Скачать книгу

geht die Sage: auf der dürren Linde wird eine Elster

       ihr Nest bauen und wird darinnen ausbrüten fünf

       weiße Junge. Das wird das Zeichen sein von der Freiheit

       Wiederkehr, und dann wird die Linde wieder ausschlagen

       und grünen, wie der dürre Birnbaum auf

       dem Walserfeld, wann der Kaiser Friedrich hervortritt

       und die große Freiheitsiegesschlacht schlägt. Und

       dann wird das Dithmarschenland auch wieder zu seiner

       Freiheit kommen. – Ein verheißungenreicher Holunder

       ist aus der Nortorfer Kirchhofmauer herausgewachsen

       und ein anderer in Schenefeld, an welche

       Bäume ganz ähnliche Prophezeiungen sich knüpfen.

       176. Der wilde Jäger in Dithmarschen

       Auch in Dithmarschen kennt man den wilden Jäger,

       wie am Rheine, auf dem Harz, in Thüringen, im

       Vogtlande und sonst. Also wird vom Freischützen zu

       Marne erzählt, daß er ein ziemlich wilder Bauernbursch

       gewesen, der die Jagd über alles geliebt, aber,

       nachdem er sich verheiratet und ein kleines Gütchen

       bewirtschaftete, dieses über der Jägerei vernachlässigt,

       mit dem Weidwerk aber gar wenig aufgesteckt

       habe. Da ging er einstmals ganz mißmutig durch den

       Wald nach Hause, denn er hatte den ganzen Tag noch

       keine Krähe und keine Klaue geschossen, siehe, da

       ging ein fremder Jagdgesell vor ihm her, der trug ein

       schönes Gewehr und eine bauschende Jagdtasche, und

       der Bauer mochte ihn gern einholen. Jener aber führte

       einen tüchtigen Schritt. Endlich tat der Bauer einen

       hellen grellen Jagdpfiff, jener jedoch kehrte sich gar

       nicht daran und stand nicht, bis er an einen Kreuzweg

       kam, da stand er endlich und erwartete den Bauer, und

       war ein ganz feiner, gutgekleideter Gesell. – Ihr habt

       wohl besser Glück gehabt als ich, sprach der Bauer

       zu ihm. Ich seh's Euerm Jagdranzen an, der ist gut gefüllt.

       – Ja, sprach der Fremde, kannst's auch so haben,

       kannst Kugeln schießen, die immer treffen, mit deinen

       Kugeln triffst du freilich nichts. Guten Weg! – Und

       wollte damit weitergehen, aber der Bauer-Jäger hielt

       ihn zurück und bat, ihm sein Geheimnis des

       Stetstreffens und Niefehlens zu lehren, und versprach

       ihm hohen Lohn. Jener aber sprach: Ich will es dir

       wohl lehren, du mußt mir aber schwören, keiner lebenden

       Seele mein Geheimnis zu verraten, denn tätest

       du das, so würde es dir übel ergehen. – Jener schwur

       und hob die Hand gen Himmel, da flogen zwei Raben

       auf und krächzten und schwirrten um die beiden Männer,

       und der fremde Jäger sagte jenem sein Geheimnis.

       Sotanes Geheimnis war aber gar entsetzlich, und

       der Bauer trug schwer daran, und lastete ihm auf dem

       Gemüte, und probierte es nicht, ging lieber gar nicht

       mehr hinaus in den Wald, sondern blieb zu Hause,

       aber auch da still und träumerisch. Die Frau sah ihres

       Mannes Veränderung, und hatte ihr sein Jagdgehen

       nicht gefallen, so gefiel ihr sein in sich gekehrtes

       Wesen noch viel weniger, und sie drang in ihn, ihr zu

       sagen, was ihm denn fehle. Er aber schwieg, sie aber

       ließ nicht nach mit Forschen und Fragen, Bitten und

       Betteln, bis er endlich ihr vertraute und sprach: Ich

       soll, wenn ich will, daß jede meiner Kugeln treffe,

       mein Gewehr mit einer geweihten Hostie laden statt

       mit einer Kugel, dann im Walde auf einen freien Platz

       gehen zur Mittagsstunde, da ein weißes Tuch ausbreiten,

       darauf treten und gerade in die Sonne schießen.

       Von da an soll jeder meiner Schüsse treffen und des

       Wildes nimmer fehlen.

       Wohl war das der Frau graulich zu hören, doch allmählich

       stillte sich ihr Grauen, und da sie mehr und

       mehr in Not, ihr Hauswesen aber in Verfall kam, so

       meinte sie, probieren könne er das Kunststück ja doch

       einmal, so sehr viel könne es doch nicht auf sich

       haben, es sei ein Jägerstücklein wie viele andere, und

       wenn es probat sei, wie sie gar nicht glaube, so hülfe

       es ihnen aus aller Not, und was ihres Zuredens Worte

       mehr waren. Und da dachte er es endlich zu wagen. Er

       hatte aber ganz und gar vergessen, daß er seinen

       Schwur schon gebrochen und das Geheimnis verplaudert

       hatte und daher schon jenem Argen verfallen war.

       Nun ging der Jäger zum Abendmahl, empfing die heilige

       Hostie, behielt sie im Munde und lud sie dann

       heimlich in seine Büchse. Dann tat er alles übrige

       nach der Vorschrift, ging noch denselben Sonntag zur

       Mittagszeit in den nahen Wald. Die Sonne schien

       hell. Der Jäger zielte, er schoß nach der Sonne. Da

       verfinsterte sich die Sonne, schwarzes Gewölk fuhr

       auf, Blitze flammten, Donner krachten, die zwei

       Raben waren da und krächzten und schlugen mit den

       Flügeln. Der Entsetzte sprang von seinem Tuche,

       bückte sich, wollt' es aufraffen, da waren die Fußtapfen,

       wo er gestanden hatte, voll Blut. Er stürzte aus

       dem Walde, die Angst brachte ihn fast um – dort

       stand sein Haus, das brannte lichterloh – das Wetter

       hatte hineingeschlagen, schreiend und heulend stürzten

       Weib und Kinder ihm entgegen. Und da war auch

       der fremde Jäger wieder da, der höhnte ihn, daß er ein

       schlechter Freischütz sei, der das Geheimnis nicht bewahrt

       habe. Und nun müsse er bis zum Jüngsten Tage

       jagen, Weib und Kinder müßten als Hunde ihn begleiten

       – am Tage müsse er bei den zwei Raben im

       Walde wohnen und nachts durch die Lüfte hetzen.

       Dieses geschah und geschieht noch immer, und die

       Leute nennen das den wilden Jäger. Wer ihn hört und

       das Wauwau der Hunde nachmacht, dem wirft er

       Knochen herab oder Stücke von verfaultem Wild und

       Pferden. Einem Mann aus Bornhövede ist das geschehen,

       auch einem aus Meinsdorf, die

Скачать книгу