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war somit abgeschnitten.

      Man trug ihn ins Haus und Catarine legte ihm ein nasses Tuch auf die Stirn. Er schlug noch einmal die Augen auf und ahnte wohl sein baldiges Ende nahen. Ihre Haltung hatte sich durch den tragischen Unglücksfall ihm gegenüber nicht geändert und so sagte er ihr verbittert ins Gesicht: »Ich wollte dir ein schönes Leben bereiten. Das kannst du nun vergessen. Ich kenne seit kurzem ein Geheimnis, aber du wirst nun nie erfahren, welche Schätze du eigentlich besitzt. Ich aber weiß es, denn ichhabe sie gefunden. Du aber wirst es nie erfahren! Dies ist mein Geheimnis, was ich mit ins Grab nehme!«

      Catarine sah das als Spinnerei an und dachte nicht weiter darüber nach. Sie war der Annahme, dass es lediglich eine trotzige Reaktion eines abgewiesenen Liebhabers war, der in seiner Eitelkeit tief getroffen wurde.

      Trotzdem tat er ihr plötzlich leid.

      »Ach, Josef. Nun lass uns doch als Freunde scheiden. Du redest doch eh nur Unsinn. Josef. Josef! Nun spiel nicht den Beleidigten und mach die Augen auf!«

      Josef Kopples konnte die Augen nicht mehr öffnen, da er in diesem Moment gerade selbige zumachte. Er wurde vier Tage später auf dem kleinen Friedhof am Ortsrand beerdigt.

      Als Catarine Wochen später in einer lauen, sommerlichen Vollmondnacht mit dem Zirkusdirektor auf dem flachen Vordach des Hauses lag, an einem Joint zog und dem Wein schon gut zugesprochen hatte, fiel es ihr wieder ein und sie musste lachen.

      Der Direktor war verunsichert, entschloss sich dann aber schnell die Sache lustig anzugehen.

      »Was ist so lustig an mir? Lachst du mich vielleicht aus? Wage es nicht! Ich verfüttere dich sonst an die Tiger!«

      »Hilfe! Nein, ich musste nur an meinen Vorarbeiter den-ken. Der war so sauer, als ich ihn rauswerfen wollte. Er war im Grunde ein Spießer. Und nachtragend. Noch auf dem Sterbebett. Der wollte mir doch allen Ernstes erzählen hier wäre ein Schatz verborgen. So ein Idiot!«

      Der Direktor wurde plötzlich hellhörig und wollte mehr darüber wissen.

      »Was hat er genau über den Schatz gesagt?«

      »Ich weiß nicht mehr! Der hat nur gesagt, ich würde nie erfahren, welche Schätze ich besitzen würde. Übrigens,

      Schatz. Ich bin schwanger. Soll ich’s behalten?«

      »Was ist das für eine Frage? Natürlich sollst du’s behalten.«

      »Aber du ziehst irgendwann weiter und ich stehe dann mit einem Bankert da.

      Ohne Geld.«

      »So schnell ziehen wir nicht weiter. Außerdem bekommst du doch auch Kindergeld. Und das soll demnächst erhöht werden.«

      Das Thema wurde nie mehr angesprochen.

      So wurde 1961 Frank geboren. Ein Jahr später kam Vanessa auf die Welt. Der Zirkus blieb. Der Direktor suchte in den folgenden Jahren jeden Zentimeter des Geländes ab. Er war sich nicht im Klaren, was er eigentlich suchte. Jedoch sagte ihm sein Verstand, dass ein Schatz doch sicher aus Gold oder Geld bestehen würde. So drehte er jeden Stein um, fand jedoch nichts.

      Als sie eines Tages kein Geld mehr hatten, um die Tiere zu füttern und auch die Bettelaktionen in der Stadt nichts mehr hergaben, beschloss man weiterzuziehen. Irgendjemand hatte gehört, dass die Bedingungen für einen Wanderzirkus im Raum Kassel besser sein sollten. An den Schatz dachte der Direktor nicht mehr. Es war wohl doch nur eine Spinnerei des Vorarbeiters gewesen.

      Er ließ schweren Herzens ein altersschwaches Lama, ein Hängebauchschwein, das durch einen Feuerreif laufen konnte, nun aber nicht mehr wollte und ein zahmes, junges Tigerweibchen zurück. Dieses hatte sich eine Verletzung an der Hüfte zugezogen und kam nur schlecht auf die Beine. Es war für den Zirkus eine Belastung und musste durchgefüttert werden.

      Catarine pflegte den zahmen Tiger, der sich frei auf dem Gelände bewegen konnte und sogar als Spielgefährte für die Kinder herhalten musste. Diese tobten manchmal mit ihm so sehr, dass Catarine sich wunderte, dass ein beinahe ausgewachsener Tiger dies alles mit sich machen ließ. Nur wenn er Hunger hatte, wurde ihm in einem Raum, getrennt von den Kindern, Fleisch gereicht, was er genüsslich verschlang. Nachdem der Fleischvorrat von dem verstorbenen Lama aufgebraucht war, wurde das Hängebauchschwein geschlachtet. Doch die Reserven der Schlachtung schwanden schnell dahin. Bei den wenigen Metzgereien in der Gegend fiel auch nicht die benötigte Menge an Knochen und Fleischabfällen an.

      Catarine musste den Tiger verkaufen. Vom Zirkusdirektor hatte sie erfahren, dass es eine Menge privater Halter von Raubkatzen gab. Sie hatte sich auch verschiedene Adressen aufgeschrieben. Gewarnt hatte sie allerdings der Direktor vor allzugroßer Offenheit, denn das Halten von Raubkatzen sei oft nicht artgerecht und war meistens nicht erlaubt. Es stellte eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Halter und Besucher da.

      Doch man würde sich untereinander schon kennen, da man sich zur Zucht ja gegenseitig brauchen würde.

      Der Tiger wurde von einem Halter, der im Besitz von mehreren Raubkatzen war, gekauft und sehr schnell abgeholt. Der Preis von 3000 DM war für Catarine ok.

      Für Frank und Vanessa kam eine traurige Zeit, hatten sie nun keinen Spielkameraden mehr.

      Vanessa suchte den Kontakt zu ihren Mitschülerinnen, während Frank immer mehr zum Eigenbrötler wurde. Sein Interresse galt den Tieren. Er bastelte Fallen und fing Mäuse, Ratten, Marder und auch schon mal einen Fuchs, die er allesamt tötete und mit einem Skalpell, das er in einer Schublade im Badezimmer gefunden hatte, aufschnitt, um das Innenleben zu studieren.

      Zu dieser Zeit machte eine caritative Organisation Catarine das Angebot, ihr Anwesen zu mieten und das

      Haus für Jugendgruppen aus dem Raume Frankfurt als Jugendfreizeitlager zu Verfügung zu stellen.

      Die Miete kam pünktlich und Catarine zog in die Stadt. Frank und Vanessa gingen nun auf ein Gymnasium.

      Dann kam die Studienzeit. Während Vanessa Germanistik und Kunst studierte, blieb Frank seinem Hobby treu und belegte das Fach der Tiermedizin.

      Nach Abschluss des Studiums, das Vanessa mit Bestnoten absolvierte, Frank hingegen gerade so durchrutschte, stieg er in eine Arztpraxis für Kleintiere ein. Zwei Ärztinnen, die bisher gut zusammengearbeitet hatten, trennten sich im Streit um einen Mann und eine machte ihren Platz frei.

      Catarine Matiss wurde kurz darauf krank. Sie hatte Schmerzen im Bauch- und Darmbereich und der Arzt konnte zunächst keine genaue Diagnose stellen. Ihre Blutwerte zeigten jedoch an, dass es etwas Ernstes sein musste. Ins Krankenhaus ließ sie sich jedoch erst überweisen, als sie die Schmerzen nicht mehr aushielt. Als man im Kernspintomograph einen Schatten am Magen entdeckte, war der Krebs schon zu weit fortgeschritten und hatte Metastasen gebildet. Die Lymphgefäße im ganzen Körper waren schon betroffen.

      Der Arzt gab ihr nur noch sechs bis acht Wochen. Catarine rief Vanessa und Frank zu sich und schrieb

      ihr Testament. Der einzige Besitz, außer einigen

      Möbelstücken in ihrer Wohnung und einige Schmuckstücke, war der Steinbruch. Dieser ging zu gleichen Teilen an die Kinder.

      Während Frank darüber sehr erfreut war, ließ Vanessa ihrer Wut freien Lauf, als sie außer Hörweite der Mutter waren.

      »Ein Steinbruch mit dem man nichts, aber auch nichts anfangen kann! Das ist alles was wir erben!«

      »Sei doch nicht so unzufrieden. Aus dem Gelände kann man doch was machen.«

      »Und was bitteschön? Hast du Geld, um dort was zu machen?«

      »Na ja. Es ist abgelegen, einsam und es verirrt sich Niemand dorthin. Aber wir haben Wasser und Strom. Ich könnte eine Tierpraxis aufmachen.«

      »Und mit welchem Geld willst du die einrichten?«

      »Die Bank gibt mir bestimmt eine Hypothek auf das Anwesen.«

      »Ach nee. Das haben wir doch schon mal probiert und es hat nicht gereicht. Die Bank kann das Gelände nicht verkaufen, weil es dafür keine Interessenten gibt. Also

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