Скачать книгу

der Erwarteten möge vorsprechen Armész Ferumér, Waffenhändler und Gildenmeister der Schmiedekünstler.«

      Ein ungemein fetter, schwarzbärtiger Mann trat vor, in kostbare Gewänder gekleidet und nach Tradition der wohlhabenden Bürger von Nardéz einen breiten, kunstvoll verzierten Gürtel um den gewaltigen Bauch tragend, der dermaßen mit Juwelen und anderem Zierrat überwuchert war, dass es unmöglich war, das Leder darunter zu erkennen. Sein Haar und sein Bart glänzten, als wären sie mit kostbaren Ölen behandelt worden, und an den Spitzen hatte er goldene Spangen eingeflochten. Mit großem Getue verbeugte er sich vor Kirin und spreizte dabei geziert seine Finger ab, sodass man jeden einzelnen seiner mit protzigen Steinen besetzten Ringe sehen konnte.

      »Eure Exzellenz«, begann er mit einer nasalen Säuselstimme, die Kirin ein Schaudern verursachte, »welch unermessliche Ehre, dem Sprössling des großen Hauses Phalaér leibhaftig gegenüber zu stehen. Euer Vater gab dem einfachen Volk nur selten Gelegenheit, sich im Glanz seiner Anwesenheit zu sonnen, und am allerwenigsten einem verarmten kleinen Kaufmann wie mir. Doch Seine Exzellenz wusste um die Qualität guten Stahls und auch, wo es ihn zu kaufen gab, und seine Händler gingen oft bei mir ein und aus. Lasst mich in tiefster Demut die Hoffnung ausdrücken, dass auch Eure Exzellenz sich zu gegebener Zeit mit Wohlwollen mein Sortiment ansehen wird.«

      Der Mann schielte unter seinen fein gestutzten Augenbrauen zu Kirin hoch, und dieser musste unwillkürlich an eine Kröte denken, kurz bevor sie mit ihrer schleimigen Zunge eine Fliege einfängt.

      »Das werde ich sicher, Herr Ferumér, auch wenn ich hoffe, dass dieses Land nicht mehr allzu oft auf die Dienste Eurer Zunft angewiesen sein wird.«

      »Gewiss, Exzellenz, das hoffen wir alle.« Erneut diese lächerliche Verbeugung. »Einen Mann des Friedens auf dem Thron zu wissen, ist für einen einfachen, friedliebenden Kaufmann wie mich eine beruhigende Gewissheit, denn sie lässt mich in der Nacht ruhig und mit unverschlossenen Türen schlafen.«

      ›Ganz bestimmt‹, dachte Kirin bei sich, ›denn wenn er keine Waffen mehr verkaufen kann, hat er auch kein Gold mehr zu Hause, das er mit seinen Schlössern schützen muss.‹

      »War die Bestätigung dieser Hoffnung alles, was Ihr von Eurer Audienz erhofft habt, oder kann ich sonst noch etwas für Euch tun, Gildenmeister?«

      Hätte Kirin die Wahl gehabt, hätte er diese Worte nicht gesprochen, vor allem nicht, als er das Lächeln sah, das sich als Antwort darauf auf Armész Ferumérs Gesicht ausbreitete.

      »Nun, da wäre in der Tat noch eine Kleinigkeit, Exzellenz. Ein winziges Problem freilich, von dem ich gehofft hatte, dass Exzellenz mir bei der Beilegung helfen würden.«

      »Ein Problem?« Kirins Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was für ein Problem?«

      Der fette Mann winkte nachlässig mit der Hand, woraufhin zwei in orange Togen gekleidete Sklaven nach vorne geeilt kamen, der eine davon mehrere Schriftrollen tragend, der andere eine kleine Truhe. Auf Ferumérs Zeichen hin öffnete der zweite Sklave die Truhe und kippte ihren Inhalt auf den Boden; klirrend fielen einige verdrehte, geschmolzene Metallstücke heraus und verstreuten sich auf dem dunklen Marmor.

      »Was ist das?«, wollte Kirin wissen; aus den Augenwinkeln sah er, wie Aderuz‹ Gesicht sich verfinsterte.

      »Das, Eure Exzellenz, ist ein symbolisches Bild dessen, was mit dem Großteil meines Waffenbestandes passiert ist, nachdem Eure Exzellenz mit der ostländischen Armee hier in der Stadt eingefallen ist. Die senoischen Abgesandten, die Euer Vater wohlweislich in meiner Obhut unterbrachte, entpuppten sich wie bereits bekannt als Eure Verbündeten und zögerten nicht, mein Lager in Brand zu stecken, ehe ich oder eine meiner Wachen reagieren konnte. Das strategische Genie Eurer Exzellenz in allen Ehren, stehe ich nun da ohne Stahl, ohne Waffen, ohne meinen Broterwerb. Gewiss ist Eure Exzellenz weit klüger als ich und kann mir daher vielleicht die Frage beantworten, wie ein armer alter Mann wie ich unter diesen Umständen für seinen Lebensunterhalt sorgen soll?«

      ›Indem Ihr als erstes Eure idiotischen Ringe und Glitzersteinchen verkauft‹, sah Kirin sich versucht zu sagen, hielt aber im letzten Augenblick seine Zunge im Zaum. Armész Ferumér machte auf ihn alles andere als den Eindruck eines Mannes, der in Kürze am Hungertuch nagen musste, aber wenn er bereits in seiner ersten öffentlichen Audienz den Fehler machte, einflussreiche Persönlichkeiten zu beleidigen, indem er ihre Anliegen lächerlich machte, würde er sich damit keinen Gefallen tun.

      Er räusperte sich. »Euer Verlust ist sehr bedauerlich, aber sicher werdet Ihr begreifen, dass er ein notwendiges Opfer war, um den Frieden zu gewinnen, an dem Euch Euren eigenen Worten zufolge so viel gelegen ist.«

      Der Waffenhändler legte die Finger aneinander, wobei die Steine an seinen Fingern erneut aufblitzten, »Gewiss, Exzellenz. Aber seht, in Zeiten des Friedens blüht für gewöhnlich der Handel. Doch womit soll ich handeln, wenn doch Eure Freunde alles, was ich zu diesem Zwecke besaß, zerstört haben? Soll mir denn abgesehen von der Freude, mich an der Herrlichkeit Eurer Gegenwart zu weiden, nicht auch das Glück vergönnt sein, an dem vielversprechenden Los teilzuhaben, das Ihr in Eurer Größe und Güte für uns als Euer ergebenes und liebendes Volk vorgesehen hattet?«

      Kirin tauschte mit Aderuz einen Blick. Der Heiler trat einen Schritt vor und musterte Ferumér intensiv. »Auf wie viel belaufen sich Eure Forderungen, Gildenmeister?«

      Als ob er nichts anderes erwartet hätte, zitierte Armész Ferumér mit einem Fingerschnippen den anderen Sklaven herbei, aus dessen Armvoll Pergament er scheinbar wahllos eine Rolle herauspickte. »Ich habe mir erlaubt, hier eine Auflistung all meiner Verluste zu erstellen. Der Heiler Seiner Exzellenz mag diese prüfen und mit meinen Ankauf- und Verkaufslisten abgleichen, um ihren Wahrheitsgehalt nachzuweisen.«

      Aderuz nahm dem Waffenhändler die Liste ab und warf einen kurzen Blick darauf. Kirin konnte sehen, wie sich seine Augen weiteten.

      »Einhunderttausend Goldstücke? Seid Ihr des Wahnsinns, Ferumér?«

      Der Waffenmeister lächelte still sein selbstzufriedenes Lächeln. »Wie Ihr wisst, Meister Aderuz, bin und war ich stets der begehrteste und gefragteste Lieferant meines Berufsstandes. Bis weit über die Landesgrenzen hinaus geht die Kunde über die Qualität meiner Waffen – selbst die Klingen der hohen Generäle sind durch meine Schmieden gegangen. Hervorragende Ware verlangt eben einen hohen Preis.«

      »Und diesen Preis«, sagte Kirin, der Aderuz die Rolle aus der Hand genommen und sie selbst überflogen hatte, »soll ich bezahlen, ist es das, was Ihr sagen wollt, Waffenhändler?«

      Armész Ferumér faltete die Hände vor seinem dicken Bauch; mit einem Mal war sein schmieriges Gehabe wie weggewischt. »Exzellenz, Ihr wart es, der den Angriff auf diese schöne Stadt geführt hat. Auf Euer Geheiß hin sind die seeräuberischen Barbaren in mein Haus und meine Werkstätten eingedrungen und haben meine Lebensgrundlage zerstört. Es ist nur recht und billig, wenn ich von Euch Genugtuung fordere. Habe ich Euch nicht selbst am Tag Eurer Krönung sagen hören, dass Ihr Wohlstand und Friede in Aracanon mehren wolltet? Und jetzt sehe ich Euch vor mir, nicht willens, eine kleine Wiedergutmachung zu leisten, die für den reichsten Thron der Welt doch kaum mehr als ein Brotkrümelchen sein kann? Ich muss gestehen, Exzellenz, Exzellenz überraschen mich.« Und damit verbeugte er sich tief.

      Kirin starrte mit brodelndem Herzen auf den öligen Hinterkopf. Zwei Herzschläge lang herrschte Totenstille, dann sagte er: »Wir werden Euren Antrag überdenken, Gildenmeister, und Euch in Kürze unsere Antwort wissen lassen.«

      Der dicke Mann richtete sich auf, ein schiefes Lächeln unter dem Vollbart. »Exzellenz scheinen noch immer unentschlossen. Das bedrückt mein altes Herz, aber ich bin sicher, mit der Zeit wird Exzellenz in sein Amt hineinwachsen und sich seinen Pflichten mit der gebührenden Entschlossenheit widmen.«

      »Ihr habt den Entschluss des Großfürsten gehört, Herr Ferumér«, erklärte Aderuz höflich, aber bestimmt. »Erwartet einen Boten, der Euch eine endgültige Antwort überbringen wird.«

      Erneut verbeugte sich Armész Ferumér. Ohne aufzublicken, nahm er rückwärtsgehend seinen Platz in der Menge wieder ein, wobei er laut zum Boden hin sprach: »Ich schließe

Скачать книгу