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      »Du hättest mich ja aufhalten können«, kontere ich.

      »Lass uns nicht schon wieder damit anfangen«, meint Leeds. »Die Explosionen haben die Zs wenigstens weggelockt. Ich höre draußen nämlich keine mehr. Wir sollten also frei sein.«

      »Nach dir«, sage ich und deute zur Tür.

      »Na so was, danke«, sagt Leeds ironisch, »Long Pork.«

      »Fängst du wirklich an, mich jetzt so zu nennen?«, frage ich, während er langsam die Tür öffnet. Er streckt kurz die Nase heraus und nickt mir anschließend zu. Dann tritt er hinaus in den kühlen Morgen.

      »Du rehabilitierst dich und dann werde ich dich auch wieder Stanford nennen«, sagt Leeds und atmet die frische Luft tief ein. Wir werden wohl beide eine Weile brauchen, um den Gestank der Zs aus der Nase zu bekommen.

      »Nicht Jace?«

      »Damit ich dich so nenne, müsstest du dich wirklich extrem rehabilitieren«, meint Leeds. »Bis dahin heißt es Long Pork.«

      »Na großartig«, erwidere ich, »vielen Dank auch.«

      Wir beide starren nun die Rauchsäulen im Osten an.

      »Nicht gut«, sagt Leeds. »Bereit für einen kleinen Ausflug?«

      »Ein Ausflug?«, frage ich. »Sollten wir nicht lieber schnell nach Whispering Pines zurückkehren und uns mit den anderen treffen?«

      »Dadurch verlieren wir nur Zeit, die wir nicht haben«, entgegnet Leeds. »Wir müssen den Ort der Explosionen auskundschaften und Informationen darüber sammeln. Wir müssen wissen, was genau beschädigt wurde und wie schlimm es wirklich ist. Wenn irgendwelche Flammen außer Kontrolle geraten, dann gehen wir zurück nach Whispering Pines und warnen die anderen.«

      »Nur wir beide? Das klingt aber gar nicht gut.«

      »Ich weiß, dass du klarkommen wirst«, meint Leeds, »und ich bin schließlich auch kein Versager auf dem Feld. Wir werden uns schnell bewegen und dabei ruhig bleiben. Spätestens heute Nachmittag sollten wir angekommen sein.«

      »Aber was ist mit den anderen? Sie werden garantiert nach uns suchen.«

      Leeds zieht sein Messer heraus und kniet sich hin. Es sieht so aus, als würde er zufällige Zeichen in den Beton ritzen. »John wird schon wissen, was zu tun ist, wenn er das hier sieht. Für alle anderen werden es nur einfach weitere Zeichen auf dem Boden sein.«

      »Wir werden aber keine Nahrung und kein Wasser mehr haben, wenn wir dort ankommen«, entgegne ich und versuche jede nur erdenkliche Ausrede zu finden, um nicht gehen zu müssen. Ich hasse Exkursionen in das von Zs befallene Unbekannte.

      »Hör zu, wenn du hierbleiben oder zurück nach Whispering Pines gehen willst, dann tu das«, sagt Leeds, während er losläuft, »aber ich werde diesen Weg gehen. Mach dein eigenes Ding oder begleite mich, Long Pork. Das ist allein deine Entscheidung. Du bist keiner meiner Männer, also kann ich dich auch nicht zwingen oder dir den Befehl dazu geben mitzukommen.«

      Ich beeile mich, um aufzuholen. »Nein, natürlich nicht. Du treibst mich nur durch Schamgefühl dazu.«

      »Dein Schamgefühl ist dein Problem, nicht meins«, entgegnet Leeds lächelnd. »Aber ich bin wirklich froh, dass du mitkommst. Dadurch haben wir mal die Möglichkeit miteinander zu sprechen.«

      »Wir hatten die ganze Nacht Zeit, um zu reden«, werfe ich ein.

      »Ja, aber letzte Nacht wollte ich dir am liebsten das Gesicht einschlagen«, meint Leeds. »Durch die frische Luft habe ich jetzt wieder einen klaren Kopf bekommen. Jetzt können wir in Ruhe reden.«

      »Es ist ein wahres Wunder, welche Auswirkungen es auf das Gemüt hat, wenn man dem Fäulnisgestank entkommt.«

      Dennoch gehen wir danach eine ganze Weile, ohne zu sprechen. Unsere Augen und Ohren sind damit beschäftigt, nach Zs zu suchen, die sich uns nähern, während wir den Riverside Drive und dem French Broad River entlang gehen. Dieser Weg führt uns zu dem, was man vor den Zs River Arts District genannt hat. Alte Industriebauten, die renoviert und in Ateliers, Cafés und Lofts verwandelt worden waren. Wir könnten den Weg durch Asheville abkürzen und so wahrscheinlich schneller zum Rauch kommen, aber das würde bedeuten, dass wir mitten durch die Innenstadt gehen müssen. Nicht die beste Idee bei all den Zs und Kannibalen. Also bleiben wir lieber am Flussufer. Wir sind gerade an einem alten BBQ-Restaurant namens 12 Bones vorbeigekommen, da sehen wir bereits die erste Gruppe Zs. Ich bin eigentlich überrascht, dass wir nicht früher auf eine gestoßen sind. Vielleicht hatte Leeds ja recht und die Explosionen haben sie nach Osten gelockt. Denn das ist die Richtung, in die wir gerade gehen. Insofern würden wir irgendwann unweigerlich aufholen. Oh, welche Freude.

      Die Zs haben sich nun hingehockt und fressen irgendetwas. Sie bemerken nicht einmal, dass wir auf sie zukommen. Als sie es dann tun, zischen sie nur ein paar Mal, bevor Leeds und ich sie ausschalten. Nur vier Stück, keine allzu schwere Aufgabe.

      Wir schauen auf die Überreste des unglückseligen Opfers herab, das sie gerade angeknabbert hatten.

      »Eine Kannibalin?«, fragt Leeds.

      »Ich bin mir nicht sicher«, entgegne ich und stoße den Leichnam mit der Stiefelspitze an. Es ist tatsächlich eine Frau. Das können wir nun erkennen und sie ist in hässlich aussehende Lumpen gehüllt, aber etwas sticht heraus, das mich sofort beunruhigt. Ihre Stiefel! Sie sind nicht so hässlich wie ihre restliche Kleidung, sondern es sind fast neue Arbeitsstiefel mit Stahlkappen.

      Leeds bemerkt sie ebenfalls und kauert sich hin, damit er sie sich näher anschauen kann. Er hebt ihren Fuß an und überprüft die Sohle, dann lässt er ihn wieder auf den Boden fallen.

      »Keine Kannibalin«, vermute ich.

      »Nein«, erwidert Leeds.

      Ihr Oberkörper ist schon ziemlich auseinandergerissen. Ihr Kopf wird nur noch von einer oder zwei Sehnen an seinem Platz gehalten. Mehr ist nicht mehr da. Leeds lässt sich davon aber nicht aufhalten, denn er schiebt nun ihren Ärmel hoch, um ihre Arme genauer zu untersuchen. Er seufzt und kommt dann wieder auf die Beine.

      »TF«, sagt er nur. »Sie hat den Strichcode auf der Innenseite ihres Arms eintätowiert.«

      »TF? Was zum Teufel ist TF?«

      »Tersch-Forster«, antwortet er, »ein privates militärisches Unternehmen.«

      »Söldner?«, frage ich.

      »Nein, nein, sie sind sauber«, widerspricht Leeds. »Nur in einigen Kreisen ist das fraglich, denn sie machen sich über die zivilen Jobs her, die wir nicht übernehmen können.«

      »Also quasi Spione zum Mieten?«

      »Das ist nah dran«, meint Leeds und sieht sich sorgfältig um.

      »Du denkst also, sie ist auf sich allein gestellt?«, frage ich und sehe mich selbst um. Jedes Rascheln eines Busches, jedes Knarren der Äste lässt mich automatisch zusammenzucken. Ich habe gedacht, nach den Zs Ausschau zu halten wäre stressig. Es war aber nicht annähernd so stressig, wie nach hoch qualifizierten, sehr tödlichen Menschen zu suchen. Denn Menschen sind wirklich das Schlimmste.

      »Sie war auf einer Mission. So viel ist sicher«, sagt Leeds. »Ihre Stiefel sind Danner, die es so nicht auf dem Markt zu kaufen gibt. Man muss einen Vertrag haben, damit man diese hier bekommt. Und sie sind noch dazu ziemlich neu.«

      »Willst du etwa sagen, dass irgendein Unternehmen immer noch Militärstiefel produziert?«, frage ich lachend.

      »Nein, sei nicht dumm«, erwidert Leeds. »Ich sage nur, sie hatte Zugriff auf einen frischen Vorrat. Ich bezweifle, dass sie die Stiefel nur so mit sich herumgetragen hat.«

      »Also schäbige Kleidung um sich optisch anzugleichen, damit man wie eine Überlebende aussieht, aber neue Stiefel, damit man am Leben bleibt? Und irgendwo gibt es einen ganzen Vorrat an Stiefeln? Ist es das, was du mir sagen willst?«

      »Oh. Ich bin mir sicher, es gibt eine Lieferung von

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