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ihm.«

      Dr. Daniel lächelte. »Ich glaube, es gibt niemanden, der vor Professor Thiersch keine Angst hat, und dabei schließe ich mich selbst nicht aus, obwohl Angst vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck ist. Ich empfinde großen Respekt vor ihm, und er kann zu mir auch Dinge sagen, die sich ein anderer Arzt sicher nicht herausnehmen dürfte. Doch das nur nebenbei.« Er stand auf. »Gleichgültig, wie Sie es sehen – ich finde nicht, daß jemand von Ihnen die Nerven verloren hat. Wir haben während dieser Operation Hand in Hand gearbeitet, und ohne Ihre tatkräftige Unterstützung wäre es mir nicht gelungen, die Patientin zu retten.«

      *

      Dr. Gerrit Scheibler hatte sich gerade ins Ärztezimmer gesetzt, als die Stationsschwester der Chirurgie, Alexandra Keller, nach kurzem Anklopfen eintrat.

      »Herr Oberarzt, draußen ist eine junge Dame, die Sie sprechen möchte«, erklärte sie. »Ihr Name ist Rabea Gessner.«

      Erstaunt zog Dr. Scheibler die Augenbrauen hoch. »Schicken Sie sie herein, Alexandra.«

      Dann stand er auf, um Rabea entgegenzugehen.

      »Das ist ja Gedankenübertragung«, meinte er, während er der jungen Frau die Hand reichte. »Ich wollte dich heute auch besuchen.«

      »So?« entgegnete Rabea nur, dann ließ sie sich kraftlos auf den Stuhl fallen, der Dr. Scheiblers Schreibtisch gegenüberstand.

      Der junge Oberarzt betrachtete sie genau und stellte fest, daß sie sich seit ihrer letzten Begegnung wirklich sehr verändert hatte. Was Stefan ihm gestern erzählt hatte, schien tatsächlich der Wahrheit zu entsprechen, aber daran hatte er ja ohnehin nicht gezweifelt.

      »Was ist los, Rabea?« wollte Dr. Scheibler wissen, da sich die junge Frau in beharrliches Schweigen hüllte.

      Jetzt seufzte sie tief auf. »Gerrit, ich glaube… ich glaube, ich habe Krebs.«

      Entsetzt starrte Dr. Scheibler sie an. »Wie bitte?«

      Rabea nickte. »Ich habe einen Knoten in der Brust – seit etwa zwei Wochen.«

      »Und warum kommst du dann erst heute zu mir?« Er schüttelte den Kopf. »Meine Güte, du bist doch schließlich eine Ärztin!«

      Sie schluchzte auf. »Ich hatte Angst!«

      Fürsorglich nahm Dr. Scheib-

      ler sie beim Arm. »Komm, Rabea, wir schauen uns das gleich mal

      an.«

      Zusammen gingen sie in die Gynäkologie hinüber und betraten das geräumige Untersuchungszimmer.

      »Ich werde als erstes eine Mammographie vornehmen«, erklärte Dr. Scheibler. »Mach dich bitte frei.«

      Und obwohl er davon ausgehen konnte, daß Rabea sich den Knoten in der Brust bestimmt nicht nur eingebildet hatte, tastete er beide Brüste gewissenhaft ab, dann nickte er.

      »Der Knoten ist deutlich fühlbar, aber das muß nicht zwangsläufig Krebs sein. Auch wenn du erst Assistenzärztin bist, solltest du das wissen.«

      Rabea vergrub das Gesicht in den Händen.

      »Es ist bestimmt Krebs«, schluchzte sie. »Ich fühle es.«

      »Warst du deshalb in letzter Zeit so biestig zu Stefan?« wollte Dr. Scheibler wissen, während er Rabea zu dem Gerät begleitete.

      Ihr Kopf ruckte hoch. »Was heißt biestig? Ich war überhaupt nicht biestig zu ihm. Und außerdem geht dich das nichts an!« Mit einer wütenden Handbewegung warf sie ihr dichtes Haar zurück. »Was fällt Stefan überhaupt ein, mit dir über unsere Beziehung zu tratschen?«

      »Er hat nicht getratscht«, entgegnete Dr. Scheibler ernst. »Der Junge hat unter deiner Veränderung sehr gelitten, aber so etwas merkst du überhaupt nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Sag mal, Rabea, wozu hast du eigentlich einen Freund, wenn du mit ihm nicht über das sprechen willst, was dich belastet. Meine Güte, Stefan wäre der letzte, der für deine Angst kein Verständnis hätte.«

      »Dafür, daß ihr euch noch vor ein paar Monaten beinahe gegenseitig zerfleischt hättet, seid ihr jetzt ja ausgesprochen gut befreundet«, entgegnete Rabea fast ein wenig bissig. »Und nun mach endlich die Mammographie. Ich will mit dir nicht über Stefan reden.«

      »Du verdienst ihn gar nicht«, knurrte Dr. Scheibler, dann ging er daran, Rabeas Brust zu röntgen.

      »Wie lange dauert es, bis du weißt, ob es Krebs ist?« fragte Rabea, während sie ihre Bluse wieder anzog.

      »Die Röntgenaufnahme habe ich bis in zwei Stunden«, antwortete Gerrit. »Du kannst in der Zwischenzeit ins Café hinaufgehen. Sollte die Aufnahme tatsächlich eine Veränderung zeigen, werde ich heute noch eine Biopsie vornehmen. Da habe ich das Ergebnis bis morgen früh, und dann können wir entscheiden, was zu tun ist.«

      Rabea nickte, dann drehte sie sich um und wollte den Raum verlassen, doch Dr. Scheibler hielt sie zurück.

      »Ich habe es dir schon einmal gesagt, Rabea, wenn du Stefan nicht liebst, dann sag es ihm.«

      Sie musterte ihn mit kaltem Blick. »Unsere Beziehung geht dich zwar nichts an, aber du sollst trotzdem wissen, daß ich Stefan liebe. Im Augenblick habe ich aber völlig andere Sorgen.«

      »Sorgen, die du mit deinem Freund teilen solltest«, ergänzte Dr. Scheibler. »Rabea, ich verstehe dich nicht. Die Beziehung, die zwischen uns beiden einmal bestanden hat, war nicht halb so fest wie die zwischen Stefan und dir. Trotzdem wußte ich schon immer mehr über dich und deine Gefühle als er.« Er schwieg einen Moment. »Soll ich ehrlich sein? Ich bin überzeugt davon, daß du ihn nicht liebst.«

      »Du irrst dich«, entgegnete Rabea knapp, dann verließ sie den Untersuchungsraum endgültig.

      *

      Stefan Daniel erwachte am späten Vormittag. Es dauerte eine Weile, bis er sich zurechtfinden konnte, aber dann kehrte die Erinnerung an den vergangenen Abend zurück. Gerrit hatte seinen Bericht geschrieben und sich dann ganz rührend um ihn gekümmert.

      Stefan wandte den Kopf zur Seite und sah die kleine Teekanne, die auf einem Stövchen neben seinem Bett stand. Eine Tasse mit etwas Honig hatte Gerrit ebenfalls bereitgestellt. Langsam richtete sich Stefan auf und goß den noch immer warmen Tee ein, dann probierte er einen Schluck, verzog aber angewidert das Gesicht und schob die Tasse weit von sich.

      »Na, na, nicht so zimperlich«, erklang in diesem Moment Gerrits Stimme von der Tür her. »Ich habe dir gestern schon gesagt, daß du den Tee trinken mußt, auch wenn er dir nicht schmeckt.«

      »Du bist wirklich ein Tyrann«, urteilte Stefan. »Wofür ist dieses ekelhafte Gebräu denn gut?«

      »Das wirst du dann schon sehen. Also komm, junger Mann, austrinken. Wenn er kalt ist, schmeckt er nämlich noch scheußlicher.«

      Stefan seufzte, gehorchte aber.

      »Du bist schlimmer als mein Vater«, hielt er Dr. Scheibler dann vor.

      Gerrit lächelte. »Aber es hat auch durchaus Sinn. Du gefällst mir heute nämlich schon sehr viel besser als gestern. Der Schlaf hat dir gut getan, nicht wahr?«

      Stefan nickte. »Und du wirst es nicht glauben – ich bin schon wieder müde.«

      »Das war beabsichtigt«, meinte Dr. Scheibler. »Also, leg dich hin und schlaf weiter.«

      Damit wollte er das Zimmer verlassen, doch Stefan hielt ihn zurück.

      »Gerrit, hast du mit Rabea schon gesprochen?« fragte er leise.

      Dr. Scheibler zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann schüttelte er den Kopf.

      »Nein, Stefan, es tut mit leid, aber ich hatte noch keine Zeit dazu«, erklärte er und verzieh sich diese Notlüge. Über Rabeas mögliche Krankheit durfte er nicht sprechen, und alles andere mußte sie selbst mit Stefan klären, aber dafür würde er schon noch sorgen.

      *

      Als

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