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Versicherungssumme erschwindeln und nebenbei noch die Steine behalten wollen.“

      Schippel lächelte schlau.

      „Hm – und wenn es nun mit Oltendorfs Reichtum nicht so weit her war, wie es schien, wenn er … seinen Gläubigern die Sammlung entziehen wollte …?!“

      … Gläubiger …!! – Das eine Wort war’s, das Werner Lossen plötzlich die Szene im Kirgisenzelt ins Gedächtnis zurückrief. Scharfer hatte ja zu dem Manne mit der hellen Stimme davon gesprochen, daß es mit Oltendorf zu Ende gehe, daß dessen pekuniärer Zusammenbruch nahe bevorstehe und daß er beabsichtige, Hand auf die Edelsteinsammlung zu legen.

      Und wie der junge Maler sich jetzt auf alle Einzelheiten des belauschten Gesprächs besann, da fiel ihm auch ein, daß Scharfer ja auch behauptet hatte, nur die Imitationen wären damals gestohlen worden – nur die Imitationen …!! – Ja, Schippel könnte mithin doch auf der richtigen Fährte sein …! Oltendorf hatte selbst den Dieb gespielt, hatte damit eines der verruchtesten Verbrechen begangen, die es nur geben konnte: einen Schuldlosen ins Gefängnis geschickt!

      Schippel war ein sehr guter Menschenkenner. Und dazu gehörte, daß er aus dem Mienenspiel anderer deren Gedanken teilweise erraten konnte. Er hatte Lossens Gesicht genau beobachtet. Jetzt fragte er:

      „Sie haben sich zu meiner Ansicht bekehrt, nicht wahr?“

      Da streckte Werner Lossen ihm die Hand über den Tisch hin.

      „Ja – voll und ganz! Und ich verschreibe mich Ihnen von diesem Augenblick an mit Leib und Seele. Hören Sie, was ich gestern im Klub der Fünfzig erlebte. Bellinger und mein Freund Blendel werden sicher ganz einverstanden sein, daß ich Sie ins Vertrauen ziehe.“

      So erfuhr Schippel alles, was sich seit der Begegnung Blendels und Lossens an der Kranzlerecke ereignet hatte, – alles, auch die heutigen Vereinbarungen, die die drei in Lossens Wohnung getroffen hatten.

      Schippel notierte sich verschiedenes, fragte nach dieser oder jener Einzelheit und erklärte dann:

      „Also Bellinger ist hinter Maletta her?! Und Bellinger soll jetzt auch Ihnen und Fräulein Oltendorf helfen …?! Da hat er etwas reichlich Arbeit. – Übrigens: diese Geschichte mit den verwechselten Kleidungsstücken, – daß Scharfer Malettas Mantel anhatte, ist äußerst wichtig. Ich begreife nicht, daß Bellinger von Ihnen und dem Baron verlangen konnte, hierüber vorläufig zu schweigen. – Hm – er wird seine Gründe haben.“

      Lossen dachte: „Sieh da – der Kriminalbeamte ist auf den Privatdetektiv so etwas eifersüchtig! Konkurrenzneid …!“

      Schippel setzte eine frische Holländer in Brand, sog den Rauch mit Behagen ein und sagte dann:

      „Doppelt genäht hält besser! Zwei Fachleute arbeiten also jetzt an Ihrer Rehabilitation, lieber Herr Lossen. Ich möchte Ihnen nun vorschlagen, Bellinger sowohl als auch Ihrem Freunde Blendel gegenüber zu verschweigen, daß ich gleichfalls für Sie tätig bin. Glauben Sie mir, – es ist besser so! – Geben Sie mir Ihr Wort, daß die beiden nichts davon erfahren, was heute zwischen uns besprochen worden ist – nichts!“

      Wieder dachte Lossen: „Konkurrenzneid …!!“ Laut aber sagte er:

      „Sie haben mein Wort! Ich bin Ihnen schon jetzt zu so großem Danke verpflichtet, daß ich jeden Ihrer Wünsche aufs genaueste erfüllen werde.“

      „Gut. Es soll Ihr Schade nicht sein. – Jetzt wollen wir aufbrechen. Ich habe heute noch viel zu erledigen. Sie sollen bald wieder von mir hören.“

      Lossen kam zwei Stunden zu spät an seine Arbeitsstätte. Und heute pfiff er zum erstenmal seit Jahren ein Liedchen vor sich hin, während er an der Rückwand eines Turmverlieses für ein neues Filmdrama herumpinselte.

      10. Kapitel

       Der Chauffeur Malettas

       Inhaltsverzeichnis

      Nachdem Thomas Schippel sich von Lossen getrennt hatte, nahm er ein Auto und fuhr nach dem nordwestlichen Stadtteile Berlins, nach Moabit. In der Turmstraße stieg er aus, bezahlte und verschwand in einem Hause einer engen Nebengasse.

      Das Haus war alt und hatte ein sehr niedriges Erdgeschoß. Hier öffnete Schippel mit einem Sicherheitsschlüssel eine Tür, die direkt vom Flur in ein Vorderzimmer führte. Dieses, sehr bescheiden ausgestattet, diente ihm eigentlich nur als Umkleideraum. Für seine Wirtin und die Hausbewohner war er ein armer Klavierspieler, der kläglich sein Brot in Kneipen niedrigsten Ranges verdiente. Polizeilich gemeldet war er als Albert Müller. Aber selbst auf dem Polizeirevier wußte man nicht, wer sich hinter dem Sammelnamen Müller verbarg.

      Schippel hatte die Tür hinter sich wieder verschlossen und begann sich nun umzukleiden. Aus einem großen Koffer mit zwei Patentschlössern holte er einen Chauffeuranzug hervor. Auch der Kneifer und der graue Bart sowie die tadellos gearbeitete Perücke verschwanden. – –

      In der dritten Querstraße nach Norden zu lag die chemische Fabrik Doktor Malettas. Er selbst wohnte dicht daneben in einem Hause, das auch die Bureaus und das Laboratorium beherbergte.

      Peter Maletta saß mit weit ausgestreckten Beinen in einem Klubsessel seines einfachen, aber gediegen eingerichteten Herrenzimmers. Er hatte sich von dem „Selbstmordversuch“ der vergangenen Nacht noch immer nicht ganz erholt, obwohl er bis gegen zwei Uhr nachmittags geschlafen hatte.

      Zu dem eleganten, braunen Hausjackett aus Sammet trug er heute ein weißseidenes Tuch um den Hals geschlungen. Einen Kragen konnte er noch nicht benutzen.

      Der Diener trat ein.

      „Franz ist noch immer nicht da“, meldete er.

      Dieser frühere Schutzmann war ein Riese und mußte die Kräfte eines Bären besitzen. Sein blaurotes Gesicht und die etwas schwimmenden Augen verrieten, daß er dem Alkohol nicht abgeneigt war.

      „Eine – eine Unverschämtheit von Franz, sich einfach ohne Erlaubnis stundenlang in der Stadt herumzutreiben!“ fuhr Maletta mit krächzender Stimme auf. „Ich brauche ihn … Er soll sofort …“

      Hinter dem Diener erschien der Erwartete.

      „Bin schon da, Herr Doktor“, sagte Thomas Schippel gelassen.

      Malettas verzerrtes Gesicht glättete sich.

      „Endlich! – Lassen Sie uns allein, Wilhelm!“

      Der Diener verschwand mit einer knappen Verbeugung.

      „Zum Henker, – wo haben Sie denn eigentlich gesteckt, Franz?“ meinte der Chemiker, indem er aufstand und mit erregten Schritten das Zimmer zu durchqueren begann. „Habe ich Sie deswegen als Chauffeur angestellt, damit Sie nie da sind, wenn man Sie mal haben will?!“

      Er hatte sich vorhin nur gewaltsam zusammengenommen, als Schippel eintrat. Jetzt fuchtelte er schon wieder wild mit den Armen hin und her, seine dünnen Lippen zuckten und auf den Backenknochen brannten in dem bleichen Gesicht zwei rote Flecken.

      „Da – setzen Sie sich! Ich habe mit Ihnen zu reden“, fuhr er fort, ohne Schippels Antwort abzuwarten.

      Der Kriminalbeamte, der jetzt als Chauffeur um gut zehn Jahre jünger aussah, nahm mit größter Selbstverständlichkeit in dem zweiten Klubsessel an der anderen Seite des Mitteltisches Platz. Bei dem eigenartigen Verhältnis, in dem er zu seinem Dienstherrn stand, konnte er sich das schon erlauben.

      Maletta blieb vor ihm stehen und sagte flüsternden Tones, während seine Hände sich dabei krampfhaft ballten und öffneten:

      „Ich habe schon wieder einen Erpresserbrief erhalten!! Denken Sie – den zweiten innerhalb acht Tagen! Die verfl… Bande überschüttet mich jetzt förmlich mit ihren zarten Aufmerksamkeiten!! Hier ist der Brief. Er kam heute um zwei Uhr nachmittags durch einen Eilboten ins Haus.“

      Er schwenkte das Schreiben hin und her. „Wieder mit Maschine

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