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Sa­mu­rai un­ge­dul­dig.

      Ver­wun­dert über so viel An­teil­nah­me an ei­nem ein­fa­chen Sol­da­ten sah ich ihm und dem Dai­myo in die Au­gen. Sie schie­nen bei­de sehr be­sorgt um das Le­ben die­ses Man­nes zu sein, und ich kam ih­rem Wunsch nach:

      ›Er ist ein tap­fe­rer Mann und ob­wohl er so schwer ver­letzt ist, dass er sich nicht auf­rich­ten konn­te, blick­te ich erst ein­mal in sein Schwert. Ich den­ke, bei gu­ter Pfle­ge, und wir ha­ben im Klos­ter sehr gute Wund­hei­ler, wird er wie­der völ­lig ge­ne­sen. Es wird zwar et­was dau­ern, doch er wird sei­nen Dienst bei Ih­nen wie­der auf­neh­men kön­nen.‹

      Der Sa­mu­rai be­eil­te sich, das Ge­hör­te sei­nem Fürs­ten zu über­set­zen, und die­ser schi­en sicht­lich er­leich­tert. Wie­der ver­neig­te er sich vor mir und rich­te­te ei­ni­ge Wor­te an mich. Mit ei­nem freund­li­chen Lä­cheln über­setz­te sie sein Ge­folgs­mann:

      ›Der Fürst ist Ih­nen nun noch mehr ver­pflich­tet, denn es ist sein Sohn, den Sie da ge­fun­den ha­ben. Er ist Ih­nen auch sehr dank­bar, dass gleich ei­ner Ih­rer Freun­de bei ihm ge­blie­ben ist, um ihn zu pfle­gen.‹

      Ich war sehr er­staunt. Die­ser jun­ge Mann hat­te nicht den Ein­druck ei­ner hö­her­ge­stell­ten Per­son er­weckt. Er war im­mer mit den ein­fa­chen Sol­da­ten un­ter­wegs und im Klos­ter auch so un­ter­ge­bracht ge­we­sen. Sein Auf­tre­ten und sei­ne Be­hand­lung durch die an­de­ren hat­ten im­mer auf einen un­ter­ge­ord­ne­ten Sol­da­ten hin­ge­deu­tet. Der Grund da­für in­ter­es­sier­te mich sehr, und ich woll­te mich schon da­nach er­kun­di­gen. Doch ir­gend­wie hat­te ich das Ge­fühl, dass das jetzt nicht an­ge­bracht wäre. Des­halb beließ ich es vor­erst da­bei und sag­te in der Hoff­nung, spä­ter mehr zu er­fah­ren:

      ›Es gibt kei­nen Grund für be­son­de­re Dank­bar­keit, denn wie ich schon sag­te, je­der, der in Not ist, kann auf un­se­re Hil­fe zäh­len.‹

      Die bei­den ver­neig­ten sich noch ein­mal ach­tungs­voll vor uns, und dann be­ga­ben wir uns zu den Ver­wun­de­ten. Chen Shi Mal war schon bei ih­nen und schau­te sich die Ver­let­zun­gen der Über­le­ben­den an. Au­ßer dem Dai­myo und dem Sa­mu­rai, der als Über­set­zer auf­trat, hat­ten nur noch zwei mit re­la­tiv ge­ring­fü­gi­gen Ver­let­zun­gen über­lebt. Die­se be­durf­ten un­se­rer Hil­fe nicht, und wir küm­mer­ten uns um die fünf Schwer­ver­letz­ten, die et­was wei­ter hin­ten in der Sei­ten­schlucht la­gen.

      Sie hat­ten un­ter­schied­li­che, aber teil­wei­se sehr tie­fe und ge­fähr­li­che Wun­den da­von­ge­tra­gen. Eine Ge­mein­sam­keit ver­band sie aber alle. Sie hat­ten sehr viel Blut ver­lo­ren und wa­ren sehr schwach.

      Vor­sich­tig tru­gen wir sie in das wei­te Tal und rich­te­ten dort ein pro­vi­so­ri­sches La­ger ein. Wir ver­sorg­ten die Ver­let­zun­gen, so gut das un­ter den der­zei­ti­gen Be­din­gun­gen mög­lich war, ka­men dann aber über­ein, dass wir Hil­fe be­nö­ti­gen wür­den. Des­halb be­rie­ten wir, wie das ge­sche­hen soll­te.

      ›Es muss je­mand zu­rück nach Shao­lin und Hil­fe ho­len, denn ins Klos­ter kön­nen wir die Ver­letz­ten nicht trans­por­tie­ren. Zum einen sind wir zu we­ni­ge dazu, und zum an­de­ren wür­den das ei­ni­ge nicht über­le­ben.‹

      ›Da stimm ich dir zu, Chen Shi Mal!‹, ant­wor­te­te ich. ›Ich bin der Schnells­te von uns, viel­leicht wäre es am bes­ten, ich wür­de mich gleich auf den Weg ma­chen. Wenn ich kei­ne Pau­se ein­le­ge, könn­te ich mor­gen Vor­mit­tag mit Hil­fe wie­der zu­rück sein.‹

      Wang Lee mach­te ein be­denk­li­ches Ge­sicht und warf ein:

      ›Ich weiß nicht?! Habt Ihr euch die to­ten An­grei­fer ein­mal ge­nau­er an­ge­schaut? Ich hat­te den Ein­druck, ei­ni­ge die­ser Ge­sich­ter schon ein­mal ge­se­hen zu ha­ben, und zwar im Klos­ter.‹

      ›Stimmt, wenn ich mich nicht irre, ge­hör­te zu­min­dest ei­ner zu der Grup­pe, die mit Mao Lu Peng vom Kai­ser­hof zu­rück­kam. Ich hab die­se Män­ner aber nur kurz ge­se­hen, und ich kann mich auch täu­schen. Es gibt mitt­ler­wei­le so vie­le, die zu Kämp­fern aus­ge­bil­det wer­den, aber kei­ne Mön­che sind, dass man sich nicht mehr je­des Ge­sicht mer­ken kann‹, er­wi­der­te Chen Shi Mal.

      Wang Lee nick­te be­stä­ti­gend.

      ›Und ge­nau aus die­sem Grund ist es viel­leicht nicht so gut, wenn Xu Shen Po noch ein­mal im Klos­ter auf­taucht. Alle den­ken, er hat es für im­mer ver­las­sen, und wenn Mao Lu Peng in die Sa­che ver­wi­ckelt sein soll­te, müs­sen wir ihn nicht dar­auf auf­merk­sam ma­chen, dass es viel­leicht nicht so lief, wie er es sich ge­wünscht hat.‹

      Er­staunt sah ich ihn an.

      ›Wie kommst du denn dar­auf? Ich dach­te, das wä­ren Ban­di­ten ge­we­sen.‹

      ›Ich kann es dir nicht er­klä­ren! Doch ich habe ein un­gu­tes Ge­fühl bei der Sa­che, und wir müs­sen doch kein Ri­si­ko ein­ge­hen! Wenn Chen Shi Mal oder ich wie­der im Klos­ter auf­tau­chen, er­weckt das kei­nen Ver­dacht, und wir kön­nen ein paar we­ni­ge ver­trau­ens­wür­di­ge Leu­te mit­brin­gen. An­sons­ten soll­ten wir aber erst ein­mal Still­schwei­gen über die Vor­gän­ge von hier wah­ren.‹

      Nach­denk­lich schau­te ich von ei­nem zum an­de­ren.

      ›Na ja. Wenn ihr denkt. Aber viel­leicht wäre es gut, wenn ihr zu­sam­men los­geht und ei­ner von euch dann mit Liu Shi Meng den ver­letz­ten Sohn des Fürs­ten hier­her bringt. Viel­leicht könnt ihr euch eine Tra­ge bau­en und ihn her­tra­gen. Ich bleib erst mal hier und küm­me­re mich so lan­ge um die an­de­ren Ver­letz­ten.‹

      Die bei­den stimm­ten zu und bra­chen so­fort auf. An­schlie­ßend er­klär­te ich den Ja­pa­nern, was wir be­schlos­sen hat­ten.

      Da der Dai­myo und sein Ge­folgs­mann mit der Pfle­ge der Ver­wun­de­ten nicht viel im Sinn hat­ten, war ich auf mich al­lein ge­stellt. Wäh­rend ich ver­such­te, al­les Wis­sen, das ich in die­ser Be­zie­hung von den Mön­chen er­hal­ten hat­te, aus mei­nem Ge­dächt­nis her­vor­zu­kra­men, mach­ten sich der Dai­myo mit sei­nen noch ak­ti­ons­fä­hi­gen Män­nern auf, um die Pfer­de wie­der ein­zu­fan­gen. Auch ihre ver­streut he­r­um­lie­gen­den Sa­chen sam­mel­ten sie wie­der ein.

      Bald brach­ten sie mir ei­ni­ge Nah­rungs­mit­tel und Klei­dungs­stücke, aus de­nen ich Stoff­strei­fen zum Ver­bin­den mach­te. So ge­lang es mir, die Ver­wun­de­ten not­dürf­tig zu ver­sor­gen.

      Als das letz­te Ta­ges­licht schon fast ge­schwun­den war, ka­men Wang Lee und Liu Shi Meng mit dem ver­letz­ten Sohn des Fürs­ten in un­se­rem La­ger an. Ich hat­te er­war­tet, dass der Dai­myo sich gleich um sei­nen Sohn küm­mern wür­de, doch er warf nur einen kur­zen Blick auf die­sen und be­ach­te­te ihn dann nicht wei­ter.

      Das konn­te ich über­haupt nicht ver­ste­hen, und in ei­nem güns­ti­gen Au­gen­blick er­kun­dig­te ich mich bei dem chi­ne­sisch spre­chen­den Sa­mu­rai nach dem Grund die­ses Ver­hal­tens.

      ›Ge­stat­ten Sie eine Fra­ge?‹

      ›Na­tür­lich, warum denn nicht!?‹

      ›Nun, ich kann ei­ni­ges nicht ver­ste­hen, habe aber das Ge­fühl, dass es ein Ta­bu­the­ma ist.‹

      ›Wir wer­den se­hen!‹

      ›Als ich Ih­nen er­zähl­te,

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