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die der Wurm gebohrt, der Specht gehackt hatte. Dann tänzelten die Flammen um den Stamm, züngelten gegen den Wipfel auf, hüpften hinaus in das knorpelige, harzige, braunreisige Astwerk und wirbelten hin, rasch wie die Fluth. Dünn war der aus solch heftigem Feuer aufgejagte Rauch, nur wenn die Stämme und die Strünke brachen, niederstürzten ins Moos, da erhoben sich die finsteren Wolken und fuhren, noch lange von der Gluth beleuchtet, von Funken durchsprüht, über die Wipfel hinweg.

      Seltsam war der Zug des fliehenden Gesindels, welches im Walde immer noch seine Nester und Höhlen gehabt hatte. Das war ein Johlen und Höhnen! Mancher rief dem brennenden Walde die tollsten Späße zu, und das wäre gar trefflich, daß die Hölle nach Trawies gekommen sein, so brauchten die Trawieser nicht mehr in die Hölle zu fahren. Einmal aber verging ihnen das lose Maul. Zur nächtlichen Stunde hatte sich von den breiten Höhen des Ritscher ein Wirbelwind herangewunden. Schon lange war dort das Tosen der Bäume und das Auftanzen des Waldstaubes hoch in die Luft, bevor in den Niederungen sich noch ein Blättchen regte. Dann kam es. Wie ein unsichtbarer Besen, so fuhr es anfangs drein, daß die Flammen sich wimmernd hinlegten auf den Boden. Plötzlich wurde ein großer Theil der Fläche emporgerissen in einer brausenden, pfeifenden Feuerhose, ein ungeheurer Springbrunnen, daß aller Schatten verzuckten und die tiefsten Schluchten des Gebirges beleuchtet waren.

      Und hoch am Himmel war ein tanz, wie die Berge an der Trach wohl seit Urzeiten keinen ähnlichen gesehen haben. Reisigmassen von Flammenflügeln getragen, flogen im Kreise und sprühten, fuhren in Rauch hinein, sprangen wieder hervor, wurden wie Raketen aufwärts geschleudert, schossen hin und her und zitterten, lahm geworden, eine Stunde weit im Umkreise als Flammenregen nieder.

      Bei diesem Schauspiele waren Manchem die Augen übergegangen und Etlichen brannte solcher Regen die Kleider und die Seele vom Leibe. In weitem Umkreise umschwärmten die Leute den brennenden Tärn, um sich dann allmählich gegen die Trach und ihre Hütten zurückzuziehen. Da gab es manchen Strauß; die Fremden drangen in die Häuser und plünderten und warfen die Bewohner vor die Thür und richteten sich selber ein. Und mancher solchermaßen dachlos Gewordene warf Feuer in sein eigenes Haus; lieber die Brandstätte wollte er sehen, als die Strolche wohnen in seinem Nest.

      Der Erdboden von Trawies hatte seine Treue länger bewahrt, als die Leute die ihre. Den wenigen fleißigen Händen, die in ihren entlegenen Winkeln den Acker und die Wiese bearbeiteten, gab der Boden reichlich und oft fast mit Üppigkeit, als habe er, wie die Urkunde sagt, Erbarmniß gehabt mit den Zähren, die ihn düngten. Und auch dort, wo nichts gearbeitet wurde, wuchsen und reiften die wilden Früchte, welche zu sammeln auch den Arbeitsscheuen die Noth gebot. Die Heerden der Rinder, Ziegen und Schafe strichen halbwild auf den Matten und in den Wäldern umher; mancher Kampf entbrannte um sie zwischen dem Eigenthümer und dem Räuber, aber ganz ausgerottet konnten die Hausthiere nicht werden und sie waren immerhin noch eine Quelle der Nahrung. Auch die Hasen und die Rehe und die Hirsche wollten kein Ende nehmen, trotz der wahnsinnigen Vertilgungsjagden, die nach ihnen gehalten wurden. Die Gemsen des Trasank, die Raubthiere ds Ritscher, die Fische der Trach schienen immer von neuem nachzuwachsen und aus fremden von solchen Thieren übervölkerten Wildnissen und Wassern herbeizukommen. Die geregelte Nahrung und Kleidung war schon lange abgekommen, aber die halbwild gewordenen Trawieser Leute begnügten sich mit rauhen Hüllen und mit halbwilder Kost, die ihnen theils, sozusagen, in den Mund wuchs. Dazu kam die Beute, die sie von ihren Raubausfällen und Streifzügen aus der weiteren Umgebung heimbrachten. Und so lebten sie.

      Es war aber für jeden Einzelnen ein Leben unter Feinden.

      Mit schweren Hakenbüchsen bewaffnet strichen die Männer umher; die Weiber, welche gezwungen waren, das Haus zu verlassen, gingen mit Sicheln aus, und es war doch keine Schnittzeit gewesen; oder sie hatten andere Messer bei sich, und nicht selten geschah es, daß diese Waffen in Gebrauch kamen, und zumeist wieder gegen Weiber. Denn das war die Zeit, da man die Eifersuchtshändel nicht mehr mit Keifen und Kratzen, sondern mit dem scharfen Eisen ausmachen konnte, und da blieb dem Manne von Zweien freilich seltener die Schönste, denn die Stärkste übrig.

      Menschenleben waren wohlfeil wie Hasenbälge und manches wurde abgethan eines kaum nennenswerten Gewinnes wegen. Eine der wenigen Ausnahmen machte der Tropper.

      In der Zeit des Waldbrandes war es, daß der Tropper einen fremden Mann aufnahm, weil derselbe die Krautgrube, die hinter dem Hofe zwischen zwei Bäumen schachtartig in die Erde gegraben war, um den Kohl aufzubewahren, ausbessern sollte. Der Mann stieg in den finsteren Schacht hinab und kam lange nicht zurück. Der Tropper rief in die Tiefe, der Arbeiter gab keine Antwort, aber Bauer hörte ihn kichern. Nun rief er seinen Knecht, daß auch der hinabsteige. Und auch der kam nicht zurück, sondern half in der Grube kichern. Erst als es finster wurde, stiegen Beide herauf und eilten in den Wald.

      Das war dem Tropper verdächtig; er ließ sich selbst in den Schacht hinab und fand unten in Nischen Vorräthe von Fleisch, Speck, zweifach gebackenem Brot, Branntwein und sonst mancherlei Lebensmitteln. Jetzt freilich konnte er die stille Heiterkeit der beiden Gesellen begreifen und ihm schwante auch, daß sie in der Nacht mit Genossen zurückkehren würden, um die Grube auszuleeren.

      Der Tropper konnte sich zwar nicht vorstellen, wer hier so nahe an seinem Hause Lebensmittel versteckt haben mochte, doch waren sie ihm sehr willkommen. Allsogleich begann er mit Hilfe seines Weibes die Dinge aus dem Schacht empor und in sein Haus zu schaffen, wo er zwei Kammern mit den theilweise freilich schon verschimmelten Schätzen füllte.

      Als sie damit fertig waren, wurde jedoch der Tropper nachdenklich und meinte: »Was wird’s nutzen? Bald wird der Rudel da sein, wird mich angehen, wo ich das Zeug hingethan hätte? Wer soll sich erwehren, wenn ihrer ein Haufen sind?«

      Das Weib sagte nichts darauf, ging in die Küche und begann in den Kesseln Wasser zu sieden.

      Er ging ihr nach und fragte, was sie triebe?

      »Wir müssen ja doch die Krautköpfe einweichen,« gab sie ihm zur Antwort. »Lehne nur die Leiter wieder in die Grube.«

      Gegen Mitternacht kamen richtig etliche Strolche, darunter auch der Knecht des Bauers, und sie stiegen die Leiter in den Schacht hinab. Nur Einer blieb heroben am Rande stehen, bereit, die heraufgereichten Gegenstände in Empfang zu nehmen.

      Jetzt sagte das Weib des Tropper zu ihrem Manne: »Schleiche den Spitzbuben dort an und wirf ihn in den Schacht!«

      »Du bist nicht gescheit; sie kommen doch herauf und herren uns.«

      »Wirf ihn hinab,« befahl sie, »das Wasser ist heiß!«

      Jetzt erst wußte er, was sie wollte.

      Aber er stellte sich vor sein Weib und sagte: »So weit nit, Alte, so weit nit. Lebendig kochen wollen wir Keinen. Ehevor theile ich mit ihnen die Vorräthe und den Knecht verjage ich.«

      So geschah es, und das Weib des Tropper kochte in dem für ganz Anderes bestimmten Siedewasser das aufgefundene Fleisch zu einem gemeinsamen Mahle. –

      Der alte Bart hatte, während die Strolche aus dem brennenden Tärn flohen, auch zu thun, sich seiner und der Seinen Haut zu erwehren. Vor Allem sorgte und bangte er für Sela – das war der größte Schatz im Hause, vielleicht in ganz Trawies. Der Heuboden, wo sonst er mit Erlefried geschlafen hatte, war für ihr Versteck nicht mehr sicher genug; auf diesem Heu nahm das herumstreichende Gesindel Nachtlager, nachdem es das Haus und dessen Vorrathskammer untersucht hatte. Aber unterhalb des Heubodens war zwischen zwei dicken Wänden ein enger dunkler Raum, der einst in guten Zeiten als Haferkammer für die Pferde gedient hatte. Seit Jahren hingen nur mehr die grauen Fetzen der Spinngewebe nieder, in welchem sich nichts mehr verfing, als der Staub und dürrer Samen, der zwischen die Fugen rieselte. In dieser Kammer hielt der Bart die Tochter des Feuerwart oft tagelang verwahrt, versorgte sie durch eine kleine Öffnung mit Speise und hatte sein eigenes Lager im angrenzenden Schafstall – der war ihm ja vollständig geleert worden –, um sie bewachen zu können. Neben seinem Bette an der Wand lehnte stets eine scharfe Axt, bereit für Jeden, der in die Haferkammer zu dringen hätte versuchen wollen. Seine alte kränkliche Gattin fühlte sich in der Stube vollkommen sicher; sie bedurfte keiner Axt, es war der Mühe werth kaum mehr etwas im Hause.

      Sela litt in ihrem Gewahrsam unbeschreibliche Qualen. Nicht

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