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Da sprach Ludger: Wisset, meine

       Brüder, daß dieser Dampf Satan selbst war, den nun

       der Herr von diesem Insellande vertrieben. Und betrat

       das Ufer freudig und predigte Jesum Christum. Er zerstörte

       den Tempel Fosetes und baute an seiner Stätte

       die erste Kirche. Als Wilibrord eines der Tiere

       schlachtete, welche um Fosetes Tempel weideten und

       für heilig und unverletzbar galten, glaubten die Bewohner,

       er werde alsbald sterben, da dies aber nicht

       geschah, so ließen sie sich taufen. Selbst die Seeräuber

       in späterer Zeit achteten dieses Land also heilig,

       daß sie nie etwas davon hinwegführten, ja den frommen

       Einsiedlern, die dort wohnten, reichten sie sogar

       einen Teil ihrer Beute. So ist auch bis auf den heuti-

       gen Tag alldort ein tiefer heiliger Brunnen, darinnen,

       dem Meeresstrande so nahe, doch süßes Wasser

       quillt. Daraus sind die heidnischen Bewohner des

       Landes getauft worden.

       169. Der Jungfernstuhl und der Mönch auf

       Helgoland

       Da die eilftausend Jungfrauen unter Anführung der

       heiligen Ursula aus Albion gen Köln zogen, kamen

       sie auf ihrer Meerfahrt auch nach dem grünen Helgoland

       und landeten allda, aber die Einwohner verfolgten

       einige an das Land Gekommene, daß sie nicht

       wußten, wie sich retten, da eilten sie an den Strand

       und sprangen auf das Wasser, darin gingen sie nicht

       unter, sondern es hob sich ein Fels unter ihren Füßen,

       auf dem sie ruhten, bis ihr Schiff herankam und sie

       einnahm. Dieser Fels hat davon den Namen Jungfernstuhl

       erhalten. Um ihn her wurden noch lange Jahre

       die Fußtapfen der Jungfrauen tief in den Boden eingedrückt

       ersehen. Aber zur Strafe verwünschten die

       Jungfrauen alles auf der Insel, außer die Menschen.

       Da verwandelte sich alles Geräte in Stein. Ein Prediger

       hat davon lange ein Endchen Wachslicht in Verwahrung

       behalten, das ganz zu Stein geworden.

       Als hernachmals Helgoland dennoch christlich geworden

       war, hielten seine Bewohner fest am alten

       Glauben. Da sendete der König einen Mönch, welcher

       Luthers Lehre angenommen hatte, dorthin, diese

       Lehre dort zu predigen, aber die Einwohner stürzten

       ihn von einem Felsen herab in das Meer. Da wuchs

       ein steinern Gebilde aus der Tiefe, ganz wie ein

       Mönch gestaltet, und auf der Klippe ging der Geist

       des Bekehrers um und predigte mit einer Donnerstimme,

       so lange, bis sich die Leute dennoch zur neuen

       Lehre bekehrten, dann hatte der Geist Ruhe, aber der

       steinerne Mönch blieb als ein sonderbares Wahrzeichen

       stehen.

       170. Mannigfual

       In der Nordsee, erzählen die nordfriesischen Seefahrer,

       steuert ein Riesenschiff. Sein Umfang ist untümlich

       groß, die Masten sind höher als alle Kirchtürme,

       die Taue sind so dick wie große Tannen. In der Takellage

       sind Öffnungen, dahinein die Matrosen zum öftern

       gehen, der Einkehr halber, um eine Stärkung zu

       sich zu nehmen, denn wer als junger Matrose da hinaufklettert,

       der kommt erst in hohen Jahren mit grauem

       Haar und Bart wieder herunter. Der Kapitän reist

       zu Pferde auf dem Verdeck herum, um seine Befehle

       zu erteilen, und ist froh, wenn er in einem Tage herumkommt.

       Dieses wundersame Schiff heißt der

       Mannigfual. Insgeheim hält es seinen Kurs nur im

       hohen Norden, im tiefsten Fahrwasser, denn sonst

       könnte es in der Landnähe bald aufsitzen. Einstmals

       wurde das Schiff dennoch südwärts getrieben, es befand

       sich im Atlantischen Ozean und kam in den

       Kanal zwischen Dover und Calais. Da war ihm das

       Fahrwasser zu schmal, es füllte beinahe den Kanal

       ganz aus, da hätten die Franzosen auf trocknem

       Boden über das Schiff weg nach England spazierengehen

       können. Da fiel dem Kapitän ein guter Gedanke

       ein, er ließ die Backbordseite, nach Dover zu, ganz

       mit weißer Seife bestreichen, das glückte, jetzt wisch-

       te der Mannigfual glücklich durch die Meerenge und

       kam in die Nordsee. Aber die abgescheuerte Seife und

       der Schaum, den es gab, verliehen den Felsen der britischen

       Küste bei Dover ihre weiße Farbe bis auf den

       heutigen Tag.

       Einst geriet der Mannigfual in die Ostsee, Gott

       weiß wie. Da war das Wasser gar zu seicht. Die

       Schiffsleute warfen ihren Ballast, Schlacken und

       Asche über Bord, um das Schiff flott zu machen. Daraus

       ist die Insel Bornholm entstanden, und aus dem

       Unrat der Kabuse das dabeiliegende Inselchen Christiansoe.

       171. Der Geldsot

       In Süddithmarschen bei Marne rinnt eine helle Quelle

       über die Marsch hin, die blinkt wie Silber. Nahe

       dabei hat ein Dorf gestanden, das verheerte erst der

       Moskowiterkrieg, nachher kam die Seuche, und da

       starb es ganz aus bis auf einen einzigen Mann, das

       war der Hirte, und der erbte nun all das Geld und Gut,

       das die Verstorbenen hatten zurücklassen müssen,

       doch half es ihm auch weiter nichts, denn er verließ

       den Ort nicht. Er hatte aber seine Lust daran, alles zusammenzutragen,

       und versenkte dann alles hinab in

       den Quellbrunnen, und dann starb er und hinterließ

       keine Erben. Es mochte es aber im Vorbeireisen doch

       jemand gesehen haben, was der Hirte getan, denn die

       Sache kam unter die Leute, und der Brunnen wurde

       der Geldsot geheißen. Wenn einer mit einem Stocke

       in den Quell hineinstieß, klang es hohl, und man

       konnte bisweilen in der Tiefe den kleinen grauen

       Mann sehen, wie er, einen schwarzen Hut auf dem

       Kopf und ein brennendes Licht in der Hand, nachsieht,

       ob der Schatz noch ganz vorhanden ist. Wollte

       einer versuchen und hinabgreifen, so war der Hirte

      

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