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war wie gelähmt, dann begann sie am ganzen Körper zu zittern.

      Linde hatte von ihren Ängsten gesprochen. Sie hatte den schwarzen Unglücksvogel von ihrem Hochzeitstag erwähnt, und jetzt war die Kerze ausgegangen.

      War das ein böses Omen?

      Es kostete Bettina einige Überwindung aufzustehen, zu der erloschenen Kerze zu gehen. Sie wollte sie einfach wieder anzünden.

      Als sie davor stand, bemerkte sie, daß diese Kerze fast keinen Docht hatte. Das bißchen Docht, das dagewesen war, war heruntergebrannt und hatte die Kerze zum Verlöschen gebracht.

      Es war kein schlechtes Vorzeichen, kein Hinweis auf nahendes Böses.

      Nein, es war nur schlampige Arbeit des Kerzenherstellers, mehr nicht.

      Unendliche Erleichterung machte sich in Bettina breit, nachdem sie das festgestellt hatte.

      Dennoch – einem Impuls folgend holte sie alle Kerzen hervor, die noch da waren und zündete sie an.

      Mit Licht konnte man die Dunkelheit vertreiben. Auch wenn das ein Aberglaube war, wollte sie jetzt einfach daran glauben.

      Nachdem alle Kerzen brannten, setzte sie sich wieder hin und sah in das helle Licht.

      Sie würde wieder Kerzen mitbringen, wie sie und alle Fahrenbacher es taten, wenn sie herkamen. Die kleine Kapelle war kein Kirchenbesitz, sondern einer ihrer Vorfahren hatte sie erbaut. Die Fahrenbachs sorgten seit Generationen für deren Erhalt, aber die Leute aus dem Dorf schmückten sie. Und hier wurde auch geheiratet, und man taufte seine Kinder in dieser anheimelnden Kapelle.

      Auch Linde und Martin hatten hier geheiratet, und hier würden sie auch ihre Kinder taufen lassen.

      Und sie, Bettina, sollte Patentante werden.

      Das mußte sie unbedingt Thomas erzählen. Und Leni, Arno und Toni würden Augen machen.

      Aber nein. Auch wenn ihr das Herz überlief, durfte sie es nicht erzählen. Das mußte Linde machen als künftige Mutter, da durfte sie nicht vorgreifen.

      Bettina stand auf, blickte noch einmal in die gleichmäßig brennenden Kerzen und dann hinauf zu dem mit Perlmutt verzierten Kreuz.

      In Gedanken wiederholte sie das vorhin gesprochene Gebet, dann verließ sie die Kapelle.

      Es hatte heftig angefangen zu regnen, und Bettina beeilte sich, schnell in ihr Auto zu kommen, das sie unterhalb der Kapelle auf einer kleinen kiesbestreuten Parkbucht abgestellt hatte.

      Normalerweise fuhr man nicht hinaus. Das taten nur gehbehinderte Menschen. Es war schöner, den Weg hinauf zu laufen. Aber sie hatte es eilig gehabt, und es war ja auch gut so gewesen, sonst wäre sie pitschnaß geworden.

      *

      Der Aufenthalt in der Kapelle hatte sie beruhigt, und all ihre trüben Gedanken waren dahin, als sie den Hügel hinauffuhr.

      Schon von weitem entdeckte sie die fünf Autos, die neben den Fahrzeugen von Arno und Toni auf dem hofeigenen Parkplatz standen.

      Die Autos mußten gerade erst angekommen sein, denn es war niemand zu sehen.

      Was hatte das zu bedeuten?

      Waren es Reporter, die auf irgendeine Weise ausfindig gemacht hatten, daß Isabella Wood sich auf dem Hof befand?

      Aber selbst wenn, sie durften den Hof ja nicht betreten, denn das wäre Hausfriedensbruch.

      Gäste erwarteten sie nicht, denn Isabella hatte ja für zwei Monate gebucht.

      Vertreter kamen so gut wie gar nicht, denn sie scheuten die lange Auffahrt, die ja auch Privatbesitz war und wo Fremde meist nicht wußten, ob sie diese Straße benutzen durften oder nicht.

      Und Interessenten für die Appartements kamen doch nicht mit fünf Autos.

      Es mußten Klatschreporter sein.

      Na, denen würde sie aber etwas sagen.

      Noch ehe Bettina den Parkplatz erreicht hatte, bemerkte sie, daß sich fast gleichzeitig die Autotüren öffneten und Männer ausstiegen.

      Na, die konnten gleich wieder einsteigen.

      Bettina fuhr etwas schneller, parkte direkt neben den Autos und stieg aus.

      »Können Sie mir bitte sagen, was Sie hier wollen? Das ist Privatbesitz, auch der Parkplatz.«

      Einer der Männer wandte sich ihr zu.

      »Wer sind Sie? Frau Bettina Fahrenbach?« erkundigte er sich.

      »Ganz recht, und verraten Sie mir, mit wem ich die Ehre habe?«

      Jetzt mußten sich die Journalisten zu erkennen geben, und dann konnten sie wieder in ihre Autos einsteigen.

      Aber warum waren so viele gekommen?

      »Steuerfahndung«, sagte der Mann und hielt ihr irgend etwas vor das Gesicht. »Wir haben die Erlaubnis, Ihr Anwesen zu durchsuchen, sowohl Ihre Geschäfts- als auch Ihre Privaträume.«

      Bettina glaubte, in einem schlechten Film mitzuspielen. Das konnte nur ein schlechter Witz sein, aber es war nicht der erste April.

      »Das muß ein Irrtum sein«, ächzte sie. Aber ihr hörte schon niemand mehr zu.

      Die Männer hatten es eilig, auf den Hof zu kommen.

Schöne Perlen – feuchte Tränen

      Bettina glaubte, nicht mehr atmen zu können, ersticken zu müssen.

      Sie kam sich vor wie ein Fisch im Trockenen.

      Doch dieser Zustand der Atemlosigkeit, der Erstarrung hielt glücklicherweise nicht lange an.

      Steuerfahndung!

      Allein dieses Wort reichte aus, sie sofort wieder klar bei Verstand sein zu lassen.

      Steuerfahndung!

      Und das bei ihr, bei den Fahrenbachs, die sich niemals etwas zuschulden hatten kommen lassen.

      Ihr Vater wäre eher gestorben, als eine Unredlichkeit zu begehen. Und sie war nicht anders.

      Wenn jemand oder derjenige, der das veranlasst hatte, vorher gründlich recherchiert hätte, wäre es unmöglich gewesen, Leute auszuschicken, die bei ihr alles gründlich durchwühlen sollten.

      Bettina griff nach ihrem Handy und wählte die Nummer ihres Steuerberaters.

      »Herrn Fischer, bitte«, sagte sie, nachdem sie sich gemeldet hatte, »es ist sehr eilig.«

      Sie wurde sofort durchgestellt.

      »Hallo, Bettina, schön, von Ihnen zu hören. Wie geht es Ihnen?«

      »Nicht so gut, Herr Fischer. Bei mir sind gerade Herren von der Steuerfahndung angekommen.«

      Er glaubte, sich verhört zu haben.

      »Bitte? Was sagen Sie da?«

      »Sie haben schon richtig gehört, Herr Fischer.«

      »Bettina, bleiben Sie ganz ruhig. Ich komme sofort. Sagen Sie nichts, überlassen Sie das alles mir. Das ist ja ungeheuerlich.«

      Sie wechselten noch ein paar Worte, er gab ihr Instruktionen, wie sie sich verhalten sollte, dann legte er auf.

      Bettina war erleichtert.

      Sie hätte die Durchsuchung oder was immer auch veranstaltet wurde, auch allein überstanden, weil sie wusste, dass sie sich nichts hatte zuschulden kommen lassen. Aber die Anwesenheit ihres Steuerberaters war ihr lieber, der wusste bestimmt, wie man sich in einer solchen Situation verhalten musste.

      Sie ging auf den Hof, wo die Männer unschlüssig herumstanden.

      »Mein Steuerberater wird kommen, wenn Sie vorher anfangen möchten. Hier

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