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geworden. – Begreifst Du jetzt? Mary tat all das für Austin Parkner, wollte ihm den Streich erleichtern, wollte ihm jede Gefahr beseitigen. Sie war eingeweiht in das, was er vorhatte. – Komm’, diese Nacht hat mir einen bösen Fehlschlag gebracht; ich habe fünf Minute zu spät Orstras wahre Absichten erkannt. Gewiß – die Millionen sind gerettet. Aber – ein Toter und ein Verwundeter stehen auf dem Konto meiner Denkfehler. Da will ich nicht, daß auch noch diese verirrte – durch Liebe verirrte Mädchenseele in dieser Nacht Vater und Schwester ganz verliert.“

      Wir näherten uns der Knienden leise. Erst als wir neben ihr standen, bemerkte sie uns.

      Sie erhob sich langsam.

      „Miß Mary,“ sagte Harald gütig, „kehren Sie nach der Haukeli-Hütte zurück. Es wird niemand erfahren, daß Austin Parkner Sie heimlich begleitet hat und daß Ihre Abneigung gegen Ihren Vater Sie ein verwerfliches Mittel billigen ließ, um ein Vermögen zu erringen! – Gehen Sie, Miß! Schraut und ich werden schweigen!“

      „Ich – ich danke Ihnen!“ hauchte sie.

      Dann warf sie sich über den Toten, küßte die erkalteten Lippen, richtete sich auf, nahm ihre Taschenlampe und sagte mit einem Male völlig gefaßt:

      „Ich werde Ihnen Orstra suchen helfen, Herr Harst. Deshalb verließ ich nur die Haukeli-Hütte.“ –

      Orstra wurde nicht gefunden. Auch die Edelsteine waren nicht wieder herbeizuschaffen. Sie mußten in eine schmale Felsspalte hineingerollt sein.

      Da Austin Parkner keinerlei Papiere bei sich hatte, konnte nicht festgestellt werden, wer der Mann war, den Herr Siverdsen aus Odda für einen Komplicen Orstras gehalten hatte und von dem Harald behauptete – nur mir gegenüber! –, daß Mary und Parkner nach Coldings Verschwinden den Entschluß gefaßt hätten, sich die drei Millionen Kronen anzueignen. Zwei Männer lauerten daher dem Geldauto im Gletschertunnel auf: Orstra und Parkner, – jeder für sich! – Daß dies so gewesen, ergab sich aus Siverdsens Aussage: der Schwarzbärtige hatte das Auto von hinten erklettert, Siverdsen hatte ihn heruntergestoßen und sofort gefeuert; dann war der zweite Mann von vorn erschienen und hatte seinerseits zweimal abgedrückt.

      Die herrenlose Motorjacht

       Inhaltsverzeichnis

       1. Das Gesicht am Fenster

       2. Verdachtsmomente

       3. Im dicksten Nebel

       4. Die Speicherruine

       5. Ein betrogener Betrüger

      1. Kapitel

       Das Gesicht am Fenster

       Inhaltsverzeichnis

      Asbörn Prangs Bericht über die Spuren, die er unten in der Schlucht neben der Autostraße gefunden hatte, bewies zur Genüge, daß die uralte Tanne, in deren Äste Ottmar Orstra gestürzt war, dem Verbrecher das Leben gerettet und ihm das Entweichen ermöglicht hatte.

      Haralds unverwüstliche Natur kannte auch nach den Anstrengungen der letzten Tage keine Ermüdung. Nachdem wir in der Haukeli-Hütte gefrühstückt und uns von dem Milliardär John Colding halten erzählen lassen, auf welche heimtückische Weise der angebliche Professor Lörax ihn auf dem Spaziergang durch einen Schluck Kognak betäubt und in der folgenden Nacht nach dem Unterkunftshause gebracht hatte, versuchte Harst mit Hilfe des Wolfshundes Hasso Orstras Fährte weiter zu verfolgen.

      Der Hund hatte eine tadellose Dressur, nahm auch die Spur auf und führte uns vier Herren – Colding, Prang und uns beide, nach einem größeren Bauernhof nach Süden zu, wo wir von dem Besitzer erfuhren, daß zwei englische Touristen morgens sechs Uhr von ihm einen Wagen gemietet hätten, um sich nach Dahlen zu begeben. –

      Prang, Harst und ich waren nachmittags vier Uhr in Dahlen. Unterwegs hatten wir durch Befragen von Telegraphenarbeitern, die die Leitung neben der Bergstraße ausbesserten und in kleineren Trupps arbeiteten, festgestellt, daß die Engländer, also Orstra und seine „Frau“, tatsächlich die Richtung nach Dahlen beibehalten hatten.

      Aber – der zweirädrige Wagen und der Kutscher waren in Dahlen mit den beiden Fahrgästen nicht eingetroffen.

      Wir verloren fünf kostbare Stunden, bevor wir ermittelt hatten, daß der Wagen vor Dahlen nach Osten in einen Seitenweg abgebogen war. Und erst gegen zehn Uhr abends fanden wir Pferd, Wagen und den gefesselten Kutscher in einem öden Tale auf. Der Kutscher war von den Verbrechern überwältigt worden, da er sich geweigert hatte, noch tiefer ins Gebirge hineinzufahren. Er erklärte, die beiden Engländer seien ohne Zweifel Männer gewesen. Davon, daß einer etwa ein verkleidetes Weib hätte sein können, wollte er durchaus nichts wissen.

      Die Spuren der beiden waren uns so verloren gegangen. Wir mußten es daher dem Zufall überlassen, irgendwo abermals mit Orstra zusammenzutreffen. Daß dies geschehen würde, daran zweifelten wir nicht.

      Als wir gegen zwölf Uhr nachts ins Hotel Dahlen nach der Auffindung des Wagens zurückgekehrt waren, war es bereits zu spät, um noch zu Fuß bis zu jener südlichen Bucht zu wandern, wo die Motorjacht Miramare noch immer in ihrem Versteck vor Anker lag – oder doch vor Anker liegen mußte, wie wir bestimmt annahmen. Wir wollten die Nacht also im Hotel zubringen.

      Der Hotelbesitzer hatte uns noch schnell höchst eigenhändig ein warmes Gericht zubereitet, und gegen halb eins saßen Prang und wir beide im öden Speisesaal an einer Ecke der langen Tafel und aßen mit gutem Appetit das saftige Schnitzel und tranken dazu eine Flasche Rotwein.

      Herr Blörne, der Wirt, brachte uns jetzt als Nachtisch noch einen Pudding und wurde von Harald gebeten, ebenfalls am Tische Platz zu nehmen.

      Diese Bitte Harsts hatte ohne Zweifel eine besondere Bedeutung.

      Und wirklich: Harald begann Herrn Blörne jetzt nach neu eingetroffenen Gästen auszufragen.

      Blörne erklärte, nachmittags seien mit dem Dampfer von Skien zehn Gäste und abends gegen acht von Odda mit den Personenautos weitere sieben Reisende angekommen, außerdem noch vier Touristen zu Fuß, und zwar zwei Ehepaare.

      Für diese Ehepaare hatte Harst ein besonderes, leicht begreifliches Interesse.

      Er ließ Blörne das Fremdenbuch holen. Als der Wirt den Speisesaal verlassen hatte, sagte Harald zu Prang und mir:

      „Wir müssen damit rechnen, daß Orstra und der andere die Keckheit gehabt haben und hier abgestiegen sind. Zuzutrauen ist ihnen das schon.“ –

      Ich muß hier einfügen, daß das Hotel Dahlen eigene Karbidbeleuchtung hat. Über unserem Platze brannten drei Flammen einer Krone.

      Harald hatte kaum das letzte Wort ausgesprochen, als er plötzlich mit einem wahren Akrobatensatz auf den Tisch sprang, dabei einen Teller und ein Glas herabwarf und – die drei Hähne der Krone blitzschnell zudrehte.

      Ebenso rasch war er dann im Dunkeln wieder vom Tische herabgesprungen und in den Hotelflur geeilt.

      „Ihm nach!“ meinte Prang. „Auch ich habe das Gesicht am mittleren Fenster bemerkt!“

      Harald war schon draußen im Hotelgarten. Wir trafen ihn auf dem Hauptwege, wo er, die Clement in der Rechten, argwöhnisch die Büsche musterte.

      „Es war jemand hier draußen am Fenster,“ flüsterte

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