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in höhnischer Genugtuung.

      „Sie sind mir im übrigen ein feiner Schutzengel, mein Herr Franz Schiller!!“ meinte er, indem er sein Halstuch abriß. „Sie haben sich glänzend bewährt. Da – sehen Sie …!! Wissen Sie, was dieser rote Streifen um meinen Hals bedeutet?!“

      „Allerdings!“ erwiderte der Kriminalbeamte, der sich bei dem Chemiker unter dem Namen Franz Schiller seinerzeit vorgestellt hatte, gleichmütig. „Der Streifen sagt mir, daß die Briefschreiber oder der Briefschreiber seine in dem letzten Schreiben enthaltene Drohung wahrgemacht hat.“

      Maletta stampfte mit dem Fuße auf.

      „Ja – ja – so ist’s!“ zischte er, zitternd in der Erinnerung an das Furchtbare, das er in der verflossenen Nacht erlebt hatte. „Und dieses Mal ist der Tod nur zu dicht an mir vorbeigestreift, – so dicht, wie noch nie!“

      „Ihre eigene Schuld!“ meinte Schippel achselzuckend. „Mir dürfen Sie deswegen keine Vorwürfe machen. Wenn Sie volles Vertrauen zu mir hätten, würde es mir ein leichtes sein, diesen Halunken das Handwerk für immer zu legen, die von Tag zu Tag frecher werden. Aber – Sie bleiben ja bei Ihrer Weigerung, mich ganz einzuweihen, zeigen mir nicht mal die Erpresserbriefe, benehmen sich so, als ob …“

      „Schweigen Sie!“ rief Maletta dazwischen. „Ich habe Sie unter bestimmten Bedingungen zu meinem Schutz engagiert. Sie sollen lediglich auf alles Verdächtige achtgeben, sollen stets die Augen offenhalten, besonders hier im Hause und in der Fabrik. Ich habe meine Gründe, weshalb ich allein denen nachforsche, die mich schon wie eine Zitrone ausgequetscht haben und immer noch weiter ausquetschen. Der Tag der Rache wird schon noch kommen …!“ Sein Gesicht hatte sich vor ohnmächtigem Grimm zu einer Fratze verzerrt und seine Brust hob und senkte sich in keuchenden Atemzügen.

      Es dauerte eine Weile, bis er sich leidlich beruhigt hatte. Schippel verharrte währenddessen in abwartendem Schweigen.

      Dann begann der Chemiker wieder, nachdem er sich in den zweiten Klubsessel geworfen hatte:

      „Immerhin sollen Sie dieses Mal von mir ganz genau erfahren, Franz, wie sich diese furchtbare Geschichte abgespielt hat. Ich will dann nachher ein paar Fragen an Sie als früheren Kriminalbeamten richten, der leichter als ich etwas derartiges überschaut und es richtiger beurteilt. – Ich war gestern abend im Klub. Sie wissen – Klub der Fünfzig. Dort fühlte ich mich nach dem Drohbriefe, der mir vor fünf Tagen zuging, noch am sichersten. Ich saß unten in einem der Parterrezimmer und las Zeitungen. Es war so gegen zwölf Uhr, als Kommerzienrat Scharfer an mich herantrat und mir zuflüsterte, daß Doktor Bellinger – ich habe Ihnen den Namen wohl schon mal genannt – mich in einer dringenden Angelegenheit unauffällig oben im Vorstandszimmer zu sprechen wünsche. Nun – gerade entzückt war ich über diese Botschaft nicht. Bellinger pumpt Leute nur zu gern an. Trotzdem ging ich in den zweiten Stock hinauf. Das Vorstandszimmer liegt zur Linken, und man muß erst die Bibliothek passieren, bevor man hineingelangt. Außerdem kann man auch noch durch das Kirgisenzelt und die Malaienhütte hinein. Dieser Weg wird aber nie benutzt. – Die Bibliothek war dunkel. Ich ließ daher die Tür nach dem Treppenflur hinter mir offen, damit ich nicht irgendwo gegenrannte. Als ich das Vorstandszimmer betrat, war es scheinbar leer. Der Kronleuchter brannte. Ich sah mich suchend um, und plötzlich schlüpfte hinter dem großen Aktenschrank ein Mann hervor, der eine schwarze Maske vor dem Gesicht hatte. Ich prallte entsetzt zurück. Ich ahnte, daß ich in eine Falle geraten war. Da fragte der Maskierte auch schon: „Wollen Sie die Hunderttausend zahlen – ja oder nein?!“ Ich tastete nach meinem Revolver und sprang gleichzeitig hinter den großen Tisch. – Nein – ich wollte springen! Der Andere war schneller, lachte heiser auf, holte mit einem kurzen Gegenstande – was es war, weiß ich nicht – aus, traf meine linke Schläfe – – und knüpfte mich, den Bewußtlosen, an einer roten Portierenschnur am Kronleuchter auf. Als ich wieder zu mir kam, sah ich zuerst Bellinger vor mir, dann erkannte ich den Baron von Blendel und einen dritten Herrn, einen Maler Lossen, wie ich nachher erfuhr. Daß ich gerettet, das heißt rechtzeitig abgeschnitten wurde, habe ich Bellinger zu verdanken.“ – Maletta erzählte nun im einzelnen, wie es gekommen war, daß die Herren ihn noch gerade im letzten Augenblick aus seiner verzweifelten Lage befreit hatten. Dann fügte er hinzu: „Ich möchte Sie nun fragen, Schiller, ob Sie es für möglich halten, daß Scharfer und Bellinger an diesem Attentat auf mich irgendwie beteiligt sind. Scharfer hat mir doch bestellt, ich solle ins Vorstandszimmer kommen, wo der Assessor mich erwarte.“

      Der Chauffeur dachte einen Augenblick nach.

      „Bellinger scheidet hier wohl aus“, sagte er dann langsam. „Wäre er mit dem Maskierten im Bunde gewesen, so hätte er Sie doch nicht nachher abgeschnitten und auch nicht so eifrig Wiederbelebungsversuche angestellt. Nein – ich denke, Scharfer hat hier allein mitgeholfen, Sie in das Vorstandszimmer zu locken. Schade, daß er über diese Sache nicht mehr befragt werden kann.“ Bei den letzten Worten schaute Schippel seinen Dienstherrn unauffällig prüfend an.

      „Nicht mehr befragt werden kann?“ meinte Maletta erstaunt. „Wie soll ich das verstehen?“

      „Weil er nicht mehr lebt“, sagte Schippel einfach.

      Der Chemiker erstarrte förmlich zur Bildsäule, schnappte dann nach Luft, brachte aber kein Wort heraus.

      „Scharfer ist in der vergangenen Nacht ermordet worden“, erklärte der Kriminalbeamte mit erhobener Stimme. „Sie haben bis in den Tag hineingeschlafen. Sonst wüßten Sie wohl schon davon. Die B. Z. am Mittag hat bereits einen Artikel über dieses neueste Berliner Sensationsverbrechen gebracht.“

      Er holte dabei aus seiner Lederjacke eine Zeitung hervor und reichte sie Maletta über den Tisch hin.

      Der Chemiker griff ganz mechanisch danach. Er war leichenblaß, und sein Körper wurde jetzt von einem nervösen Zittern hin und her geschüttelt.

      Nachdem er dann den Artikel überflogen hatte, sagte er kaum vernehmlich: „Reichen Sie mir einen Kognak, Schiller – aber gleich ein halbes Weinglas voll. – Entsetzlich – – ermordet …!!“

      Gierig goß er den Alkohol hinunter. Dann ging er schwankend zu dem fellbedeckten Diwan und legte sich nieder.

      „Ich muß mich zunächst mal von dem Schreck erholen, Franz. Bitte – kommen Sie nach einer Stunde wieder. – Halt – noch eins! Ich verlange von Ihnen Ihr Wort darauf, daß Sie zu niemandem über das sprechen, was ich Ihnen über das Attentat von gestern mitgeteilt habe – zu niemandem, unter keinen Umständen!! Ich fürchte, daß die Ermordung Scharfers auch dieses Attentat, das ich vor meine Retter als einen Selbstmordversuch hingestellt habe, zur Kenntnis der Polizei bringen wird. Und diese soll bei der Annahme bleiben, ich hätte mir selbst das Leben nehmen wollen. Die Sache geht nur mich etwas an, und ich, ich ganz allein will die Schuldigen entdecken und bestrafen, so bestrafen, wie …“ Er schwieg plötzlich, um dann fortzufahren: „Gehen Sie, Schiller, gehen Sie …!! Ich bin total erschöpft.“

      Der Chauffeur hatte gerade die Tür geöffnet, als der Diener sich an ihm vorbeidrängte.

      „Herr Doktor, ein Herr wünscht Sie zu sprechen“, meldete er. „Ich soll diesen Brief von ihm abgeben. Er wartet draußen.“

      Mißtrauisch richtete Maletta sich auf dem Diwan auf, riß den Briefumschlag auseinander, runzelte finster die Stirn, überlegte und sagte dann:

      „Gut – lassen Sie den Herrn ein, Wilhelm. – Ihr beide bleibt aber dicht hinter der Tür stehen. Wenn ich laut huste, stürmt ihr ins Zimmer. Ihr wißt ja schon Bescheid.“

      Maletta setzte sich in den einen Klubsessel, so daß er das Gesicht nach der Tür gerichtet hatte, durch die der Besucher eintreten mußte. Vor sich auf den Tisch legte er seinen kleinen Taschenrevolver und deckte die B. Z. am Mittag darüber, die Schippel-Schiller nicht wieder zu sich gesteckt hatte.

      Der Besucher durchschritt die Tür, die der Diener vor ihm öffnete.

      Maletta stutzte. Dann glitt ein Ausdruck des Erkennens über sein bleiches Gesicht.

      „Oltendorf, ich hätte Dich wahrhaftig kaum wiedererkannt!“ flüsterte er, um nicht von seiner Schutzwache

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