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versetzte der Arbeiter ein wenig verlegen.

      »So hatte sie Euch eine Botschaft aufgetragen,« fuhr Ermanns fort, »Ihr habt wohl einmal zuhören sollen, welche Wendung die Untersuchung nehme und was die Herren, die heute oben waren, zu dem Fall gesagt haben? Man weiß ja, die Damen sind ein wenig neugierig.«

      »Es ist aber doch nicht so,« sagte der Arbeiter, »ich war bloß oben, um dem Hausmeister Claus etwas zu sagen.«

      »So, dem Hausmeister Claus – von der Mamsell Ritterhausen? Und was solltet Ihr ihm sagen?« fragte Monsieur Ermanns plötzlich mit einem außerordentlich scharfen Tone.

      »Was Mamsell Sibylle mir aufgetragen hat.«

      »Was sie Euch aufgetragen hat! Etwa eine Erkundigung, wie Claus geschlafen habe?«

      »Das nicht gerade!«

      »Kennt Mamsell Sibylle den Claus?«

      »Ja, Herr, sicherlich.«

      »Kennt sie das Innere der Burg?«

      »Gewiß; früher, als Mamsell Sibylle noch ein Kind war und die Huckarde noch auf der Burg wohnten, da ist sie fast alle Tage droben gewesen und hat mit dem jungen Herrn Richard gespielt – dazumal war der Prozeß noch nicht im Gange, und von da her kennt sie die Burg und den Claus gar wohl.«

      »Und weil sie so gut und schön ist, geht der alte Claus durch Feuer und Wasser für Mamsell Sibylle?« fragte der Polizeibeamte.

      »So wird es wohl sein!« versetzte lächelnd Heinrich. »Besonders, wenn er ein ordentliches Trinkgeld dabei verdient.«

      »Also,« fuhr Monsieur Ermanns fort, indem er sich auf dem Platze, wo sie sich befanden, einem zwischen der hintern Seite des Wohngebäudes und den Hammerwerkstätten versteckt liegenden Winkel gemütlich auf einen Haufen Bauholz setzte, welches hier aufgeschichtet lag, »also, nun brauchten wir bloß noch zu hören, was Ihr im Auftrage der Demoiselle dem Hausmeister habt ausrichten müssen, und dann könnten wir weiter gehen, um uns die Hammerschmiede anzuschauen. Ich muß das aber vorher wissen, mein guter Freund, denn dies zu erfahren, bin ich so begierig, daß ich gar kein Vergnügen an dem Beschauen Eurer famosen Eisenfabrik haben würde, ehe ich es nicht gehört!«

      »Aber, mein Gott, was geht es Euch denn an?« platzte der Hammerschmied heraus.

      »Ja, was geht es mich an! Eigentlich nichts, gar nichts. Da habt Ihr völlig recht. Aber seht, Heinrich – Heinrich heißt Ihr, nicht wahr? – seht, Heinrich, ich bin nun einmal von unserm Herrgott so neugierig geschaffen ...«

      »Kann Euch aber doch nicht helfen,« brummte der rußige Mensch, dem des Ausfragens zuviel wurde, »Geht und fragt Mamsell Sibylle selbst, und wenn Ihr’s gehört habt, so könnt Ihr nachkommen und in der Schmiede nur nach dem Heinrich fragen, ich will dann schon zur Hand sein und Euch alles zeigen.«

      Und damit wendete der Arbeiter dem Employé den Rücken und machte Miene, ihn auf seinem Bauholz sitzen zu lassen, solange er Lust habe.

      »Halt, mein Freund,« rief aber jetzt der Beamte in einem sehr schneidenden Tone, »ich muß Euch darauf aufmerksam machen, daß Ihr in einem kleinen Irrtum befangen seid, wenn Ihr nämlich glaubt, ich plaudere mit Euch, um die Zeit gemütlich totzuschlagen. Ihr müßt wissen, daß Ihr vor einer obrigkeitlichen Person steht, welche alle Vollmachten hat, zu tun und zu verfügen, was ihr irgend notwendig scheint, um dem in der Rheider Burg begangenen Verbrechen auf die Spur zu kommen. Wir haben uns bis jetzt ganz freundschaftlich über den Fall unterhalten, und wenn Ihr es wünscht, Meister Heinrich, so fahren wir in dem Tone fort und Ihr erzählt mir nun ganz aufrichtig, zu welchem Ende die Demoiselle Euch soeben da hinaufgesandt hat. Wenn Ihr aber noch länger den Verstockten spielt, dann arretiere ich Euch, lasse Euch geschlossen nach Düsseldorf transportieren, allwo man Euch in ein finsteres Loch wirft, und dort lasse ich Euch einen Tag hungern und den andern mit Wasser und Brot regalieren und den dritten Tag wieder hungern – Ihr habt dann eine kleine Abwechselung, damit Euch das ewige Wasser und Brot nicht gar zu langweilig wird. Das geht so fort bis Ihr schwarz werdet oder bekennt. Ueberlegt Euch deshalb die Sache! Was meint Ihr, wie lange hält ein Mensch, der Eure Leibesgestalt, Eure Knochen und Euern Magen hat, es mit Wasser und Brot in einem dunkeln Loche aus? Acht Tage? Vielleicht. Aber rechnen wir zehn. Länger gewiß nicht. Oder meint Ihr vierzehn? Gut, lassen wir’s vierzehn sein. Dann aber seid Ihr mürbe, Freund, das schwöre ich Euch, und kriecht zu Kreuz und küßt dem Teufel den Schwanz, wenn man’s von Euch verlangt. Nun, also – wie soll es sein? Wollt Ihr gleich sprechen oder erst solch eine kleine Kur durchmachen?«

      Der große Mensch war blaß geworden unter dem Rußüberzug, der sein Gesicht bedeckte, und seine ungelenken Glieder schlotterten vor Schrecken vor dem kleinen schmächtigen Employé, der vor ihm saß und in so freundlich gemütlichem Tone von so haarsträubenden Dingen sprechen konnte.

      »Um Gottes willen, wer seid Ihr denn?« stammelte er.

      »Ich bin Beamter der großherzoglich bergischen Polizeiverwaltung, mein Freund. Als solcher befehle ich Euch nun zu reden. Und zwar die Wahrheit. Denn das merkt Euch wohl, Ihr werdet das, was Ihr sagt, später beschwören müssen. Darum lügt nicht.«

      »Aber, Herrgott im Himmel, was soll ich denn aussagen?« versetzte der Arbeiter und warf die Blicke um sich, wie wenn er sehen wolle, ob er nicht vor dem fürchterlichen Menschen Reißaus nehmen und in irgendein nahes Versteck schlüpfen könne.

      »Ihr wollt entspringen? Das würde Euch nichts helfen, Heinrich,« sagte der Polizeibeamte, »wir würden Euch schon fangen; der Hammer ist bewacht von allen Seiten. Nun aber heraus mit der Sprache,« fuhr er, wieder in seinen gebieterischen und drohenden Ton fallend, fort, »meine Geduld ist zu Ende und ich will eine Antwort. Was habt Ihr auf der Burg ausrichten sollen?«

      »Ich habe,« stammelte der Arbeiter so gedrängt und eingeschüchtert, »den Claus aufsuchen sollen, um ihn zu fragen ...«

      »Nun, was?«

      »Ob ... ob der Fremde noch in der Burg sei!«

      »Der Fremde? Welcher Fremde?«

      »Ja, das weiß ich nicht! – der Fremde,«

      »Also der Fremde – ob der noch in der Burg sei?«

      »So ist es.«

      »Und was hat der Hausmeister – Ihr habt ihn aufgefunden und mit ihm gesprochen?«

      »Ja.«

      »Was hat er geantwortet?«

      »Er hat gesagt, er wüßte es nicht. Vorgestern habe er ihn zum letztenmal gesehen, jetzt werde er sich wohl aus dem Staube gemacht haben.«

      »So, das sagte er? Der Fremde werde sich wohl aus dem Staube gemacht haben?«

      »Das waren seine Worte.«

      »Nun brauche ich von Euch nur noch etwas Näheres zu hören, was das denn eigentlich für ein Fremder ist, und dann könnt Ihr frei Eures Weges gehen, Meister Heinrich. Ihr werdet mir nicht aufbinden wollen, Ihr hättet Euch bei der Demoiselle Ritterhausen oder bei dem Hausmeister Claus nicht ein wenig danach erkundigt, nach dem Fremden!«

      »Ich weiß aber doch nichts von ihm!«

      »So? – Da oben in der Burg ist in verflossener Nacht ein Mord vorgefallen. Bei solchen Vorkommnissen pflegt der Mensch sich zu fragen: Wer hat das getan, wer kann das Verbrechen begangen haben? Und wenn man alsdann von einem Fremden hört, der in dem Hause gesteckt hat, wo so etwas vorgegangen ist, so werden alle Geister der Neugierde wach und rufen: Wer ist der Fremde? Wolltet Ihr mir aufbinden, Ihr hättet nicht so gefragt? Nein, Ihr seid nicht so dumm! Also heraus mit der Sprache!«

      »Herr, ich kann bei meiner Seligkeit schwören, daß ich nichts davon weiß – ich habe den Auftrag bekommen, nach dem Deserteur zu fragen und Claus hat mir darauf geantwortet, wie ich gesagt habe; keine Silbe mehr, denn er war verdrießlich und wollte mir kaum Rede stehen.«

      »Nach dem Deserteur – also nach einem Deserteur solltet Ihr fragen? Der Fremde war also ein Deserteur?«

      »So nannte ihn

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