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Scheibler schüttelte den Kopf. »Nein, jedenfalls nicht dringend. Frau Bergmeier hat mich nur auf eine Patientin aufmerksam gemacht, die seit heute auf der Gynäkologie liegt und anscheinend ziemliche Angst hat.« Er warf einen Blick auf den Zettel in seiner Hand. »Marita Fendt.«

      »Ach so«, meinte Dr. Daniel. »Das ist schon erledigt. Ich komme gerade von Frau Fendt.« Und dann fiel ihm ein, daß der Mann vor ihm ja Vater geworden war. »Gerrit, beinahe hätte ich es vergessen. Ihnen natürlich auch meinen herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Töchterlein.«

      Dr. Scheibler lächelte. »Danke, Robert.« Er zuckte die Schultern. »Ich wäre so gern bei der Geburt meines ersten Kindes dabeigewesen, aber meine geliebte Steffi mußte ja unbedingt im Wald entbinden, während ich im Operationssaal stand.«

      »Das Schicksal eines Arztes«, meinte Dr. Daniel. »Ich hatte auch nur Glück, daß ich bei den Geburten meiner Kinder immer dabei sein durfte.« Er sah Stefanie und Dr. Scheibler an. »Wann wird denn jetzt geheiratet?«

      »Sobald sich Stefanie erholt hat – sowohl von der Geburt als auch von ihrem verstauchten Fuß«, antwortete Gerrit. »Schließlich wollen wir ja tanzend in den Hafen der Ehe einlaufen.« Er warf Stefanie einen kurzen Blick zu. »Sollen wir’s ihm sagen?«

      Sie nickte. »Wolfgang ist uns bestimmt nicht böse darüber.«

      Verständnislos blickte Dr. Daniel von einem zum anderen. »Ihr habt doch wohl kein Attentat auf mich vor?«

      Lachend schüttelte Dr. Scheibler den Kopf. »Ganz und gar nicht – abgesehen davon, daß Sie wahrscheinlich als Wolfgangs Trauzeuge fungieren dürfen. Aber das soll er selbst mit Ihnen aushandeln. Wissen Sie, Robert, Wolfgang, Erika, Steffi und ich wollen gemeinsam heiraten.«

      »Eine Doppelhochzeit in Steinhausen«, erklärte Dr. Daniel staunend. »Da wird sich Hochwürden Wenninger aber freuen. Es dürfte ein paar Jahrzehnte her sein, seit es so etwas mal hier gegeben hat.«

      Dr. Scheibler schmunzelte. »Das glaube ich unbesehen, aber ob sich Hochwürden Wenninger darüber freuen wird, bezweifle ich. Auf diese Weise entgeht ihm nämlich ein Hochzeitsmahl.«

      Dr. Daniel lachte. »Da haben Sie allerdings auch wieder recht. Unser lieber Pfarrer legt ja größten Wert auf gutes Essen. Allerdings hat er wirklich keinen Grund, sich zu beklagen. Schließlich wird er von seiner Haushälterin immer sehr üppig bekocht.«

      Dr. Scheibler nickte. »Der verführerische Duft, der um die Mittagszeit über dem Pfarrhaus schwebt, spricht Bände.« Er sah auf die Uhr. »So, jetzt muß ich wieder an die Arbeit.« Liebevoll nahm er Stefanie in den Arm und küßte sie zärtlich. »Ich komme später noch mal zu euch. Vielleicht ist Daniela dann auch wach. Sie hat ihren Papi ja noch gar nicht richtig angeschaut.«

      Dr. Daniel betrachtete das glückliche Elternpaar und mußte unwillkürlich denken, wie sehr Dr. Scheibler sich doch verändert hatte. Früher war er ein draufgängerischer Fauenheld gewesen, und Dr. Daniel hätte es nicht für möglich gehalten, daß er einmal so verantwortungsbewußt werden würde.

      *

      Vorsichtig setzte sich Melanie Bögl auf die Eckbank, doch der Schmerz war so unerträglich, daß sie gleich wieder aufstehen mußte. Besorgt sah Harald sie an.

      »Tut dieser Pickel immer noch so weh?« fragte er.

      Melanie nickte. »Ich bin gar nicht mehr sicher, daß das wirklich nur ein harmloser Pickel ist. Er fühlt sich inzwischen riesengroß an.«

      Harald zögerte. »Soll ich ihn mir mal ansehen?«

      Melanie zuckte die Schultern. »Glaubst du, das bringt etwas?«

      »Wahrscheinlich nicht. Ich bin schließlich kein Arzt, aber… irgend etwas muß man doch tun.«

      »Du hast recht«, seufzte Melanie. »Schau ihn dir an. Vielleicht hat mich mein Gefühl ja getrogen, und er ist gar nicht so groß, wie ich es mir einbilde.«

      Doch Melanies Gefühl hatte überhaupt nicht getrogen.

      »Meine Güte«, stöhnte Harald. »Das sieht ja richtig schlimm aus. Wie… wie ein Geschwür.« Er sah Melanie an. »Du mußt sofort zum Arzt gehen.«

      Doch Melanie winkte ab. »Die Steiger hat doch gesagt, dieser Pickel wäre harmlos.«

      »Na, ich weiß nicht«, wandte Harald ein. »Ob er am Montag auch schon so ausgesehen hat wie jetzt?«

      Melanie zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Er hat jedenfalls noch nicht ganz so weh getan und…« Sie unterbrach sich, als sie plötzlich ein krampfartiges Gefühl im Bauch verspürte. »Ich… ich glaube, es geht los.«

      Harald sprang auf. »Wir müssen sofort in die Klinik!«

      »Ach komm, Harry, das war jetzt die erste Wehe. Wir haben noch genügend Zeit.«

      »Und dieser komische Pickel?« Harald schüttelte den Kopf. »Ich bringe dich auf der Stelle in die Waldsee-Klinik hinüber.«

      »Das ist doch Unsinn, Harry«, wandte Melanie ein. »Wir waren uns einig, daß das Baby in München zur Welt kommen soll. In der Klinik wird die sanfte Geburt praktiziert, und darauf haben wir uns beide eingestellt. Ich will in kein anderes Krankenhaus.«

      Harald zögerte. Er konnte es sich selbst nicht erklären, aber plötzlich zog es ihn mit aller Macht nach Steinhausen.

      »Die Waldsee-Klinik praktiziert ebenfalls die natürliche Geburt und…« Er zuckte die Schultern. »Ich weiß auch nicht… ich möchte, daß wir nach Steinhausen fahren. Bitte, Melanie.«

      Die nächste Wehe kam und hielt Melanie davon ab, etwas zu antworten. Ganz konzentriert veratmete sie die Wehe, wie sie es in der Geburtsvorbereitung gelernt hatte.

      »Also schön«, stimmte sie zu. »Dann fahren wir eben nach Steinhausen hinüber.«

      Harald atmete auf. In Windeseile holte er den bereitgestellten Koffer aus dem Schlafzimmer, warf ihn ins Auto und half Melanie dann beim Einsteigen. Kaum zehn Minuten später hielt er den Wagen auf dem Parkplatz vor der Klinik an.

      »Schnell! Meine Frau bekommt ein Baby!« rief er Martha Bergmeier schon von weitem zu.

      »Immer mit der Ruhe«, meinte sie. Sie hatte gesehen, daß die Patientin ganz ruhig im Auto saß, und vermutete daher, daß der werdende Vater mindestens doppelt so aufgeregt war wie seine Frau. »Unsere Gynäkologin hat heute nachmittag dienstfrei.«

      Aus weit aufgerissenen Augen starrte Harald die kleine, rundliche Frau an.

      »Wie bitte?« stieß er hervor. »Heißt das, daß kein Arzt anwesend ist?«

      »Nun beruhigen Sie sich doch«, entgegnete Martha. »Soweit ich es beurteilen kann, hat Ihre Frau sicher noch keine Preßwehen, und Ihrer Aufregung zufolge werden Sie vermutlich zum ersten Mal Vater. Wir haben also noch genügend Zeit. Sie bringen Ihre Frau jetzt erst mal in die Gynäkologie hinüber. Schwester Bianca wird Sie in Empfang nehmen, und ich rufe in der Zwischenzeit Dr. Daniel an. In spätestens fünf Minuten wird er zur Stelle sein.«

      Harald atmete auf. Allein der Name des Arztes, von dem ihm bereits so viel Gutes zu Ohren gekommen war, beruhigte ihn ein wenig.

      »Danke«, murmelte er, dann lief er zu seinem Auto, half Melanie beim Aussteigen und führte sie in die Klinik.

      Schwester Bianca kam ihnen entgegen.

      »Keine Angst«, meinte sie lächelnd. »Der Herr Doktor wird gleich hier sein. Inzwischen gehen wir schon mal in den Kreißsaal.«

      Das gedämpfte Licht und das breite Bett weckten Vertrauen in Melanie. Anscheinend hatte Harald recht. Hier wurde das Baby sicher auch sanft auf die Welt geholt – so, wie sie es sich immer gewünscht hatte.

      »Möchten sie ein Nachthemd anziehen oder lieber vorher ein Bad nehmen?« fragte Bianca.

      Melanie zögerte. »Ich glaube, ich ziehe erst mal ein Nachthemd an. Der Doktor wird mich sicher untersuchen wollen.«

      Bianca

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