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      »Meine Güte, das wird ein Fest geben«, meinte Anke. »Doppelhochzeit und dann auch noch in derselben Familie. Ihr müßt ja schrecklich aufgeregt sein.«

      »Es geht«, meinte Dr. Scheibler. »Immerhin kann man die Aufregung durch vier teilen, dann bleibt nicht mehr soviel für einen allein übrig.«

      Alle lachten, dann kam Stefanie wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. »Also, was haltet ihr von meinem Vorschlag?«

      Rainer und Anke tauschten einen Blick.

      »Verlockend wäre es schon«, gab Rainer zu. »Claudia ist unser Glücksstern, aber mal wieder traute Zweisamkeit genießen…« Er seufzte schwärmerisch.

      »Dann ist es abgemacht«, stellte Stefanie fest.

      »Und was wird aus eurer Hochzeitsreise?« gab Anke zu bedenken.

      »Die findet sowieso erst in einem Monat statt«, entgegnete Gerrit. »Unser sehr geehrter Herr Chefarzt hat sich den Vorrang ausbedungen.«

      »Gar nicht wahr!« widersprach Wolfgang energisch. »Wir haben gelost, und ich habe dabei gewonnen.«

      »Wahrscheinlich hast du gemogelt«, meinte Stefanie grinsend.

      In gespielter Verzeiflung hob Dr. Metzler beide Hände. »Meine eigene Schwester fällt mir in den Rücken!«

      »Und ich muß meinem künftigen Schwager zu Hilfe eilen«, erklärte Dr. Scheibler lächelnd. »Er hat auf ehrliche Weise gewonnen.« Dann zuckte er die Schultern. »Wenn Chefarzt und Oberarzt einer Klinik am gleichen Tag heiraten, dann muß eben einer von ihnen mit der Hochzeitsreise zurückstehen. Außerdem fallen unsere Flitterwochen sowieso bescheidener aus. Schließlich haben wir ein kleines Kind.« Er sah Anke und Rainer an. »Und was eure Claudia betrifft, so schließe ich mich Steffis Meinung an: Die Kleine ist uns herzlich willkommen, und daß wir auf sie achtgeben wie auf unser eignes Kind, versteht sich von selbst.«

      *

      Die Hochzeit der Metzler-Geschwister war das Ereignis schlechthin in Steinhausen. Schließlich war es Ewigkeiten her, seit es hier zum letzten Mal eine Doppelhochzeit gegeben hatte, und daher war an diesem sonnigen Septembermorgen so ungefähr alles auf den Beinen, was laufen konnte. Ein solches Ereignis wollte sich niemand entgehen lassen.

      Schon lange bevor die Brautpaare eintrafen, wartete eine schier unübersehbare Menschenmenge vor der stattlichen romantischen Pfarrkirche St. Benedikt, die mit ihrem schlanken Glockenturm den Mittelpunkt des beschaulichen Vorgebirgsortes bildete.

      Und dann bog der prächtige Sechsspänner ein und hielt vor dem Portal der Kirche. Ein beifälliges Raunen ging durch die Wartenden, als Wolfgang Metzler und Gerrit Scheibler ihren bezaubernden Bräuten beim Aussteigen behilflich waren.

      »Sind sie nicht wunderschön«, seufzte Irene Hansen, die verwitwete Schwester von Dr. Daniel, die ihm schon seit geraumer Zeit den Haushalt führte. »Wie Schneeweißchen und Rosenrot.«

      Ihr Bruder schmunzelte. »Ich wußte gar nicht, daß du dich in den Märchen noch so gut auskennst.«

      »Erlaube mal«, entgegnete Irene energisch. »Das war von frühester Kindheit an mein Lieblingsmärchen.«

      Dr. Daniel betrachtete die beiden Brautpaare und mußte feststellen, daß seine Schwester wirklich nicht unrecht hatte. Erika Wieland hatte ihr blondes Haar hochgesteckt, und ein zarter Schleier mit winzigen Rosenknospen zierte die Frisur. Stefanie Metzler bot mit ihrem dunklen Haar, das ebenfalls mit Schleier und Rosenknospen geschmückt war, einen bezaubernden Kontrast dazu.

      »Vielleicht sollten wir Schneeweißchen und Rosenrot erst mal begrüßen«, schlug Dr. Daniel, mit einem neckischen Lächeln zu seiner Schwester gerichtet, vor.

      »Du bist unmöglich«, entgegnete Irene ärgerlich. »Wenn ich ein Brautpaar sehe, werde ich nun mal sentimental. Und jetzt sehe ich gleich zwei.«

      Dr. Daniel mußte lachen, dann bahnte er sich zusammen mit Irene einen Weg zu den beiden Paaren. Wolfgang Metzler kam ihm lächelnd entgegen.

      »Grüß dich, Robert«, erklärte er und reichte seinem Freund die Hand, dann entdeckte er Irene, die sich gerade noch verstohlen eine Träne wegwischte. »Aber, Frau Hansen, zum Weinen ist das doch wirklich nicht.«

      »Ach, Wolfgang, Sie haben ja keine Ahnung«, seufzte Irene und errötete dabei ein wenig. »Wenn ich ein Brautpaar sehe, muß ich immer weinen. So etwas ist halt gar zu schön.«

      Dr. Daniel schmunzelte. Ihm lag noch eine neckende Bemerkung auf der Zunge, doch er sprach sie nicht aus, um Irene nicht noch verlegener zu machen.

      »Na, Wolfgang, schon sehr nervös?« wollte er statt dessen von dem Bräutigam wissen.

      »Na ja, es geht. So schön das alles hier auch ist – froh bin ich doch, wenn zumindest der offizielle Teil der Veranstaltung vorüber ist – Brautwalzer eingeschlossen. Ich bin zwar nicht gerade ein Stümper auf dem Tanzparkett, aber so offen vor allen Gästen zu tanzen…«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Erstens bist du nicht allein, weil du ja deine Erika im Arm hältst, und zweitens leisten euch Gerrit und Steffi Gesellschaft.«

      Wolfgang nickte. »Was glaubst du denn, warum ich den beiden eine Doppelhochzeit vorgeschlagen habe?«

      »Das hatte noch einen zweiten Grund«, mischte sich Stefanie jetzt ein. »Mein geliebtes Bruderherz hätte ursprünglich nämlich mein Trauzeuge sein sollen, und davor wollte er sich natürlich drücken.«

      »Kurz gesagt: Ein Hasenfuß auf der ganzen Linie«, folgerte Dr. Daniel.

      »Ja, ja, ärgert mich nur immer.«

      »Na ja, so schlimm war’s nun auch wieder nicht«, lenkte Stefanie ein. »Immerhin habe ich ja noch eine Schwester, die diese Funktion übernehmen kann. Geli war sogar ganz glücklich darüber.«

      In diesem Moment trat Erika an die Seite ihres Bräutigams.

      »Es wird Zeit, daß Pfarrer Wenninger kommt«, meinte sie. »Deine beiden Neffen fangen allmählich an zu randalieren.« Sie lächelte. »Irgendwie habe ich das Gefühl, als könnte sich deine Schwester ihnen gegenüber nicht mehr so richtig durchsetzen.«

      Wolfgangs Gesichtsausdruck wurde ernst. »Geli und Jochen haben diese beiden Rabauken von Anfang an zu sehr verwöhnt. Außerdem ist Jochen geschäftlich viel unterwegs, und die Zwillinge wissen genau, daß sie ihre Mutter um den Finger wickeln können.« Er wandte sich Dr. Daniel zu. »Raimo und Tommy sollen die Trauringe tragen, aber ich muß gestehen, daß ich dabei ein ziemlich ungutes Gefühl habe.«

      Die besagten Zehnjährigen wollten Wolfgangs Gefühl offenbar bestätigen, denn in diesem Moment gingen sie mit den Samtkissen, auf denen später die Trauringe liegen sollten, aufeinander los, und Wolfgangs Schwester Angelika schaffte es nicht, den beiden Lausbuben Einhalt zu gebieten. Mit wenigen Schritten war Dr. Metzler bei seinen beiden Neffen.

      »Raimo, Tommy, jetzt ist aber Schluß!« erklärte er, und obwohl er dabei nicht einmal laut gesprochen hatte, hörten die Jungen unschwer die Schärfe aus seiner Stimme heraus. Augenblicklich herrschte Ruhe, denn die Zwillinge wußten genau, daß mit ihrem Onkel nicht zu scherzen war, wenn er diesen Ton anschlug.

      »Ich erwarte, daß ihr euch bis zum Ende der Trauung anständig benehmt, sonst könnt ihr mich kennenlernen«, fügte Dr. Metzler noch hinzu.

      Raimo und Tommy nickten artig. »Ja, Onkel Wolfgang.«

      Dr. Metzler wußte, daß es keiner weiteren Mahnung mehr bedurfte. Es wäre aber auch gar keine Gelegenheit dazu gewesen, denn jetzt kam Pfarrer Klaus Wenninger mit wehendem Talar auf die Kirche zugeeilt.

      »Ich wäre bestimmt pünktlich gewesen, aber meine gute Gerdi hat ja immer etwas an mir herumzuzupfen«, erklärte er, und die meisten Anwesenden mußten sich dabei ein Lächeln verkneifen, denn diese Entschuldigung brachte Hochwürden Wenninger immer vor, wenn er sich verspätete. Überhaupt glich er ja mehr dem legendären Don Camillo als einem würdigen geistlichen Herrn, aber vielleicht erfreute

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