragerö.

      Ich behaupte weiter, daß die Entführer der Kattegatt diese Inseln angelaufen und die Jacht irgendwo zwischen den Eilanden versteckt haben, was nicht schwer ist, wenn sie die Masten kappten, denn dann dürfte die Jacht dort niemandem auffallen. Nur die Masten hätten ihren Liegeplatz verraten können. – Daß die Kattegatt dort verborgen wurde und daß alle Anzeichen dafür sprachen, die Diebe würden sie vorläufig dort belassen, beweist die Tatsache, daß die fünf Leute, nachdem sie die Jacht so weit verfolgt hatten, weiter nach Kragerö fuhren und den Brief aufgaben. – Ich betonte schon, daß das Fahrzeug der fünf ebenso schnell wie die Jacht gewesen sein muß. Es muß aber auch klein und unauffällig gewesen sein, sonst hätten die Entführer der Kattegatt dieses Fahrzeug hinter sich bemerken und Argwohn schöpfen müssen. Ich denke, dieses Fahrzeug der fünf Helfershelfer Orstras wird ein Motorkutter sein, der sich als harmloser Fischkutter herausstaffieren ließ. Der Kutter wird dann, nachdem er Kragerö angelaufen hatte, bis zum Abend gewartet und erst bei Dunkelheit sich wieder jenem Teil der Kragerö-Inseln genähert haben, wo die Kattegatt liegt, wird einen Teil seiner Besatzung, die fraglos mehr als fünf Mann beträgt, gelandet haben, worauf die Verbrecher auf die Kattegatt einen Handstreich versucht haben werden. Ob dieser glückte, kann man noch nicht sagen. Es ist ja alles blasse Theorie, was wir hier entwickeln. Es kann alles so sein: es kann aber auch alles –“

      „Nein,“ meinte Asbörn Prang da. „Es wird schon so sein, lieber Harst! Ihre blasse Theorie gewinnt in Ihrer Darstellung so viel Farbe, daß sie überzeugend wirkt.“

       Im dicksten Nebel

       Inhaltsverzeichnis

      Wir setzten uns wieder. Harald rauchte eine Weile schweigend seine Mirakulum. Dann erklärte er:

      „Wir werden nicht nach Christiania fahren. Nein, sobald wir den Skien-Fjord hinter uns haben, geht es nach Westen die Küste entlang. Wir können gegen halb zwei Uhr morgens die Inseln in Sicht bekomme. Ich verzichte meinerseits auf den Nachtschlaf.“

      Prang nickte. „Ich auch! – Noch eine Frage, Harst. Halten Sie Ihren Verdacht gegen Samuel Goldner aufrecht? Glauben Sie noch, daß er die Kattegatt verschwinden lassen will, um die Versicherungssumme einzustreichen?“

      „Nein, Prang, diese Annahme habe ich korrigieren müssen, – auch ohne den Zeitungsklatsch, den ich da in zwei Christianiaer Blättern vorhin fand. Hätte Goldner die Jacht versenken wollen, hätte er also Leute bestochen, die dies besorgen wollten, dann wäre die Kattegatt jetzt nicht bei den Kragerö-Inseln zu suchen, denn – daß sie sich dort befindet, bezweifle ich nicht.“

      „Ganz meine Ansicht,“ mischte ich mich ein. „Was ist’s mit dem Zeitungsklatsch?“

      „Oh – er ist vielsagend, mein Alter. Es werden da aus Goldners Familienleben und Geschäftspraxis Dinge ans Licht gezerrt, die man nur mit „schmutzig“ bezeichnen kann.“

      Er langte nach einer der Zeitungen und las vor:

      „Durch die Entführung der Jacht Kattegatt ist der Name des Bankiers Samuel Goldner jetzt abermals in aller Munde. Vor einem halben Jahr berichteten wir kurz über die Untersuchung, die in Kopenhagen gegen Goldner wegen dunkler Geldgeschäfte eröffnet worden war. Bekanntlich hatte sein eigener Stiefsohn – Goldner ist in zweiter Ehe mit der Baronin von Karlsström verheiratet, die ihm einen jetzt sechsundzwanzigjährigen Sohn mit in die Ehe brachte – ihn bei den Behörden wegen angeblicher ungeheurer Steuerhinterziehungen denunziert. Dieser Stiefsohn, Baron Oskar Karlsström, hatte sich seit langem in der Kopenhagener Gesellschaft unmöglich gemacht und war „Chefredakteur“ eines Revolverblättchens schlimmster Sorte, lebt jetzt als Schriftsteller in Göteborg und findet für seine Kriminalromane und Seegeschichten, die ebenso eigenartig wie spannend sind, stets Abnehmer. Die Untersuchung gegen Goldner mußte damals übrigens eingestellt werden. Es konnte dem Bankier nicht nachgewiesen werden, daß er große Summen – es sollten gegen vier Millionen Kronen sein – ins Ausland verschoben und nicht versteuert hatte.“

      „So – das wären die Hauptsachen,“ meinte Harald und legte die Zeitung weg.

      Das konnte heißen: „Es steht hier noch mehr über Goldner, aber das ist belanglos,“ oder Harst hatte mit dem Wort „Hauptsachen“, das er etwas betont hatte, auf etwas besonderes hinweisen wollen.

      Diese Frage in Gedanken näher zu prüfen, ward mir keine Gelegenheit gegeben, denn mit schweren Schritten kam jetzt Steuermann Sönnquist die Kajüttreppe herab und meldete dann brummig:

      „Nebel gibt’s, meine Herren, verdammt dicken Nebel! Wir müssen daher langsamer fahren. Auch muß der Vorschrift gemäß dauernd die Glocke geläutet werden.“

      „Sönnquist – hier eine Zigarre! – So – wir werden nicht nach Christiania gehen, sondern die Kragerö-Inseln anlaufen.“

      Der alte Seebär machte große Augen. „Was sollen wir denn dort, Herr Harst? Da gibt’s man bloß zwanzig Menschen und fünfzig Stück Vieh! Das ist die ganze Herrlichkeit!“

      „Die Schafe auf den Inseln sollen zu einer besonderen Art gehören,“ sagte Harald völlig ernst. „Ich möchte mir sie ansehen.“

      Sönnquist grinste. „Herr Harst, diese Sorte Schafe wird wohl zwei Beine haben! Na – von mir aus nur zu! Ich finde die Inseln im dicksten Nebel –“

      Da begann vorn die Glocke auch schon zu läuten. Wir zogen unsere Mäntel über und folgten Sönnquist an Deck. Harald befahl, daß der Alte, Brown und der Maschinist zur Koje gingen, sich schlafen legten. „Wir drei werden die Jacht schon allein bedienen. Wir sind keine Neulinge!“ meinte er.

      So mußte ich denn die Schiffsglocke bedienen, Prang steuern und Harst die Motoren versehen.

      Ich stand vorn. Der Nebel war wirklich unangenehm dicht. Bald zeigte uns der Seegang an, daß wir den Fjord hinter uns hatten. Wir waren im Skagerrak, fuhren aber vorläufig nach Süden, um die gefährliche Nähe des Landes zu vermeiden.

      Wer einmal während starken Seenebels nachts auf den Planken eines Schiffes die große Wasserwüste irgend eines Meeresteiles durchkreuzt hat, wird jenes scheußliche Gefühl steter Nervenanspannung kennen, das durch das Bewußtsein der dauernden Gefahr eines Zusammenstoßes mit einem anderen Fahrzeug hervorgerufen wird.

      Wenn ich den Klöppel der Glocke für kurze Zeit ruhen ließ, bohrte ich meine Augen desto schärfer in die graue Nebelmauer vor uns ein.

      Fischkutter glitten zuweilen lautlos wie Gespensterschiffe, undeutlich zu erkennen und scheinbar riesengroß, an uns vorüber. Dampfersirenen heulten bald hier, bald dort.

      Wenn ich mich umdrehte und über das Verdeck schaute, konnte ich gerade noch den Mittelaufbau und daneben die Positionslaternen wahrnehmen. Die Laternen sahen aus wie ein trüber rötlicher und grüner Fleck.

      So schlich die Miramare mit halber Motorenkraft dahin.

      Harald kam bald nach vorn.

      „Scheußliche Nacht!“ meinte er. „Wir werden nun wenden und eine Stunde nach Westen steuern, dann nach Norden. Es ist halb zwei Uhr –“

      „Schon halb zwei?!“

      „Ja. – Aha – Prang steuert schon den neuen

Скачать книгу