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      Leeds beobachtet mich eine sehr lange Zeit. »Bist du dir wirklich sicher?«

      »Nein«, antworte ich ehrlich. »Ich bin mir nie über irgendetwas sicher, aber trotzdem fragt mich jeder, ob ich es ergründen kann. Wir werden dieses Risiko wohl eingehen müssen.«

      »Und warum sollen wir alle einschalten?«

      Das ist eine gute Frage. Warum? Warum lassen wir sie nicht einfach ausgeschaltet, zumal die Leitung, die (wahrscheinlich) Whispering Pines speist, sowieso noch offen ist?

      »Weil ich es kann«, sage ich schließlich, »und weil es andere Überlebende geben könnte, die vielleicht gerade in ihren Kellern im Osten von Asheville kauern und das Gas dringend brauchen, um die nächsten Tage überstehen zu können. Wenn es nicht bereits zu spät ist.«

      »Es ist die Apokalypse, Jace«, erklärt Leeds. »Wenn sie nicht herausfinden können, wie sie ohne Erdgas überleben, dann werden sie sowieso nicht lange überleben, egal was wir tun.«

      »Gib mir wenigstens eine Chance«, antworte ich. »Ich werde uns schon nicht in die Luft jagen.«

      »Natürlich.«

      »Ernsthaft«, sage ich und zeige ihm ein Diagramm und einen Absatz darunter. »Die Transferstation hat Rückflussregler. Wenn etwas schief gehen sollte, ist dieser Ort trotzdem absolut sicher. Wir müssten ein Rohr aufbrechen und ein Streichholz direkt hineinfallen lassen, um hier einen Schaden anrichten zu können.«

      Eine weitere Minute starrt Leeds mich stumm an.

      »Captain?«, frage ich. Jetzt kann ich die Zs draußen ebenfalls hören. Ihr Stöhnen wird immer lauter. Ich weiß nicht, wie viele da draußen sind, aber es sind genug, um unsere Stimmen zu hören. Wir müssen uns jetzt sofort entscheiden.

      »Na schön«, meint Leeds. »Dann tu es.«

      »Cool«, sage ich lächelnd. »Wünsch mir Glück.«

      »Nein«, erwidert Leeds. »Glück hat besser nichts damit zu tun.«

      Ich nicke und betrachte zuerst die Handbücher und dann die Schalttafel. Langsam und vorsichtig, beginne ich die Schalter umzulegen. Systematisch gehe ich von einer Schalttafel zur nächsten und schalte sie nacheinander ein, bis irgendwann die gesamte Steuerkonsole blinkt und flackert.

      »Da«, erkläre ich lächelnd und reibe mir die Hände, »Asheville hat wieder Gas.«

      »Gut«, sagt Leeds. Er greift hinüber, schaltet die Deckenbeleuchtung aus und taucht uns so in eine Dunkelheit, die nur von der Konsole unterbrochen wird. »Jetzt schlaf etwas und ruh dein Gehirn aus. Morgen früh werden wir garantiert ein bisschen töten müssen, da bin ich mir sicher.«

      Ich versuche, es mir in dem rollenden Stuhl gemütlich zu machen, aber es funktioniert einfach nicht. Ich denke kurz darüber nach, mich auf den Boden zu legen, aber die Menge an Z-Schleim schreckt mich ehrlich gesagt ab. Es wird wohl eine lange Nacht werden.

      Dann ertönten plötzlich die Explosionen. Es waren nicht gerade wenige. Irgendwo in der Stadt in Richtung Osten.

      »Long Pork«, knurrt Leeds.

      Verdammt!

      Kapitel 2

      »Links von dir«, ruft Julio, während er sich zur Seite dreht und einen Speer in die Augenhöhle eines Zs rammt, der gerade auf ihn zustolpert. Er dreht den Speer und schleudert den Z damit auf einen stetig größer werdenden Leichenhaufen, der mittlerweile den Eingang von Whispering Pines füllt.

      Julio ist ein kleiner Mann spanischer Herkunft. Der Teil seines Körpers, der nicht durch sein schwarzes Shirt bedeckt ist, ist voller schwarzer und blauer Tätowierungen. Sie reichen über seine kompletten Arme bis hoch zu seinem Hals. Sein Kopf ist bis auf einen dünnen, kurzen Irokesenschnitt rasiert. An seinem Gürtel und an seinem rechten Bein festgebunden, befindet sich ein übel aussehendes Kurzschwert. Aber der Speer war nun mal besser dazu geeignet, die Zs niederzustrecken, die in Reichweite waren.

      Die Person, mit der er gerade spricht, ist Elsbeth. Sie hält nicht inne, um zu antworten, sondern wirbelt herum und köpft einen Z mit einem der zwei geschwungenen Langschwerter, die sie in den Händen hält. Sie tritt den Kopf und den fallenden Körper daraufhin in Richtung des Haufens, ist dabei aber nicht so präzise wie Julio. Sie ist eine große, junge Frau und äußerst schön. Ihr Haar ist kurz geschnitten und unter dem Hello-Kitty-Basecap versteckt. Das ärmellose Tank-Top, das sie trägt, zeigt ihre muskulösen Arme und sie bewegt sich mit der Anmut einer Katze. Einer sehr tödlichen Katze.

      »Versuchst du überhaupt, den Haufen zu treffen?«, fragt Julio amüsiert, während er einen weiteren Z aufspießt und ihn auf dem Haufen entsorgt.

      Elsbeth zuckt mit den Schultern, als sie sich unter den ausgestreckten Armen eines Zs hinwegduckt. Als sie wieder hochkommt, dringt ihre Klinge in das Kinn des Zs ein und durchsticht danach seinen Schädel. Der Kiefer des Dings kann sich so nicht mehr öffnen und es wird still, als sie die Klinge wieder herauszieht und den Z wegtritt. Er geht abermals knapp an dem Stapel vorbei. Elsbeth schaut über ihre Schulter zu Julio und lächelt. Der Zustand ihrer Zähne ist alles, was ihre Schönheit trübt, aber als Kannibale großgezogen zu werden, widerspricht nun mal leider der richtigen Mundpflege.

      »Ich töte sie schon«, erklärt Elsbeth. »Lass die anderen dann wenigstens aufräumen.«

      »Es sei denn, wir werden später diejenigen sein, die hier aufräumen müssen, weil die Hälfte des Lagers heute zurück zur Farm gegangen ist«, meint Julio. »Wir haben nicht mehr viele Leute, bis die neue Mannschaft in zwei Tagen erscheint.«

      »Warum müssen wir denn dann die ganze Arbeit machen?«, fragt Elsbeth und jammert dabei ein wenig herum. Die meisten würden es wahrscheinlich gar nicht bemerken, aber seit genau zwei Monaten kämpfte Julio nun schon mit ihr Schulter an Schulter. Deshalb nahm er es sofort wahr.

      »Weil wir es richtig machen!«, antwortet Julio. »Besser wir als einige dieser faulen Ärsche, für die wir das tun. Wir hätten sowieso zurückkommen müssen, um den Job richtig zu beenden.«

      »Ich mag keine faulen Ärsche«, sagt Elsbeth, schlägt mit beiden Schwertern um sich und trennt mühelos Z-Köpfe von Z-Körpern ab. Sie bemüht sich nicht einmal sonderlich, die Körper und Köpfe in Richtung des Haufens zu schieben. »Sie sollten härter arbeiten. Nicht wir … sie. Diese beschissenen, rotznäsigen Furzgesichter.«

      »Du hängst echt zu viel mit den Kindern herum«, meint Julio lachend, während er einem Z den Speer in den Bauch rammt. Dann dreht er diesen etwas zur Seite, um zwei Zs abzublocken, die sich ihm gerade von links nähern. Elsbeth rückt sofort an und trennt allen Dreien die Köpfe ab. Julio reißt danach den Speer wieder heraus und sticht jedem noch einmal in den Schädel. Dadurch beendet er ihr knirschendes Wühlen. Auch wenn sie schon von ihren Körpern getrennt sind, versuchen die Zs immer noch, etwas Menschenfleisch zu erwischen. Der einzige Weg, sie vollkommen zu stoppen, ist, das Gehirn zu zerstören. Das ist die normale Vorgehensweise bei einer Zombie-Apokalypse.

      »Na und?«, fragt Elsbeth. »Die Kinder sind wenigstens unterhaltsam.«

      »Nicht so unterhaltsam wie ich«, erwidert Julio grinsend und sieht Elsbeth intensiv von oben bis unten an. Er liebt es, wie sich ihr Shirt zwischen ihren Brüsten und am Bauch mit Schweiß vollsaugt.

      »Nein«, sagt sie grinsend zurück. »Lange nicht so unterhaltsam wie du. Heute Abend werden wir aber Spaß haben, nicht wahr? Letzte Nacht bist du ja einfach eingeschlafen.«

      »Ich war müde, El«, rechtfertigt sich Julio. »Wir haben den ganzen Tag damit verbracht, Zs zu töten. Ein Mann braucht eben auch einmal seine Ruhe.«

      »Und ein Mädchen braucht ihren Spaß«, kontert Elsbeth. »Heute Abend wird nicht geschlafen!«

      »Du bist so grausam«, entgegnet Julio lachend, »aber ich denke, ich kann damit umgehen.«

      »Versprochen?«

      »Ich verspreche

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