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wie angewurzelt stehen.

      Leni saß am Wohnzimmertisch vor einer reich gedeckten Tafel, und neben ihr – es war nicht zu fassen – saß die große Isabella Wood!

      »Schön, daß du kommst«, rief Leni vergnügt, »dann kannst du gleich unseren Feriengast kennenlernen. Darf ich bekanntmachen: Isabella Wood, Bettina Fahrenbach, die Chefin von dem Ganzen hier.«

      Isabella reichte Bettina die Hand. Sie war kleiner, als aus den Filmen bekannt, und ihr ungeschminktes Gesicht war auch so sehr schön, wirkte aber sehr verletzlich.

      »Schön, Sie kennenzulernen, Frau Fahrenbach. Leni hat schon viel über Sie erzählt.«

      Leni? dachte Bettina verwundert, und Isabella schien ihre Gedanken erraten zu haben.

      »Ich habe noch niemals einen so herzlichen Menschen wie Leni kennengelernt, und es macht mich stolz, sie beim Vornamen nennen zu dürfen.«

      »Ja, Leni ist wirklich ein ganz besonderer Mensch«, stimmte Bettina zu.

      »Trinkst du Kaffee mit uns? Frühstücken kannst du auch, wenn du magst«, erkundigte Leni sich, die das ausgesprochene Lob ganz verlegen machte.

      »Kaffee wäre die Rettung. Und Frühstück wäre wunderbar. Ich habe eine furchtbare Nacht hinter mir.«

      »Ich kenne solche Nächte«, sagte Isabella. »Doch seit ich hier auf dem Fahrenbach-Hof bin, schlafe ich wie ein Murmeltier. Es ist ein Paradies. Und wenn man es nicht kennengelernt hat, kann man sich nicht vorstellen, daß es ein solches Kleinod überhaupt noch gibt.«

      »Es freut mich, daß es Ihnen bei uns gutgeht, Frau Wood. Es freut mich besonders, daß Sie den Wert erkannt haben, denn die meisten Leute wissen eine solche Idylle doch überhaupt nicht mehr zu schätzen. Sie bevorzugen das Mondäne, Exquisite, wie die Luxushotels in Bad Helmbach.«

      Sie mußte der Schauspielerin ja jetzt nicht erzählen, daß ihre eigenen Geschwister zu dieser Kategorie Mensch gehörten.

      »Aller Luxus kann Gediegenheit, aber auch aufrichtige Menschlichkeit, wie ich sie hier vorgefunden habe, nicht ersetzen. Ich bin von so viel Falschheit umgeben, so vielen Lügen und Unaufrichtigkeiten, daß mir das hier vorkommt wie ein Märchen. Hier kann ich ich selbst sein. Ohne den Tip von Jan wären wir ja niemals darauf gekommen.«

      Bettina setzte ihre Tasse ab.

      »Sie kennen Jan van Dahlen auch?«

      »Ja, sehr gut sogar. Wir haben als Kinder zusammen gespielt.«

      Bettina starrte die schöne Schauspielerin an.

      »Sie sind… Sie kennen Jan schon so lange?«

      »Ja. Und unsere Freundschaft hat gehalten. Aber wir hatten auch viel miteinander zu tun. Mein Vater war Geschäftsführer im Werk der van Dahlens und auch mit Jans Vater befreundet.«

      »Im Werk der van Dahlen?«

      Isabella lachte.

      »Dann hat er Ihnen nichts davon erzählt? Typisch für Jan. Er gibt sich immer nur als kleinen Journalisten aus. Unabhängig davon, daß er in seinem Job wirklich sehr gut ist, hätte er das Arbeiten überhaupt nicht nötig. Er ist mehrfacher Millionär und müßte sein Leben lang nichts mehr tun.«

      Nein, von so etwas hatte Jan nichts gesagt. Aber ihr Verdacht, er könne vielleicht an ihrem Besitz interessiert sein, nicht an ihr selbst, verschwand. Und das machte sie froh.

      Jan van Dahlen war ausschließlich an der Person Bettina interessiert, nicht an der Erbin und nicht, weil sie den Namen Fahrenbach trug.

      Sie liebte zwar Thomas, und daran würde sich niemals etwas ändern. Es war dennoch ein schöner Gedanke, daß es da jemanden gab, der ausschließlich Interesse an Bettina zeigte.

      Vergnügt griff Bettina ein Brötchen und bestrich es dick mit Butter und der köstlichen Himbeermarmelade, die von Leni selbst zubereitet worden war.

      Bald waren die drei Frauen in ein angeregtes Gespräch vertieft, und Bettina wunderte sich immer mehr, daß diese liebenswerte Frau, so ganz ohne Allüren, eine weltberühmte Schauspielerin war.

      Es freute sie, Isabella Wood als Gast zu haben, und ein wenig erinnerte sie sie an Dr. Christina von Orthen, die Frau, die als erstes das Gesindehaus bezogen hatte und die, wie sich später herausgestellt hatte, die letzte, späte Liebe ihres Vaters gewesen war.

      Das ließ Bettina ganz sentimental werden.

      Toni rief sie auf ihrem Handy an. Es war ein neuer Auftrag hereingekommen.

      »Ich werde drüben in der Destillerie gebraucht«, sagte sie und stand auf. »Es hat mich wirklich sehr gefreut, Sie kennengelernt zu haben, Frau Wood.«

      »Nennen Sie mich einfach Isabella«, schlug die Schauspielerin vor. »Und darf ich Sie Bettina nennen?«

      »Gern, Isabella. Wir sehen uns bestimmt noch. Einen schönen Tag wünsche ich noch.«

      Sie winkte Isabella und Leni zu und lief den Hügel zur Firma hinauf.

      Ein neuer Auftrag hörte sich gut an. Und es mußte schon etwas Größeres sein, wegen eines Kleinauftrages rief Toni sie nicht an. So etwas erledigte er allein.

      Auf dem Weg zur Firma mußte sie an Jan denken und welch verschlungene Wege das Schicksal doch ging. Sie mußte Jan kennenlernen, damit Isabella auf ihren Weg kam, und Isabella mußte ihr sagen, daß Jan in Wirklichkeit ein extrem reicher Mann war. Nicht, daß es etwas an ihrem Verhalten zu Jan geändert hätte. Nein, es war einfach nur schön, jemanden wie Jan zu kennen. Und auch Isabella war eine ganz Nette, und es freute Bettina von ganzem Herzen, daß es ihr auf dem Fahrenbach-Hof so gut gefiel.

      Ihr Manager hatte von einer Lebenskrise gesprochen. Sollte die so schnell vorüber gegangen sein? Vermutlich nicht. Isabella war Schauspielerin und in der Lage, jede Rolle zu spielen. Wie es wirklich in ihr aussah, konnte niemand erkennen.

      Im Versand lachten die Packer. Wahrscheinlich hatte einer der Männer einen Witz erzählt. Sie arbeiteten alle sehr gut und entspannt zusammen, und Toni hatte die Männer im Griff.

      Lächelnd eilte Bettina die Treppen hoch und ging in Tonis Büro. Der saß an seinem Schreibtisch und arbeitete an seinem Computer, hörte aber sofort damit auf, als er Bettina sah.

      »Du wirst es nicht glauben. Wir haben für die Brodersen- und Horlitzprodukte einen ansehnlichen Auftrag aus Frankreich bekommen. Hier ist das Fax von Monsieur Humblet.«

      Bettina nahm das Blatt in die Hand.

      »Es ist nicht zu fassen, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Besonders die Spirituosen von Brodersen sind doch eigentlich eher typisch Deutsch. Schon allein wegen der Namen.«

      »Vielleicht macht ja gerade das den besonderen Reiz für die Franzosen aus?« wandte Toni ein. »Doch wie es auch sei, meine liebe Bettina. Wir sind dabei, Frankreich zu erobern. Viva la France…«

      »Monsieur Humblet regt ein persönliches Treffen an. Und das trifft sich eigentlich gut. Letzte Nacht erhielt ich einen Anruf von Jörg. Er hat mich dringend um einen Besuch gebeten. Er hat ziemlichen Krempel…«

      »Und da ruft er dich mitten in der Nacht an? Konnte er nicht bis heute früh warten?«

      »Jörg nicht. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, muß es sofort geschehen. Er war als Kind schon so.«

      »Bettina, zieh Grenzen, die deine Geschwister nicht überschreiten dürfen. Laß dich doch nicht so ausnutzen. Hast du vergessen, was der Professor dir angeraten hat?

      »Nein, natürlich nicht. Aber es sind meine Geschwister. Frieder redet schon überhaupt nicht mehr mit mir. Das will ich bei Jörg gar nicht erst riskieren.«

      »Der ruft doch auch bloß an, wenn er etwas von dir will. Als er sein gigantisches Festival veranstaltet hat, warst du nicht einmal eingeladen.«

      »Wer weiß, wofür es gut war. Ich hätte ihm angesichts des Spektakels Vorwürfe gemacht, und das wollte er eben nicht

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