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Weise. Aber weder Lossen noch der Baron achteten darauf. „Da Sie nun einmal jedoch das Unglück gehabt haben, das Opfer einer Reihe von ungünstigen Zufällen zu werden, müssen wir zusehen, daß wir die Sache wieder einrenken. – Sie haben vor Gericht damals alles abgestritten, und die Edelsteine sind auch nicht wieder zum Vorschein gekommen. Was hat eigentlich die Polizei getan, um auch den Raub wieder zurückzuerhalten?“

      „Mich ständig beobachtet. Auch jetzt werde ich fraglos noch überwacht. – In einem Punkte sind Sie übrigens falsch unterrichtet, Herr Bellinger. Wenn auch nicht alle Edelsteine zum Vorschein gekommen sind: drei Exemplare der aus vierzig Stücken bestehenden Sammlung wurden, noch während ich im Gefängnis saß, bei einem Hehler zufällig bei einer Haussuchung vorgefunden. Es waren Exemplare von bedeutender Größe, jedoch von nicht ganz tadelloser Reinheit. Die Beschlagnahme eines Teiles der Diebesbeute hat den Eifer der Behörden neu aufgestachelt. Der Rentier hatte ja auch dreitausend Mark Belohnung ausgesetzt für die Wiederherbeischaffung der Diamanten. Besonders war es ein Kriminalwachtmeister, der immer wieder versucht hat, mich zu einem sogenannten Geständnis zu bewegen, das heißt, ich sollte angeben, wo ich die Beute versteckt hätte. Er kam auch verschiedentlich ins Gefängnis zu mir, machte sich auch nach Verbüßung meiner Strafe an mich heran. Er war ein gemütlicher Mann. Schließlich schien er selbst an meiner Schuld zu zweifeln. Jetzt habe ich gut ein Jahr lang nichts mehr von ihm gehört.“

      Der Baron hatte schon vorher Lossen ins Wort fallen wollen. Nun meinte er eifrig:

      „Bellinger, geben Sie als Fachmann mal genau acht, was ich jetzt sage: drei Diamanten sind wiederaufgetaucht!! Und doch hat Scharfer gestern im Kirgisenzelt zu dem Manne mit der hellen Stimme geäußert, die echten Steine wären damals überhaupt nicht gestohlen worden. – Ist das nicht sehr merkwürdig?“

      „Genau dasselbe habe ich mir auch schon überlegt, Baron. Scharfer ist leider nicht mehr imstande, uns Aufschluß zu geben. Suchen wir also den Mann mit der hellen Stimme. Vielleicht weiß der von dem Kommerzienrat so einiges, was für uns wichtig ist. – Unser Klub hat fünfzig Mitglieder. Wer kommt von diesen in Betracht? Sie kennen ja die Herren besser als ich, da Sie schon länger zu den Fünfzig gehören.“

      Eginhard von Blendel dachte nach.

      „Helle, energische Stimme …? – Ja, da ist schwer eine Auswahl zu treffen“, meinte er.

      Bellinger nickte. „Allerdings. Aber es gibt doch eine Möglichkeit, den Richtigen herauszufinden. Lossen muß jetzt häufiger in den Klub mitgenommen werden. – Würden Sie die Stimme wiedererkennen?“ wandte er sich an den jungen Maler.

      „Ich glaube ja.“

      „Nun also …! Dann wäre es Ihre Aufgabe, Baron, Lossen Gelegenheit zu geben, Stimmprüfer zu spielen. Damit wollen wir unsere Tätigkeit beginnen. Inzwischen überlege ich mir schon, wie man die Geschichte weiter anpackt. – Noch eins, Herr Lossen. Die Polizei hat sich doch wahrscheinlich große Mühe gegeben festzustellen, wie die drei Steine in den Besitz jenes Hehlers gelangt sind, nicht wahr? Ist in dieser Beziehung etwas ermittelt worden?“

      „So gut wie nichts. Ich weiß es von dem Kriminalwachtmeister. Der Hehler hat behauptet, die Diamanten erst am Tage vor der Beschlagnahme durch die Polizei von einem Unbekannten erhalten zu haben. Dieser wollte nach zwei Tagen wiederkommen, wenn der Hehler die Steine hatte abschätzen lassen. Dann sollte er auch sein Geld erhalten. Der Unbekannte soll ein älterer, kleiner Herrn mit grauem Vollbart, goldener Brille und einem kürzeren Bein, also lahm, gewesen sein. Diese Beschreibung mag natürlich von dem Hehler ganz willkürlich aus der Luft gegriffen sein. Wenigstens bezweifelte der Kriminalwachtmeister sehr stark diese Angaben.“

      Abermals flog ein seltsames Lächeln um Bellingers Mund. – Lossen hatte noch hinzugefügt:

      „Der Hehler sitzt wohl zur Zeit noch im Zuchthaus. Er hatte eine ganze Menge auf dem Kerbholz.“

      Der Assessor stand auf.

      „Ich habe Hunger. Wollen wir irgendwo gemeinsam speisen?“

      Lossen lehnte ab. Er hätte bereits gegessen. Blendel dagegen war einverstanden. Man verabredete noch, daß der Maler sich gegen ½ 8 abends im Bureau bei Bellinger einfinden solle, falls eben Charlotte Oltendorf des Assessors Hilfe in Anspruch nehmen wollte.

      Werner Lossen, der jetzt erst erfuhr, auf welche Weise Blendel die Tochter des Rentiers kennengelernt hatte, war sehr zufrieden damit, daß auch seine Sache dann gleich mit Fräulein Oltendorf durchgesprochen werden sollte, wie Bellinger dies vorgeschlagen hatte.

      Dann verabschiedeten sich die beiden, und der jungen Maler machte sich langsam fertig, um wieder an seine Arbeitsstelle zu gehen. – Nur gut, dachte er, daß ich der Filmgesellschaft noch nicht gekündigt habe. Dann säße ich jetzt ohne Beschäftigung da.

      9. Kapitel

       Ein neuer Freund

       Inhaltsverzeichnis

      Als er schon den Hut aufhatte, klopfte es. Auf das kurze „Herein!“ erschien ein kleines, schmächtiges Männchen in der Tür, sehr bescheiden angezogen, im ganzen eine so unscheinbare Persönlichkeit, daß er sicher nirgends auffiel.

      Lossen zuckte bei dem Anblick dieses Besuches ängstlich zusammen und wechselte die Farbe.

      „Guten Tag, Herr Lossen“, sagte Kriminalwachtmeister Schippel höflich. „Gestatten Sie, daß ich nähertrete und – haben Sie für mich ein wenig Zeit?“

      „Bitte!“ erwiderte der Maler nicht gerade sehr freundlich. „Für Sie muß ich ja wohl Zeit haben.“

      „Oh – nicht diesen Ton, Herr Lossen! Ich komme nicht als Beamter, mehr als … Freund, als wohlmeinender Freund.“

      „So? Dann darf ich ehrlich sein. Ich muß in den Dienst.“

      „Ich begleite Sie ein Stück, wenn es Ihnen recht ist.“

      Auf der Straße begann Schippel dann, nachdem er sich eine lange Holländer angezündet hatte:

      „Wer sind die beiden Herren, die vorhin bei Ihnen waren?“

      Lossen gab die gewünschte Auskunft. Und Schippel meinte darauf:

      „Ah, Herr Assessor Bellinger, der bei Rechtsanwalt Kinkel die Strafsachen bearbeitet. – Lange kennen Sie ihn noch nicht, – nicht wahr?“

      „Das werden Sie ebenso gut wissen wie ich“, sagte Lossen bitter. „Ich merke ja, ich stehe noch immer unter Polizeiaufsicht.“

      „Zu Ihrem Glück“, erklärte der Beamte mit besonderer Betonung, indem er seinen Nickelkneifer höher an die Augen schob.

      Lossen blickte ihn erstaunt an.

      „Zu meinem Glück? Wie soll ich das verstehen?“

      „Davon nachher. – Bellinger und der Baron sind Klubbekannte. Hat der Oberleutnant Sie mit dem Assessor zusammengeführt? Und etwa zu dem Zweck, daß Bellinger dafür sorgt, Sie zu rehabilitieren?“

      „Sie scheinen gut unterrichtet zu sein“, erwiderte Lossen widerwillig.

      „Vermutungen von mir, nichts weiter. Sie betonten ja, der Baron wäre Ihr bester Freund, den Sie gestern erst zufällig wiedergetroffen hätten.“

      Schippel schwieg eine Weile. Dann erklärte er mit einer gewissen Vertraulichkeit:

      „Sehen Sie, Herr Lossen, ich habe Ihren Fall stets im Auge behalten. Nicht etwa der Belohnung wegen, die Herr Oltendorf ausgesetzt hat – nein! Mit irdischen Glücksgütern bin ich reichlich versorgt. Ich brauche nicht für Geld den Spitzel, den Schnüffler zu spielen. Gewiß, ich beziehe mein Gehalt. Aber das gebe ich … – Doch welches Interesse haben Sie für diese Dinge?! Wozu rede ich davon?! – Kurz – mich bewogen andere Gründe, Ihre Sache weiter zu verfolgen. Erst hielt auch ich Sie für schuldig. Dann tauchten die drei Steine auf. Ich kam zu Ihnen ins Gefängnis. Und da habe ich damals die Überzeugung

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