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mit der Frau umgekippt.

       »Das war’s dann wohl, Conny. Du legst uns keine Steine mehr im Weg. Du wirst uns nicht mehr behindern bei unserem Projekt.« Vindicta berührte die Frau mit dem Fuß und rüttelte den Körper. Als sie keine Reaktion spürte, trank sie das Glas leer und machte sich mit einem zufriedenen Lächeln auf den langen Fußweg durch den Wald, den sie für diese Aufgabe ausgewählt hatte.

      Als ich nach Hause komme, finde ich Herrn Schwapp.de-Denker auf meinem Anrufbeantworter. Er wundert sich, weil ich lange nichts mehr ins Forum gepostet habe.

      Typisch Sesselfurzer ohne Arbeitslosenerfahrung. Ich war sechs Stunden auf Sitze im Looser-Bunker! Aber nett ist es, dass er angerufen hat.

      Ich höre mir seine Stimme zweimal an, ein bisschen sexy klingt sie. Das kann nur eine Expertin bestätigen. Meine Freundin Ulrike. Sie muss sofort kommen.

      »Hey Ulrike«, schon als ich ihre Stimme am Telefon höre, merke ich, dass ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt anrufe.

      »Hey, Kerstin«, knirscht sie, »melde mich!« Ehe sie auflegt, höre ich ein leises Stöhnen im Hintergrund. Sie wird doch nicht mitten am Nachmittag?

      Motiviert durch das Telefonat mit Ulrike rufe ich Karsten Denker zurück. Besser ein leicht sexy klingender Schwapp.de-Mitarbeiter als kein Mann.

      »Kerstin Junker.« Ich bemühe mich, meine Stimme ein bisschen rauchig klingen zu lassen, das mögen Männer angeblich. »Ich hätte gerne Herrn Denker gesprochen.«

      Nicht einmal eine eigene Telefonnummer hat der Typ. Vielleicht sollte ich besser die Finger von ihm lassen.

      Schon bei dem Gedanken an die Finger eines Mannes, werde ich nervös. Dabei ist es erst sechs Wochen her, dass Johannes ausgezogen ist. Dieser Macho, der allen Ernstes erwartet hat, dass ich seine Socken vor der Wäsche auseinanderziehe. Igitt!

      »Petra Langner, guten Tag! Herr Denker ist nicht da, kann ich ihm etwas ausrichten.« Die Frauenstimme hört sich auch sexy an. Was soll das? Stehe ich in Wirklichkeit auf Frauen? Oder hat Schwapp.de einen Filter, der alle Stimmen erotisch klingen lässt? Bin ich überhaupt bei Schwapp.de gelandet mit meinem Anruf? Das Weib hat sich nur mit Namen gemeldet. Hat Karsten Denker mir seine Privatnummer hinterlassen und ich habe seine Frau am Apparat?

      »Ich versuche es später. Auf Wiederhören.« Hoffentlich ist es mir gelungen, nicht mehr so verführerisch, sondern geschäftlich zu klingen.

      Warum muss so etwas immer mir passieren? Kann man eigentlich jemanden fernmündlich umbringen?

      Für den Eisberg käme das nicht in Frage, den will ich leiden sehen. Wie der mich angestrahlt hat, als er mir die Kündigungsnachricht gebracht hat. Als würde er mir das große Los überreichen. Zum Kotzen.

      Ich springe auf und rase ins Bad.

      Zum Glück steht der Toilettendeckel auf, dabei habe ich Johannes hundert Mal gesagt, er soll den Deckel schließen. Er hat immer behauptet, er würde ihn herunterklappen.

      Ich spüle den Eisberg in Gedanken mit meinem Frühstück in die unterirdischen Abflusskanäle.

      Ha, da stinkt es so richtig eklig. Wer weiß, vielleicht sind ätzende Flüssigkeiten in den Kanälen, die dem Eisberg die Haut wegfressen. Aber wie bekomme ich ihn in den Abfluss?

      In Gedanken sehe ich ihn vor mir, wie er eine Straße überquert. Irgendjemand hat den Gullideckel entfernt. Ich könnte die blonde Tussi aus dem Arbeitsamt bitten, in ihrem Mini auf der anderen Straßenseite zu stehen.

      Es wird Zeit, dass ich das Ganze systematisch angehe.

      Schön, dass ich meine große Pinnwand habe.

      Ich nehme einen Streifen Papier und schreibe mit einem dicken Stift darauf: »Tod des Eisbergs«. Den Zettel hefte ich mit einem passenden Magneten, einer Katze, die eine Maus zerfleischt, über die rechte Hälfte der Pinnwand.

      Darunter werde ich meine Mordideen sammeln.

      Als ich die Zettel, die dort angebracht sind, auf die andere Seite hefte, fällt mein Blick auf die Karte »Passfoto«.

      Ich werde mich zuerst um meine Bewerbungsunterlagen kümmern. Der Eisberg läuft mir nicht weg.

      Schade, dass er nicht im Rollstuhl sitzt, dann könnte ich ihn eine Klippe hinunterstürzen. Ich wüsste zwar nicht, wie ich ihn an das dreihundert Kilometer entfernte Meer bekäme, aber da würde mir sicher etwas einfallen.

      Ich drücke wieder einmal auf den Startknopf für den Song Du schaffst es.

       5 - Ein Unfall zu viel

       Für diesen Job hatte Vindicta sich einen Smart geliehen. Sie wollte genau sehen, was passierte und nun saß sie hinter dem Steuer und genoss die Aussicht.

       Sie hatte sich direkt vor dem Gebäude postiert, aus dem der Mann kommen würde. Als letzter wie jeden Abend. Als wollte das Schicksal Vindicta damit ein Zeichen geben.

       Die schwere Holztür ging auf und da stand er. Zündete sich wie jeden Abend eine Zigarette an, die glühte, noch ehe die Tür wieder ins Schloss fiel.

       Eine solche Zigarette hatte vier Menschenleben gekostet. Weil das Feuerzeug im Auto nicht funktionierte und er sich mehr um den Anzünder gekümmert hatte, als um die anderen Fahrzeuge.

       Vindicta gab sich mit einem Menschenleben als Ausgleich zufrieden.

       Der Mann ging die drei Treppenstufen hinunter und setzte den ersten Fuß auf die Straße. Vindicta startete den Motor und freute sich darüber, dass er so leise lief.

       Als der Mann mitten auf der Straße angekommen war, gab Vindicta Gas. Sie sah, wie der Mann näher kam, wie er sie anschaute und dann nicht mehr zu sehen war.

       Hastig drehte Vindicta sich um. Der Mann lag reglos auf der Straße. Weit und breit war niemand. Die Straßenlampen waren fast alle ausgeschaltet, weil die Stadt sparen musste. Sie fuhr an den Straßenrand und stieg aus dem Wagen, während der Motor leise weiterlief.

       Mit ein paar Schritten hatte sie den Mann erreicht. Schon von weitem konnte sie sehen, dass er sich nicht mehr rührte, nicht den schwächsten Atemzug von sich gab. Rasch lief sie zum Auto, froh über die städtischen Sparmaßnahmen, die für das große Dunkel sorgten. Sie fuhr ein paar Straßen weiter, ehe sie aus ihrer Tasche auf dem Beifahrersitz ein Champagnerglas und eine Flasche Champagner hervorkramte.

      Es wird langsam hell. Ich sitze in meinem Arbeitszimmer auf dem Boden. Um mich herum liegen alle Fotos, die es von mir aus den letzten Jahren gibt.

      Schickt man heutzutage noch Passfotos mit den Bewerbungsunterlagen. Auf Ganzkörperfotos komme ich viel besser rüber.

      Dieses Foto, das Johannes kurz vor unserer Trennung von mir gemacht hat. Aus der Froschperspektive. Mit dem kurzen Rock und den schwarzen Strümpfen wirken meine langen Beine richtig schön.

      Nicht, dass sie wirklich lang wären, ich bin nur 1,69 Meter groß. Im Ausweis steht 1,76, irgendwer muss wohl die Meter mit dem Geburtsjahr verwechselt haben.

      In Schuhen mit Absätzen, wie ich sie auf dem Foto trage, stimmt nicht einmal diese Größe.

      Durch die Froschperspektive ist mein Bauch nicht so deutlich erkennbar, vermutlich, weil ich meinen Busen in einen Push-up-BH gezwängt habe und mir ein weit ausgeschnittenes T-Shirt von Ulrike geliehen hatte, die zwei Kleidergrößen kleiner ist als ich.

      Um die Hüfte habe ich einen breiten Gürtel geschlungen.

      Keine Ahnung, wem der gehört, vielleicht auch Caroline?

      Ich lasse das Foto in der engeren Wahl, die anderen gefallen mir alle nicht.

      Auf dem Ackergaul meiner Tante sehe ich aus wie eine Bäuerin, das sichtbare Bein schwabbelt am Pferd herunter. Ich sitze zusammengesunken

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