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      „Ahnen Sie, wie der Schluß des Satzes lauten sollte, den ich Herrn Lossen nicht beenden ließ?“ fragte der Kriminalwachtmeister schnell den Professor.

      Dieser suchte den Erstaunten zu spielen.

      „Wie sollte ich wohl?“ meinte er sehr unsicher.

      „Nun – Bellinger, Ihr Intimus, dürfte Ihnen doch wohl erzählt haben, daß Herr Lossen im Kirgisenzelt zwei Leute belauscht hat, von denen der eine heiser war. Und dieser Mann mit der heiseren Stimme wußte, daß bei Oltendorf damals dem Diebe nur die Imitationen in die Hände gefallen waren und sagte zu dem anderen, man müsse zusehen, daß man die echten Steine noch aus dem Zusammenbruch rette. Und diesen Heiseren hat Herr Lossen soeben an der Stimme wieder erkannt. Sie waren der Heisere, – Sie, Herr Weinreich, der Sie stark erkältet sind!“

      Der Professor stieß ein schrilles Lachen aus.

      „Sie phantasieren wohl, – he?! – Bellinger mein Freund …?! – Ich kenne ihn nur ganz oberflächlich. Und im Klub der Fünfzig bin ich noch nie gewesen.“

      „Ihr Lügen hilft Ihnen nichts“, sagte Schippel kalt. „Sie sind entlarvt! Ihre Stieftochter weiß mehr als Sie ahnen …!“

      Weinreich blickte wieder so unsicher wie vordem auf seinen kleinen Peiniger. Er fand nicht so schnell eine passende Erwiderung. – Schippel verlangte auch keine Antwort.

      „Ich will ehrlicher sein als Sie“, fuhr er fort. „Von den Oltendorfschen echten Diamanten sind bereits vor einiger Zeit eine Anzahl beschlagnahmt worden. Die ersten bei einem Hehler. Die zweite Serie fand ich eingenäht in einem eleganten Sportpaletot, der vor einigen Tagen in einer von uns ausgehobenen Spielhölle von einem der uns leider entwischen Jeubrüder zurückgelassen war. Bis heute vor anderthalb Stunden ahnte ich noch nicht, wem dieses Kleidungsstück gehörte. Jetzt weiß ich’s! Und heute kam dann abermals ein Teil der Edelsteine des Rentiers in meinen Besitz. Einer der Spieler warf beim Erscheinen der Polizei in der Villa ein zusammengeballtes Taschentuch weg. Darin waren vier Diamanten eingewickelt – die schönsten der Sammlung.“

      Schippel brauchte nichts mehr zu sagen. Weinreich hatte sich auf seinem Stuhl kerzengerade aufgerichtet. Seine Augen waren ganz weit geworden.

      „Bellinger?“ fragte er keuchend.

      Der Kriminalbeamte nickte nur.

      „Ah – so ein Schuft – so ein Schuft!!“ zischte der Professor.

      16. Kapitel

       Auf Tod und Leben

       Inhaltsverzeichnis

      Schippel wartete jedoch vergeblich darauf, daß Weinreich in seiner Wut gegen den Assessor sich zu irgend welchen unvorsichtigen Äußerungen hinreißen lassen würde. Es blieb bei dem zweimaligen „Schuft!“ …

      „Gedenken Sie Bellinger noch weiter zu schonen?“ fragte Schippel dann.

      Der Professor hatte inzwischen Zeit gefunden, mit sich über sein ferneres Verhalten ins klare zu kommen.

      Er zuckte die Achseln. „Schonen?! Wie meinen Sie das?!“ sagte er langsam.

      Der kleine Wachtmeister sah ein, daß Weinreich doch nicht so leicht zu überlisten war.

      „Sie geben den Kampf also noch nicht auf?!“ erklärte er wie in aufrichtigem Bedauern. „Es wäre besser für Sie, alles zu gestehen.“ Und nach einer Pause: „Ich ahne, weswegen Sie Bellinger nicht verraten wollen. Er kennt so manches aus Ihrer jüngsten Vergangenheit, was noch gefährlicher als ein Diebstahl ist.“

      Aber der Professor blieb auch diesen Andeutungen gegenüber jetzt völlig gleichgültig.

      „Sie sprechen in Rätseln“, sagte er ironisch.

      Schippel wurde ungeduldig. Er holte zu einem großen Schlage aus.

      „Ihr Freund Bellinger hat es glänzend verstanden, den Verdacht, bei der Aufknüpfung Malettas im Vorstandszimmer mitgewirkt zu haben, auf Scharfer zu lenken“, meinte er. „Indem er Wahres und Erdichtetes zusammenmischte, brachte er die Annahme zustande, daß der Kommerzienrat den Mann mit der Maske in das Klubhaus einließ, der den Chemiker an dem Kronleuchter aufhing. Aber einen Fehler beging der Assessor doch: er hätte das Nachbarhaus aus dem Spiel lassen sollen, in dem tatsächlich eine Freundin Scharfers wohnt. Dadurch wurde ich erst darauf gebracht, mich auch mal in dem anderen Nebenhause des Klubgebäudes, das über das Dach ebenso leicht zu erreichen ist, umzusehen. Heute abend tat ich’s. Und ich stellte fest, daß dort ein Herr, der eine fatale Ähnlichkeit mit Ihnen nach Aussage des Wirtes hat, vor vier Wochen eine Dachkammer unter dem Namen Friedrichs gemietet hatte. In dieser Dachkammer fand ich außer einer bereits recht schlechten Schreibmaschine – Friedrichs hatte sich als Schriftsteller ausgegeben – im Ofen unter der Asche ein breites, langes Dolchmesser. Hier ist es …“

      Er zog die Waffe schnell aus der Brusttasche und hielt sie Weinreich hin.

      Dieser Überfall gelang. Der Professor wurde leichenblaß. Dicke Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Seine zitternden Hände fuhren unruhig hin und her, seine Zunge netzte immer wieder die zuckenden Lippen.

      Schippel hatte sich erhoben, war dicht vor ihn hingetreten.

      „Weinreich“, sagte er eindringlich, „Sie sehen – das Spiel ist aus! Legen Sie ein Geständnis ab, Mann, – seien Sie vernünftig! Ich weiß, daß Sie Scharfer nicht haben ermorden wollen. Der Dolchstoß galt Maletta.“

      Da raffte der Professor nochmals all seine Energie zusammen.

      „Sie sind verrückt, Herr!“ meinte er. „Lassen Sie mich mit dem Unsinn in Ruhe.“

      Schippel nahm ihm diese Grobheit nicht weiter übel.

      „Sie sollen Ihren Intimus ganz kennen lernen“, sagte er eindringlich. „Setzen Sie sich dort hinter jenen Aktenständer, der zu diesem Zweck schon häufiger benutzt ist – als Wandschirm. Aber verraten Sie durch nichts Ihre Anwesenheit.“

      Weinreich zögerte erst, murmelte dann etwas von „unnötiger, lächerlicher Komödie“ und verschwand hinter dem Aktenregal, das auf der Rückseite mit grauer Leinwand bespannt war.

      Schippel holte jetzt Bellinger herein. Dieser trat sehr selbstbewußt auf. Als er Lossen bemerkte, stutzte er, sagte aber nichts.

      „Ich habe soeben den Professor verhört“, begann Schippel, indem er sehr getreu den Aufgeregten spielte. „Der hat mir ja nette Dinge von Ihnen erzählt. Nun – Sie können sich auf eine stattliche Reihe von Strafjahren gefaßt machen. Wer hätte geahnt, daß die Attentate auf Maletta diese Aufklärung finden würden!!“

      Er erreichte seinen Zweck. Bellinger verlor seine selbstbewußte Haltung etwas.

      „Was sage ich – Strafjahre!“ fuhr Schippel in einem Atem fort. „Es geht um Ihren Kopf! Weinreich bezichtigt Sie auch das Mordes an dem Kommerzienrat.“

      Der Assessor versuchte es jetzt mit Frechheit.

      „Sie sind anscheinend nicht ganz nüchtern“, meinte er höhnisch. „Ich verlange, sofort entlassen zu werden. Es liegt nicht der geringste Grund vor …“

      Da hatte Schippel abermals das Dolchmesser aus der Tasche gezogen und hielt es Bellinger dicht vor die Augen.

      „Schweigen Sie!“ rief er drohend. „Ich werde Ihnen alle Ihre Schandtaten aufzählen. Der Professor war klug genug, ein umfassendes Geständnis abzulegen. Ich aber bin seit vielen Monaten hinter Ihnen her.“

      Bei dem Anblick der Waffe glitt es wie ein blitzschnelles Erschrecken über des Assessors auch jetzt noch so jugendlich-rosiges Gesicht. Aber er mußte wirklich Nerven wie selten ein Mensch haben. Seine Züge nahmen ebenso schnell einen hochmütig-abweisenden Ausdruck an.

      „Wer sind Sie eigentlich?“ fragte er sehr von oben herab. Und zu

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