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Feuer sei höllisch, sei das Reich des Teufels, sei die Strafe des Bösen. Einen von diesen Propheten hat Trawies getödtet, so haben sie uns verdammt, haben uns fesseln wollen mit dem Ring der Hölle, haben nicht geahnt, daß sie mit den Flammen ein Reich Gottes umgrenzen, außerhalb welchem die hoffärtige, arge Welt sich herrisch breitet, innerhalb welchem die Armen und Glücklosen durch das Feuer gereinigt werden sollen. – Leute von Trawies! Ihr habt die himmlische Gnade mißkannt. Es giebt einen Weg, der durch Rosen zur Hölle führt, den wandelt die Welt, es giebt einen Weg, der durch Elend und Jammer zur Hölle führt, und den seid Ihr gegangen. Wo steht Trawies? Es steht an der Grenze zwischen Erde und Hölle, denn es hat geraubt und gemordet, Unzucht getrieben und Unheil gestiftet überall. Wer mich heute nach dem Thale der Missethaten fragt: ich zeige auf Trawies. Weinend thue ich es und mit zitternder Hand. Man möge mir die Augen blenden, wenn ihre Thränen nicht aus Herzeleid rinnen; man möge mir den Arm abhauen, wenn er sich nicht ausstreckt, um Euch zu retten! Der Gott unserer Väter, der zu uns gekommen war in den Funken unseres Ahnfeuers, der gehütet worden war mit Treue und Frömmigkeit, wo ist er? Den Feuerwart habt Ihr sterben lassen im Elend, sein Haus habt ihr geschändet, und wenn ich Euch frage: wo ist das Feuer? Was habt Ihr Antwort? Ihr habt es verfolgt und verhöhnt und verlöschen lassen, und wollt nun, daß es Euch schütze. Wenn Ihr sagt, die Welt hätte Euch Gott genommen, so lügt Ihr. Wehr als Ihr selbst hat ihn verbannt aus dem Thale der Trach? In finsterer Nach, begleitet von einem hilflosen Kind, ist er geflohen in die Wildniß, so wie nach der Schrift das Jesukind vor Herodes floh. Ein einziger Mann hat noch gelebt in der Einsamkeit, hat gebetet und die Gottessehnsucht bewahrt im Herzen; zu diesem kam das heilige Licht, das Ahnfeuer, herangezittert, und er hat es aufgenommen, es ist die Gnade gekommen und er hat es erkannt, hat es gewahrt und angebetet und kommt nun zu Euch mit der Botschaft, daß es lebt und nicht fern ist. Ja Ihr Leute von Trawies, nun sehe ich Eure Augen leuchten, als wäre Gott in Euch. Aber ich sage Euch, noch ist er es nicht. Er der Allgegenwärtige ist dort nicht, wo die Herzen kalt sind, wo keine Freude ist und keine Hoffnung und keine Liebe. Er ist dort nicht, wo das Mißtrauen wohnt und die Furcht und die Verzweiflung. Jetzt, da Ihr in den Lüften das Schrillen der Schaufel höret, womit eine unsichtbare Hand das Grab gräbt, jetzt sind Eure Begierden gedämpft. Aber ich fürchte, daß die Flamme, welche über Eurem Haupte den Pesthauch verzehrt, nicht Eure entarteten Herzen erwärmen wird. Denn Ihr seid schlecht geworden. Und so ist es tausendmal besser, o gerechter Goot, Du lassest hinsterben, was nicht leben soll.«

      »Nein,« riefen jetzt Einige der Versammelten, »leben! Leben!«

      »Nur leben!« Rief die ganze Menge, und Viele stöhnten und Viele knieten vor dem Feuer nieder und begannen zu beten.

      »Jetzt betet Ihr,« fuhr Wahnfred fort, und seine Stimme wurde immer heller und gewaltiger, »jetzt, da in den Häusern, wo Ihr gesündigt habt, die Leiber mancher Eurer Genossen hingestreckt liegen, wo Ihr dürstend die Quelle flieht und der Waldluft nicht mehr traut, die Ihr athmet, jetzt betet Ihr!«

      Sie unterbrachen ihn, sie Flehten, von der neuen Erinnerung an die drohende Gefahr zutiefst erregt und erschüttert, um Gnade und Erbarmung, sie schworen, von nun an nach Gottes Willen leben zu wollen.

      Nur Einer war darunter, der hagere Wend vom Gestade, der richtete sich auf und sagte: »Ich will auch leben, aber so lang ich nicht weiß, was Gott verlangt, verspreche ich nichts.«

      Dem entgegnete Wahnfred: »Gott will daß Du lebest und neben Dir auch Andere. Sei wie das Feuer ist, wenn es Dir gefallen soll – sei warm, so wirst Du Dir und Anderen zur Freude sein.«

      Dir und Anderen zur Freude! das war wie ein Märchenklang aus alten Tagen.

      »Nicht allein leben wollen wir,« rief aus der Menge ein Stimme, »nicht Anderer wegen ist’s uns zu thun, es soll uns auch selber gut sein. Redlich gesagt, es lüstet uns nicht gar so arg nach Gott, aber den Himmel wollen wir haben.«

      »Ja,« riefen sie im Haufen, »das ist es, den Himmel wollen wir haben!«

      »Suchet zuerst das Reich Gottes und die Gerechtigkeit,« sagte Wahnfred, »dann wird Euch der Himmel von selber zu Theil.«

      »Sollen wir unter Krieg, Hunger und Pestilenz suchen?« versetzte der Wend mit Hohn.

      »Was gehen uns Krieg, Hunger und Seuchen an!« rief Wahnfred und hatte einen Blick, daß man hätte glauben können, er sei dem Wahnsinn verfallen. »So lange wir leben, achten wir nicht darauf, und sind wir todt, wissen wir nichts davon. Was wir sind und haben, es gehört nicht uns, so können wir es nicht verlieren. Wir genießen es, aber es liegt uns nichts d’ran. Unglücklich ist, wer begehrt, was die Welt selten oder nie giebt. Unglücklich, der sich selbst nicht genug ist, denn er wird in der Jagd nach Anderem sich selbst verspielen. Selig der Genügsame und der Begierdenlose, er wird Frieden haben und schuldlos bleiben. Was kann ihm geschehen? Er ist allmächtig, und jeder seiner Wünsche wird erfüllt, denn er will, was Gott will. – Geht hin, Ihr Leute von Trawies, kehrt mit diesem himmlischen Frieden zurück ins Thal, und Ihr werdet Euch nicht mehr vor der Seuche fürchten – eher als Ihr glaubt, wird sie vergangen sein. Ihr werdet nichts mehr hassen, nichts verspotten und nichts mehr beweinen. Aber die Augen werden Euch aufgehen, Ihr habt erfahren, was die Erde nehmen kann, und Ihr werdet sehen, was sie geben kann. Ihr werdet nicht verhungern. Ihr werdet wieder reuten und ackern; es werden Schloßen fallen auf die Felder, aber Ihr werdet nicht umkommen. Ihr werdet wieder Häuser bauen; sie können zugrunde gehen, anher ihr werdet dem ewigen Licht wieder ein Gotteshaus errichten und kommen, darin zu beten, und Kraft finden zur Geduld. – Das wilde Thier in Euch, an dem alle Flüche haften, an dem alle Laster nagen, nach dem der grimme Tod Jagd hält mit seiner Sense, das Thier schleudert heute von Euch. Menschlich steiget hinab vom Berg, daß Ihr im Thale Menschen findet.«

      »Wir bleiben im Wald!« riefen jetzt mehrere Stimmen.

      »Was wollt Ihr im Walde?« fragte sie Wahnfred und stieg vom Felsen nieder.

      »Bleib’ oben und rede noch von Gott!« baten Einige.

      »Ihr wollt’ die Stimme des Predigers wieder hören, die altbekannten, angewohnten und lange entbehrten Töne. Ich aber sage Euch, Gott ist nicht im Worte. Gott ist im Werke, und zu diesem will ich Euch führen.«

      »So gehst Du mit uns?«

      »Nicht ich mit Euch, Trawieser Leute, jedoch Ihr mit mir. Wehe aber,« rief Wahnfred mit gewaltiger Stimme und aus seinen finsteren Augen schoß es wie Blitzesstrahlen, so daß auch die wildesten Gesellen davor mit den Wimpern zuckten, »wehe Dem, der mir entgegen! Mit mir ist der Allmächtige. – – Steht auf, zündet die Fackeln an. Wir gehen an’s Werk.«

      Und nun lautet der Bericht, daß Wahnfred die Versammlung in das Thal geführt und dort versucht habe, Ordnung, Arbeitsamkeit und Gemeinsinn zu stiften und zu fördern.

      Durch seiner Worte Macht, durch die phantastischen Bilder seiner Rede, durch die Verheißungen und Drohungen, womit er auf die krankhaft erregten Seelen wirkte, gelang es ihm, daß die Todten begraben und die Sterbestädten vernichtet wurden. Er selbst war voran und scheute sich nicht, den Erkrankenden zu nahen, den Sterbenden mit Labniß und Trost beizustehen. Er war ruhelos Tag und Nacht, war Jedem Freund, Arzt und Priester – und blieb am Leben.

      Für die Verstorbenen hielt Wahnfred im Walde Todtengottestdienste, indem er große Opferfeuer entzünden und an denselben alte Bußlieder singen ließ. Das vermehrte die Wehmuth des Sterbens, aber milderte die Schrecken.

      Allmählich wurde die Seuche zahmer, seltener wurden die Sterbefälle, mancher Anfall ging in gewöhnlichere Krankheiten über, forderte mitunter auch noch in solchen sein Opfer, verlief aber häufiger günstig. Endlich verlosch das böse Sterben ganz.

      Unter den während der Seuche Verschwundenen war auch der kleine Baumhackel. Erst in späterer Zeit, als man die alte, verfallene Kirche wieder betreten konnte, fand man am Glockenstrick ein menschliches Skelet hängen, welches für den Überrest des Fauns von Trawies gehalten wurde. –

      Im Thale war es nach dem Verlöschen der Seuche ruhiger geworden, aber nur scheinbar; über die Grenze kamen immer wieder arge Geschichten. Draußen hatten sie noch lange nicht verziehen und jede Pause, die der Weltunfrieden gab, weckte von neuem den Trotz und den Haß gegen

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