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ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?« fragte er.

      Dr. Scheibler lächelte. »Sie dürfen gern länger bleiben als nur einen Augenblick.«

      »Hoffentlich sagen Sie das in fünf Minuten auch noch«, entgegnete Dr. Daniel.

      Erstaunt sah Gerrit ihn an. »Was soll das heißen, Robert? Sie haben doch wohl keine Hiobsbotschaft für mich?«

      »Das nun nicht gerade, aber… ich fürchte, ein kleiner Schock steht Ihnen schon bevor.« Dr. Daniel senkte den Kopf. »Steffi war heute bei mir.«

      Gerrit nickte. »Das weiß ich.« Dann lächelte er. »Sie ist schrecklich nervös wegen der Hochzeit.«

      »Darum geht es nicht«, wehrte Dr. Daniel ab. »Steffi… sie ist schwanger.«

      Völlig konsterniert starrte der junge Oberarzt ihn an. »Sie ist… was?«

      »Sie haben ganz richtig gehört, Gerrit. Steffi erwartet ein Baby.«

      Dr. Scheibler atmete tief durch. »Sie haben recht, Robert, das ist tatsächlich ein Schock für mich.« Dann lächelte er. »Aber doch mehr ein freudiger.« Er wurde wieder ernst. »Ich bin nicht mehr so eingestellt wie früher. Da hätte mich eine solche Nachricht mehr als nur aus der Fassung gebracht. Doch jetzt… der Gedanke an eine große Familie kann mich nicht mehr erschrecken. Ich liebe Steffi, unsere Daniela ist mein Sonnenschein, und ein weiteres Kind…« Er zuckte die Schultern. »Es ist mir herzlich willkommen, auch wenn es ein bißchen schnell geht.«

      Dr. Daniel glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Natürlich wußte er, wie sehr Gerrit sich verändert hatte, seit er Stefanie kennengelernt hatte, und vor allem auch, seit er eine schwere Krankheit besiegt hatte. Stefanie war gerade mit Daniela schwanger gewesen, als Gerrit an Leukämie erkrankt war. Und nur dem Mut von Dr. Wolfgang Metzler, dem Chefarzt der Waldsee-Klinik, der überdies auch Stefanies älterer Bruder war, hatte Gerrit sein Leben zu verdanken, denn Wolfgang hatte sich nicht gescheut, seinen zukünftigen Schwager mit einem nicht zugelassenen Medikament zu behandeln. Das hätte ihn seine ärztliche Zulassung kosten können, doch Gerrits Leben war ihm dieses Risiko wert gewesen, und Dr. Scheibler dankte es ihm jetzt mit einer Freundschaft, die ihresgleichen suchte. Außerdem hatte er nicht zuletzt durch diese schwere Krankheit gelernt, wie kostbar das Leben war und was Verantwortung wirklich bedeutete.

      »Hatte Steffi Angst, es mir selbst zu sagen?« wollte Gerrit nun wissen und riß Dr. Daniel damit aus seinen Gedanken.

      »Angst ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck«, entgegnete Dr. Daniel nachdenklich. »Wissen Sie, Steffi hatte nicht viel Zeit, sich von Schwangerschaft und Geburt zu erholen. Sie stillt Daniela noch und erwartet jetzt schon ihr zweites Baby. Vielleicht hatte sie auch ein schlechtes Gewissen. Ich habe ihr nämlich in aller Deutlichkeit gesagt, daß sie anderweitig verhüten muß, wenn sie anfängt abzustillen. Leider hat sie meinen Rat nicht befolgt, und nun fühlt sie sich vielleicht in irgendeiner Weise schuldig.«

      Dr. Scheibler schüttelte den Kopf. »Dazu besteht kein Grund. Schließlich hätte auch ich etwas für die Verhütung tun können. Aber das werde ich heute abend mit ihr klären.« Er sah auf die Uhr. »Das heißt… meine Mittagspause dauert noch fast eine halbe Stunde. Ich glaube, diese Zeit würde reichen, um das Nötigste zu besprechen.«

      »Vielleicht ist es falsch, aber ich muß es Ihnen einfach mal sagen«, meinte Dr. Daniel. »Was sie in den vergangenen Monaten für eine Entwicklung gemacht haben, ist wirklich erstaunlich.«

      Dr. Scheibler errötete ein wenig. »Ach was.« Er zuckte die Schultern. »Manchmal denke ich, ich bin erst jetzt erwachsen geworden. Vorher… das war doch nichts anderes als ein spielerischer Klassenkampf: Wer wird als erster Oberarzt oder Chefarzt? Im Grunde sind das nur Kindereien, denn wirklich wichtig ist doch nur, kranke Menschen zu heilen.«

      *

      »Ihr bekommt tatsächlich schon wieder ein Baby?« fragte Anke Bergmann fassungslos. »Meine Güte, habt ihr’s aber eilig.«

      Stefanie errötete ein wenig. »Es war ja wirklich nicht geplant.«

      »Sozusagen ein Verkehrsunfall«, schmunzelte Gerrit und nahm seine junge Verlobte dabei liebevoll in den Arm.

      Dr. Scheibler, Stefanie, Dr. Metzler und dessen Verlobte Erika Wieland waren heute bei Anke und Rainer Bergmann eingeladen. Wolfgang Metzler und Rainer waren einst zusammen zur Schule gegangen und hatten damals zusammen so manchen Streich ausgeheckt. Dann war Wolfgangs Vater in der Fabrik von Martin Bergmann ums Leben gekommen, was die Freunde für etliche Jahre entzweit hatte, doch nach Wolfgangs Rückkehr aus dem Ausland hatten sie wieder zusammengefunden. Und es war natürlich auch nicht ausgeblieben, daß Rainers Frau Anke, Stefanie, Erika und Gerrit Scheibler in diese Freundschaft mit einbezogen worden waren.

      »Wann geht ihr nun auf große Fahrt?« wollte Dr. Metzler wissen.

      Rainer winkte ab. »Von wegen große Fahrt. Wir wollen nur nach Südtirol, in ein kleines Bergbauerndorf am Fuß der Drei Zinnen.« Er seufzte. »Allerdings sehe ich sogar diese Reise schon ins Wasser fallen. Wenger liegt mit einem komplizierten Beinbruch im Innsbrucker Krankenhaus, und ich habe arge Bedenken, meinem Vater die Leitung der CHEMCO zu übertragen.«

      Dr. Metzler nickte. »Verständlicherweise. Ich will ehrlich sein – gern würde ich deinen Vater nicht am Steuer des Werks sehen.«

      »Ihr wollt ja kein halbes Jahr in den Dolomiten bleiben«, wandte Erika Wieland ein. »Ich kenne deinen Vater nicht, Rainer, aber nach allem, was ich von Wolfi gehört habe, muß er sehr sorglos mit Chemikalien umgehen. Ich verstehe eure Bedenken also sehr wohl, trotzdem aber finde ich, daß ihr euren Urlaub allein deswegen nicht abblasen solltet. Wenn erst das zweite Baby da ist, dann ist an Urlaub bestimmt nicht mehr zu denken – jedenfalls für eine ganze Weile. Und ihr habt euch die Erholung wirklich redlich verdient, zumal euch Claudia ganz schön viele schlaflose Nächte gekostet hat.«

      »Das weiß ich natürlich«, meinte Rainer, dann zuckte er die Schultern. »Noch haben wir ja Zeit, es uns zu überlegen.« Er lächelte. »Bis zu eurer Hochzeit werden wir auf jeden Fall noch in Steinhausen bleiben.«

      »Ja, aber danach solltet ihr euch wirklich auf die Socken machen«, meinte Stefanie. »Wenn Anke erst mal im achten Monat ist, braucht ihr nicht mehr wegzufahren.«

      »Steffi und Erika haben recht«, stimmte Wolfgang jetzt plötzlich zu. »Ihr braucht diesen Urlaub.« Dann lächelte er. »Robert und ich werden deinem Vater schon auf die Finger schauen.«

      »Wenn er euch läßt«, gab Rainer zu bedenken. »Wolfi, du kennst meinen alten Herrn. Der ist sturer als tausend Esel, und wenn er die Finger erst wieder im Werk drin hat…«

      »Du siehst zu schwarz, Rainer«, fiel Dr. Scheibler ihm ins Wort. »Was kann er in zwei oder drei Wochen schon groß anrichten? Fahrt ruhig nach Südtirol, und vergeßt die CHEMCO für diese Zeit.«

      In diesem Moment hatte Stefanie einen Geistesblitz. »Was haltet ihr überhaupt von einem Urlaub zu zweit?«

      Erstaunt sahen Anke und Rainer sie an.

      »Was heißt zu zweit?« wollte Anke wissen. »Wir können Claudia doch nicht einfach daheim lassen.«

      »Warum nicht?« entgegnete Stefanie. »Mensch, Anke, die Kleine ist doch bei mir genauso daheim wie hier. Sie hat in letzter Zeit schon etliche Male bei mir übernachtet, und seit Daniela in der Wohnung herumrobbt, hat Claudia doch den höchsten Spaß mit ihr. Und mir macht es wirklich nichts aus, ein paar Wochen lang für zwei kleine Kinder zu sorgen.« Sie grinste. »Dann kann ich schon mal üben. Außerdem sind Gerrit und ich bis dahin verheiratet und haben dann auch eine größere Wohnung.«

      »Höre ich da Kritik heraus?« mischte sich Dr. Metzler ein. »Mein liebes Schwesterherz, bisher hast du dich bei mir doch recht wohl gefühlt. Und meine Pflichten als Onkel habe ich auch sehr ernst genommen.«

      Stefanie zog ihn vergnügt bei den Ohren. »Du alter Quatschkopf. Natürlich fühle ich mich wohl bei dir, aber du bist eben nur mein Bruder, und Gerrit ist meine große Liebe. Da ist es doch wohl

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