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bin ich einverstanden!« bekräftigte Harald sofort. »Und wenn wir ihm erst einmal erzählen können, was er Ihnen verdankt, Herr Doktor, dann wird er auf seinen Namen noch sehr stolz sein.«

      *

      Unmittelbar nach dem Kaiserschnitt bei Melanie Bögl begab sich Frau Dr. Erika Wieland ins erste Stockwerk hinauf, um Marita Fendt aufzusuchen. Es war üblich, daß sich die Anästhesistin am Tag vor der Operation bei dem jeweiligen Patienten vorstellte und mit ihm den Ablauf des nächsten Morgens besprach.

      »Guten Tag, Frau Fendt«, grüßte Erika lächelnd, als sie nach kurzem Anklopfen Maritas Zimmer betrat. »Ich bin die Narkoseärztin der Klinik. Erika Wieland ist mein Name.«

      »Freut mich«, behauptete Marita, doch ihr Gesichtsausdruck deutete auf eine andere Antwort.

      Spontan setzte sich Erika auf die Bettkante. »Nun, Frau Fendt, wie fühlen Sie sich?«

      »Ein bißchen flau im Magen«, gestand Marita leise.

      Erika nickte verständnisvoll. »Das kann ich mir vorstellen. Die Aussicht auf eine Operation ist nie besonders verlockend, aber Dr. Daniel hat Ihnen ja sicher schon gesagt, daß es keine große Sache ist, diese Zyste zu entfernen.«

      Marita nickte. »Trotzdem… wissen Sie, Frau Doktor, es ist meine erste Operation…«

      Tröstend griff Erika nach der Hand der Patientin. »Ich kann gut verstehen, daß Sie da ein bißchen Angst haben.« Sie lächelte. »Aber ich verspreche Ihnen, daß Sie nichts spüren werden.«

      Der versuchte Scherz mißlang. Marita war zu nervös, um den kleinen Spaß zu verstehen.

      »Wovor haben Sie denn am meisten Angst?« wollte Erika teilnahmsvoll wissen.

      »Lachen Sie mich bitte nicht aus, aber… vor der Narkose«, gestand Marita errötend. »Ich weiß, daß das Unsinn ist, und Dr. Daniel hat auch schon gesagt, ich müßte mir keine Sorgen machen… ich bekäme bestimmt keine Maske über den Kopf gestülpt.« Sie seufzte. »Wahrscheinlich habe ich einfach zu viele Krankenhausfilme im Fernsehen gesehen.«

      Erika lächelte. »Das kann schon sein.« Dann wurde sie wieder ernst. »Also, Frau Fendt, Sie werden morgen früh so gegen acht Uhr, also praktisch gleich nach dem Aufwachen, von Schwester Bianca eine Spritze bekommen, die innerhalb der folgenden halben Stunde zu wirken beginnt. Sie werden sich dann müde und gleichgültig fühlen. Dann wird Schwester Bianca Sie in den Operationssaal hinunterfahren, und dort begegnen wir beide uns wieder.« Sie lächelte erneut. »Sie werden mich wahrscheinlich nicht gleich erkennen, denn ich muß dann schon einen Mundschutz und eine Haube tragen, außerdem werden Sie bereits zu müde sein, um noch allzuviel wahrzunehmen, was um Sie herum vorgeht. Und erst wenn Sie eingeschlafen sind, werden Sie von mir das richtige Narkosemittel bekommen, aber davon merken Sie nichts. Sie werden einfach schlafen, und wenn Sie wieder aufwachen, werden Sie sich noch ein bißchen benommen fühlen. Vielleicht haben Sie einen recht rauhen Hals und glauben ständig, sich räuspern zu müssen. Viele Patienten frieren auch sehr nach der Narkose, aber das alles dauert nicht lange. Schon nach ein paar Tagen werden Sie sich wieder fast so fühlen wie vor der Operation.«

      Während Erika gesprochen hatte, war Marita spürbar ruhiger geworden.

      »Ich bin froh, daß ich hier in der Waldsee-Klinik bin«, erkärte sie jetzt. »Alle sind hier so nett und rücksichtsvoll.«

      Sehr behutsam drückte Erika ihre Hand. »Heißt das, daß Sie jetzt nicht mehr so große Angst haben?«

      Nun konnte auch Marita lächeln. »Richtig. Meine Angst ist beinahe verschwunden.«

      »Das ist schön.« Erika stand auf. »Dann sehen wir uns morgen früh. Schlafen Sie gut.«

      Marita seufzte. »Hoffentlich. Allerdings fürchte ich, daß ich kein Auge zumachen werde. So ein bißchen nervös bin ich nämlich immer noch.«

      »Gut, daß Sie mir das sagen«, meinte Erika. »Ich werde die Nachtschwester bitten, Ihnen ein Schlafmittel zu bringen.«

      »Danke, Frau Doktor«, flüsterte Marita und wünschte dabei, daß sowohl die Nacht als auch der morgige Tag schon vorüber wären. Sie war sicher, trotz des Schlafmittels kein Auge zuzumachen.

      Aber als sie die Tablette geschluckt hatte, die sie von Schwester Irmgard bekommen hatte, da merkte sie schon, wie ihre Augenlider immer schwerer wurden. Dankbar sank sie in einen tiefen Schlaf.

      *

      Dr. Daniel hatte persönlich dafür gesorgt, daß Melanie Bögl in ein ruhiges Einzelzimmer kam, damit sie sich gründlich von dem Kaiserschnitt erholen konnte. Hier erhielt sie auch gleich ein Medikament gegen den schmerzenden Herpes, dann verabschiedete sich Dr. Daniel. Er war sicher, daß die junge Frau gleich einschlafen würde, schließlich hatte sie anstrengende Stunden hinter sich, und die Narkose wirkte ja auch noch nach.

      Als Dr. Daniel auf den Flur trat, stellte er fest, daß auf der Station die übliche Nachtruhe einsetzte. Gerade wollte er sich auf den Weg zur Treppe machen, als er es sich doch noch mal anders überlegte und das Säuglinszimmer aufsuchte. Der kleine Robert lag frisch gewickelt in seinem Bettchen und schlief selig.

      »Ein süßes Kerlchen«, urteilte Schwester Bianca und betrachtete das Baby liebevoll. »Da könnte man direkt neidisch werden.«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Sie sind ja noch jung, Bianca. Ich gehe also davon aus, daß bei Ihnen die Babys auch irgendwann eintrudeln werden.«

      Schwester Bianca nickte eifrig. »Worauf Sie sich verlassen können, Herr Direktor.«

      Dr. Daniel seufzte. »Meine liebe Bianca, hat es sich denn immer noch nicht herumgesprochen, daß ich auf diesen Titel nicht allzuviel Wert lege?«

      Die junge Schwester lächelte. »Doch, und normalerweise bemühe ich mich auch immer, Sie mit ›Herr Doktor‹ anzusprechen, aber ab und zu sollten Sie schon daran erinnert werden, daß Sie hier in der Klinik sehr viel mehr als nur ein Doktor sind.«

      »Also schön«, meinte Dr. Daniel ergeben. »Wenn der Direktor nur sehr gelegentlich erwähnt wird, dann habe ich nichts… oder zumindest fast nichts dagegen einzuwenden.« Er sah sich wie suchend um. »Wohin ist eigentlich mein Sohn so schnell verschwunden? Ich konnte nach dem Kaiserschnitt kaum ein Wort mit ihm wechseln.«

      »Er ist sofort wieder in die Chirurgie hinüber«, gab Bianca Auskunft. Sie überlegte, ob sie erwähnen sollte, daß Stefan Daniel allem Anschein nach mit dem Oberarzt der Klinik zusammengerückt war, entschied sich dann aber dagegen. Sie hatte ja mitbekommen, daß der junge Assistenzarzt zur Zeit meistens geistig abwesend war und deshalb sowohl mit dem Chefarzt als auch mit Dr. Scheibler immer wieder Schwierigkeiten bekam. Und dann wollte sie wenigstens verhindern, daß sein Vater womöglich auch noch mit ihm schimpfen würde.

      »Ich gehe auf einen Sprung in die Chirurgie hinüber, dann fahre ich nach Hause«, beschloß Dr. Daniel und riß die Krankenschwester damit aus ihren Gedanken.

      »Ist in Ordnung, Herr Doktor. Einen schönen Abend noch.«

      »Danke, Bianca, Ihnen auch.«

      Mit langen Schritten ging Dr. Daniel den Flur entlang, durchquerte das Café, das die Station der Gynäkologie von der Chirurgie trennte, und betrat schließlich das Ärztezimmer. Sein Sohn saß an der Schreibmaschine, starrte aber nur blicklos auf die Tasten.

      »Stefan, du bist ja immer noch hier«, meinte Dr. Daniel.

      Erschrocken fuhr der junge Assistenzarzt hoch.

      »Hast du heute schon wieder Nachtdienst?« fuhr sein Vater fort.

      Stefan schüttelte den Kopf. »Nein, Papa, aber ich muß noch rasch einen Bericht schreiben. Wenn der Kaiserschnitt nicht dazwischengekommen wäre, hätte ich es während der regulären Dienstzeit noch geschafft, aber so…« Er ließ den Satz offen.

      »Und das hat nicht Zeit bis morgen?« wollte Dr. Daniel wissen. »Ich bin der Meinung, du könntest mal wieder ausreichend Schlaf gebrauchen. In letzter Zeit kommst du mir doch sehr müde

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