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Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738074062
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Verwundert über so viel Anteilnahme an einem einfachen Soldaten sah ich ihm und dem Daimyo in die Augen. Sie schienen beide sehr besorgt um das Leben dieses Mannes zu sein, und ich kam ihrem Wunsch nach:
›Er ist ein tapferer Mann und obwohl er so schwer verletzt ist, dass er sich nicht aufrichten konnte, blickte ich erst einmal in sein Schwert. Ich denke, bei guter Pflege, und wir haben im Kloster sehr gute Wundheiler, wird er wieder völlig genesen. Es wird zwar etwas dauern, doch er wird seinen Dienst bei Ihnen wieder aufnehmen können.‹
Der Samurai beeilte sich, das Gehörte seinem Fürsten zu übersetzen, und dieser schien sichtlich erleichtert. Wieder verneigte er sich vor mir und richtete einige Worte an mich. Mit einem freundlichen Lächeln übersetzte sie sein Gefolgsmann:
›Der Fürst ist Ihnen nun noch mehr verpflichtet, denn es ist sein Sohn, den Sie da gefunden haben. Er ist Ihnen auch sehr dankbar, dass gleich einer Ihrer Freunde bei ihm geblieben ist, um ihn zu pflegen.‹
Ich war sehr erstaunt. Dieser junge Mann hatte nicht den Eindruck einer höhergestellten Person erweckt. Er war immer mit den einfachen Soldaten unterwegs und im Kloster auch so untergebracht gewesen. Sein Auftreten und seine Behandlung durch die anderen hatten immer auf einen untergeordneten Soldaten hingedeutet. Der Grund dafür interessierte mich sehr, und ich wollte mich schon danach erkundigen. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das jetzt nicht angebracht wäre. Deshalb beließ ich es vorerst dabei und sagte in der Hoffnung, später mehr zu erfahren:
›Es gibt keinen Grund für besondere Dankbarkeit, denn wie ich schon sagte, jeder, der in Not ist, kann auf unsere Hilfe zählen.‹
Die beiden verneigten sich noch einmal achtungsvoll vor uns, und dann begaben wir uns zu den Verwundeten. Chen Shi Mal war schon bei ihnen und schaute sich die Verletzungen der Überlebenden an. Außer dem Daimyo und dem Samurai, der als Übersetzer auftrat, hatten nur noch zwei mit relativ geringfügigen Verletzungen überlebt. Diese bedurften unserer Hilfe nicht, und wir kümmerten uns um die fünf Schwerverletzten, die etwas weiter hinten in der Seitenschlucht lagen.
Sie hatten unterschiedliche, aber teilweise sehr tiefe und gefährliche Wunden davongetragen. Eine Gemeinsamkeit verband sie aber alle. Sie hatten sehr viel Blut verloren und waren sehr schwach.
Vorsichtig trugen wir sie in das weite Tal und richteten dort ein provisorisches Lager ein. Wir versorgten die Verletzungen, so gut das unter den derzeitigen Bedingungen möglich war, kamen dann aber überein, dass wir Hilfe benötigen würden. Deshalb berieten wir, wie das geschehen sollte.
›Es muss jemand zurück nach Shaolin und Hilfe holen, denn ins Kloster können wir die Verletzten nicht transportieren. Zum einen sind wir zu wenige dazu, und zum anderen würden das einige nicht überleben.‹
›Da stimm ich dir zu, Chen Shi Mal!‹, antwortete ich. ›Ich bin der Schnellste von uns, vielleicht wäre es am besten, ich würde mich gleich auf den Weg machen. Wenn ich keine Pause einlege, könnte ich morgen Vormittag mit Hilfe wieder zurück sein.‹
Wang Lee machte ein bedenkliches Gesicht und warf ein:
›Ich weiß nicht?! Habt Ihr euch die toten Angreifer einmal genauer angeschaut? Ich hatte den Eindruck, einige dieser Gesichter schon einmal gesehen zu haben, und zwar im Kloster.‹
›Stimmt, wenn ich mich nicht irre, gehörte zumindest einer zu der Gruppe, die mit Mao Lu Peng vom Kaiserhof zurückkam. Ich hab diese Männer aber nur kurz gesehen, und ich kann mich auch täuschen. Es gibt mittlerweile so viele, die zu Kämpfern ausgebildet werden, aber keine Mönche sind, dass man sich nicht mehr jedes Gesicht merken kann‹, erwiderte Chen Shi Mal.
Wang Lee nickte bestätigend.
›Und genau aus diesem Grund ist es vielleicht nicht so gut, wenn Xu Shen Po noch einmal im Kloster auftaucht. Alle denken, er hat es für immer verlassen, und wenn Mao Lu Peng in die Sache verwickelt sein sollte, müssen wir ihn nicht darauf aufmerksam machen, dass es vielleicht nicht so lief, wie er es sich gewünscht hat.‹
Erstaunt sah ich ihn an.
›Wie kommst du denn darauf? Ich dachte, das wären Banditen gewesen.‹
›Ich kann es dir nicht erklären! Doch ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache, und wir müssen doch kein Risiko eingehen! Wenn Chen Shi Mal oder ich wieder im Kloster auftauchen, erweckt das keinen Verdacht, und wir können ein paar wenige vertrauenswürdige Leute mitbringen. Ansonsten sollten wir aber erst einmal Stillschweigen über die Vorgänge von hier wahren.‹
Nachdenklich schaute ich von einem zum anderen.
›Na ja. Wenn ihr denkt. Aber vielleicht wäre es gut, wenn ihr zusammen losgeht und einer von euch dann mit Liu Shi Meng den verletzten Sohn des Fürsten hierher bringt. Vielleicht könnt ihr euch eine Trage bauen und ihn hertragen. Ich bleib erst mal hier und kümmere mich so lange um die anderen Verletzten.‹
Die beiden stimmten zu und brachen sofort auf. Anschließend erklärte ich den Japanern, was wir beschlossen hatten.
Da der Daimyo und sein Gefolgsmann mit der Pflege der Verwundeten nicht viel im Sinn hatten, war ich auf mich allein gestellt. Während ich versuchte, alles Wissen, das ich in dieser Beziehung von den Mönchen erhalten hatte, aus meinem Gedächtnis hervorzukramen, machten sich der Daimyo mit seinen noch aktionsfähigen Männern auf, um die Pferde wieder einzufangen. Auch ihre verstreut herumliegenden Sachen sammelten sie wieder ein.
Bald brachten sie mir einige Nahrungsmittel und Kleidungsstücke, aus denen ich Stoffstreifen zum Verbinden machte. So gelang es mir, die Verwundeten notdürftig zu versorgen.
Als das letzte Tageslicht schon fast geschwunden war, kamen Wang Lee und Liu Shi Meng mit dem verletzten Sohn des Fürsten in unserem Lager an. Ich hatte erwartet, dass der Daimyo sich gleich um seinen Sohn kümmern würde, doch er warf nur einen kurzen Blick auf diesen und beachtete ihn dann nicht weiter.
Das konnte ich überhaupt nicht verstehen, und in einem günstigen Augenblick erkundigte ich mich bei dem chinesisch sprechenden Samurai nach dem Grund dieses Verhaltens.
›Gestatten Sie eine Frage?‹
›Natürlich, warum denn nicht!?‹
›Nun, ich kann einiges nicht verstehen, habe aber das Gefühl, dass es ein Tabuthema ist.‹
›Wir werden sehen!‹
›Als ich Ihnen erzählte,