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Gasse weiter einen Spaziergang hält, dann ist diese ganze Aktion sinnlos!

      Aufgebracht blickte er um sich.

      Denk nach, was kannst du jetzt noch ... Er betrachtete den Dom. Und wenn ich den Turm ins Turmstüberl hinaufsteige. Von dort oben abgefeuerte Leuchtkugeln erzielen sicher den gewünschten Effekt!

      Er ging ein paar Schritte rückwärts von der Kirche weg, bis er freie Sicht auf den Südturm hatte.

       Soweit ich mich erinnere, kann man nur von außen in den Turm gelangen.

      Er setzte sich in Bewegung und war im Begriff zu Fuß zum Südturm zu gehen, besann sich schließlich anders und fuhr mit dem Wagen bis zur Portierhütte am Fuß des Turmes. Robert nahm den Eingang genauer unter die Lupe. Er glaubte nicht wirklich, dass er unversperrt war, versuchte aber trotzdem ihn zu öffnen.

       Geschlossen! Habe nichts anderes erwartet. Zwei Einbrüche an einem Tag. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in eine solche Lage geraten könnte.

      Er holte Hammer und Meißel aus dem Auto und machte sich damit am Schloss zu schaffen. Im Gegensatz zur Eingangstür des Waffengeschäftes ließ sich diese beinahe mühelos aufbrechen.

      „Schön langsam habe ich den Bogen heraus!“ Seine eigene Stimme ließ ihn zusammenzucken.

      Er gelangte in einen Vorraum, der an der gegenüberliegenden Seite in zwei weiteren Türen endete. An der rechten Wand befand sich ein Fenster, und ein Blick hinein bestätigte seine Vermutung, dass er dahinter die Schlüssel zu den weiteren, noch vor ihm liegenden, Schlössern finden würde. Diese Barriere war kein Problem. Schon beim zweiten Schlag mit dem Hammer gab das Holz berstend nach. Robert betrat den Raum und brauchte nicht lange zu suchen. Direkt neben dem Türrahmen war ein Bord angebracht, auf dem einige Schlüssel hingen. Sein Hauptaugenmerk galt einem Schlüsselbund, auf dessen Anhänger Turm geschrieben stand. Er nahm ihn vom Haken und wollte den Raum gerade wieder verlassen, als ihm ein anderer Schlüssel auffiel, der etwas abseits von den anderen hing. Er drehte die Plakette um. „Turmstüberl“ stand darauf.

      „Du kommst besser auch mit“, murmelte er.

      Robert verließ den Kassenraum und kehrte zu seinem Auto zurück. Die Schlüssel verstaute er in seiner Hosentasche. Er öffnete die Beifahrertür, und betrachtete den Haufen Schachteln.

       Im Handschuhfach müsste ein Plastiksack sein!

      Er öffnete die Klappe, um nachzusehen, und fand, wonach er gesucht hatte. Er schüttelte die Einkaufstüte auf und begann die Schachteln mit der Leuchtmunition hineinzuschaufeln. Zuletzt warf er die Leuchtpistole hinein. Hammer und Meißel verstaute er wieder im Werkzeugkasten. Nach einem prüfenden Rundblick verschwand er im Turmhäuschen. Er durchquerte den Vorraum und rüttelte an der Tür, die er noch nicht aufgebrochen hatte. Wie erwartet war auch diese versperrt. Er holte den Schlüsselbund aus der Hosentasche und schloss sie auf. Er musste etwa ein Dutzend Stufen hinaufsteigen, bis er wieder vor einer verschlossenen Tür stand. Dahinter begann der spiralförmige Aufstieg in den Turm. Direkt neben dem Eingang befand sich zwar ein kleines vergittertes Fenster, doch schon ein paar Stufen oberhalb konnte Robert kaum mehr die Umrisse der Treppen wahrnehmen.

       In der Hölle könnte es nicht dunkler sein. Ich muss zurück, meine Taschenlampe holen. Wie konnte ich sie nur vergessen! Wenn ich so weitermache, dann bin ich frühestens um Mitternacht oben!

      Fluchend rannte er zum Auto und entnahm dem Handschuhfach das Leuchtmittel. Zurück, im Treppengang, knipste er die Taschenlampe an, die zu Beginn flackerte. Robert sah sich schon Batterien besorgen und schüttelte sie ungeduldig, doch der Kegel spendete zu seiner Erleichterung nach wenigen Sekunden gleichmäßiges Licht.

      Er begann seinen Aufstieg. Der Südturm war 137 Meter hoch, doch zum Glück musste Robert nicht ganz hinauf. Das Turmstüberl lag etwas unterhalb der Spitze. Es handelte sich dabei um einen Raum, von dem aus man einen ziemlich guten Überblick über die Stadt hatte. Große Fenster an jeder Seite erlaubten an schönen Tagen mit guter Fernsicht, dass man weit über die Stadtgrenzen hinaus sehen konnte, und zwar in allen vier Himmelsrichtungen. Immer wenn er an einer der schießschartenförmigen Öffnungen vorbeikam, was nach seinem Geschmack ruhig etwas öfter vorkommen hätte können, legte er eine kurze Pause ein, um einen Blick ins Freie zu werfen. Dabei wunderte er sich, wie schnell er vorwärts kam. Auf halber Höhe gelangte er ins frühere Glockengewölbe, das ebenfalls verriegelt war. Der dritte Schlüssel, den er probierte, passte.

      Er durchquerte das Gewölbe und stand neuerlich vor einer abgesperrten Tür.

       Was haben die dort oben Wertvolles gelagert? Unglaublich, wie viele Hindernisse man erst überwinden muss, um ins Stüberl zu gelangen.

      Dieses Mal erwischte er den richtigen Schlüssel sofort. Nach einer weiteren Minute Aufstieg fiel der Lichtkegel der Taschenlampe auf das letzte Hindernis, das er vor sich hatte, den Eingang zum Turmstüberl. Er nahm nun den Extraschlüssel aus der Hosentasche und schickte ein Stoßgebet in den Himmel.

      „Bitte mach’, dass der Schlüssel passt, sonst drehe ich auf der Stelle durch!“

      Er passte! Robert trat ein. Die gleißende Helligkeit, die den Raum durchflutete, erfüllte ihn mit Ehrfurcht. Die Sonnenstrahlen drangen mit einer leichten Neigung durch das Südfenster in das Innere. Er sah die Staubpartikel entlang der Sonnenstrahlen tanzen, die er beim Eintreten aufgewirbelt hatte.

      Robert fühlte sich für diesen kurzen Augenblick ins Mittelalter zurückversetzt. Er konnte fast die schwitzenden Arbeiter sehen, die sich beeilten den Turm fertigzustellen, während der Baumeister prüfend über den Plänen stand, um diese zu studieren. Dann tauchte der Verkaufsbereich in der Mitte des Raumes auf und nahm konkretere Gestalt an. Er umrundete die Kabine mit den Scheiben, an denen unzählige Ansichtskarten und vielerlei andere Souvenirs ausgestellt waren.

      Robert interessierte sich nur am Rande für die Einrichtung. Seine Aufmerksamkeit galt dem Westfenster, zu dem er sich nun begab. Er öffnete einen der Seitenflügel und blickte in die Tiefe. Weit unter ihm lag der Stephansplatz. Er ließ den Blick über die Dächer von Wien streifen und stellte erstaunt fest, dass die Dunstglocke, die üblicherweise über der Stadt hing, heute nicht vorhanden war.

       Logisch, ohne Abgase gibt es auch keine Smogbildung!

      Die Stadt erstreckte sich zu seinen Füßen wie ein Gemälde. Dieselbe Bewegungslosigkeit und Stille gingen davon aus.

       Als ob sie auf etwas warten würde.

      Er griff ihn den Plastiksack und holte die angebrochene Packung Leuchtmunition und die Pistole heraus. Das Laden der Pistole erwies sich als unkompliziert.

       Dann geben wir der Stadt das, worauf sie wartet ... ein Lebenszeichen!

      Er betätigte den Abzug. Lud nach. Drückte nochmals ab. Die Leuchtkugeln stiegen weit über die Dächer der Stadt hinaus. Mit der Windrichtung abgefeuert, waren sie weithin sichtbar. Das war, was er gewollt hatte. Ein Zeichen, das man bemerken musste, wenn man sich in der Stadt aufhielt. Wenn man nicht blind, taub oder beides war.

      Oder zu betrunken wie Richard Formann, der von alledem nichts mitbekam.

      Oder zu ängstlich wie Lisa, die das Feuerwerk zwar hörte - sie wohnte immerhin im 4. Bezirk, der an das Zentrum angrenzte, also nicht allzu weit vom Stephansdom entfernt - aber sie konnte nicht wissen, was es mit diesen Schüssen auf sich hatte. Sie ging ans Fenster und sah hinaus, wusste dieses periodische Geräusch sehr wohl als Beweis zu deuten, dass sie nicht ganz so allein war, wie ursprünglich angenommen, war sich aber nicht sicher, ob sich diese Entwicklung für sie persönlich als positiv oder negativ herausstellen würde. Sie war zu der Überzeugung gelangt, dass es ratsamer war, in Zukunft vorsichtig zu sein und nicht überstürzt zu handeln. Immerhin war sie eine Frau. Eine verdammt hübsche noch dazu! Aber auf sich allein angewiesen! Sie beschloss die weiteren Entwicklungen abzuwarten.

      11.

      Karl Brehm stellte das Foto seiner Familie, das er

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