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Des Friesenlandes Hauptstadt ist Stavoren. Die alten

       Friesen hatten einen Gott, den hielten sie so groß und

       mächtig wie das Römervolk seinen Jupiter, den nannten

       sie Stavo. Da nun zu einer Zeit aus fernen Landen

       drei Brüder zu Schiffe an die Küste kamen, Friso,

       Saxo und Bruno geheißen, von vielen Gefährten begleitet,

       welches zur Herbsteszeit geschah, so fanden

       sie das Land, welches damals Sueven bewohnten, die

       keine festen Wohnsitze behaupteten und sich der

       Spätherbstüberschwemmungen wegen in höheres

       Land zurückgezogen hatten, von Einwohnern fast

       ganz entblößt, erbauten ihrem Gott Stavo einen Tempel,

       gründeten eine Stadt und nannten sie nach ihrem

       Gott Stavoren. Diese Stadt wurde bald groß und viel

       größer denn jetzt, und die ganze Südersee war noch

       bewohntes Land, von dem jetzt nur noch hie und da

       als kleine Insel ein geringer Rest aus den Wogen ragt.

       Da blieben sie nun dreizehn Jahre, und ihr Volk

       mehrte sich, und sie hatten nicht Raum genug, darum

       sprach Friso zu seinen Brüdern, es sei besser, wenn

       sie sich teilten und jeder von ihnen mit den Seinen ein

       weites Land gewänne. Da schieden die Brüder Saxo

       und Bruno in Frieden von Friso, welcher blieb, und

       Saxo lief in die Elbe ein, ließ sich an ihrem Ufer nie-

       der und bevölkerte das Land, und sein Volk wurde

       nach ihm Saxen geheißen. Bruno aber machte sich

       seßhaft am Weserstrome und gründete dort eine Stadt,

       die hieß nach ihm Brunosvic, die gab hernach dem

       ganzen Lande ihren Namen Braunschweig. Friso aber

       erreichte ein sehr hohes Alter, er herrschte über Friesland

       achtundsechzig Jahre und hinterließ sieben

       Söhne und eine einzige Tochter.

       Die Stadt Stavoren wurde und war vor diesem die

       allerberühmteste Haupt- und Residenzstadt der friesischen

       Könige, und war nirgends größere Handlung

       und Schiffahrt als in dieser Stadt, denn sie war überaus

       wohl gelegen und hatte einen vortrefflichen

       Hafen.

       156. Der Feuerpütz

       Es war zu Kaiser Titus' Zeit, vier Jahre nach der Geburt

       unsers Herrn, als im heutigen Westfriesland an

       einem Berge, der rote Kliff genannt, ein Feuerpütz

       aus der Erde schoß, der drei Tage lang loderte und

       weberte. Am vierten Tage kam ein Drache aus der

       Öffnung geflogen, aus der das Feuer schoß, hob sich

       hoch, schwebte eine halbe Stunde lang in Lüften und

       tat sich dann wieder nieder und hinein, woraus er gekommen

       war, ward nicht wieder gesehen, und das

       Feuer erlosch.

       Hundertundfünfzig Jahre später brach der

       Feuerpütz wieder auf und brannte ganz schrecklich,

       acht Tage lang, und flammte sehr hoch, daß allen, die

       daherum wohnten, bange ward; dann erlosch die

       Flamme. Die Einwohner fragten das Orakel ihres Abgottes

       Staffo, weil sie ein großes Sterben fürchteten,

       und der Gott sprach, von diesem Erdfeuer werde das

       Land nicht untergehen, eher von dem kalten Stoff, der

       nach Länge der Zeit ihm folgen werde.

       Und aber nach etwa hundertundvierundzwanzig

       Jahren borst der Feuerpütz beim roten Kliff zum dritten

       Male auf, doch achtzehn Tritte weiter von der ersten

       Stelle, und flammte eilf Tage lang sehr schrecklich

       hoch. Da brachten die Einwohner dem Abgott

       Staffo Brandopfer und fragten aufs neue das Orakel.

       Da gebot ihnen der Gott, aus der Nordsee drei Krüge

       Salzwasser zu holen und diese durch einen gegen die

       Glut gewappneten Ritter in den Flammenschlund werfen

       zu lassen, da werde der inwendige Brand ausgelöscht

       werden. Das wurde vollbracht, und der Brand

       löschte aus.

       157. Der überquellende Wasserpütz

       Da man südwestlich von Stavoren, eine halbe Stunde

       von der Stadt, einen Pütz (einen Brunnen) grub, so

       sprang statt süßen Wassers ein Überfluß von Salzwasser

       hervor, wie aus einem Springbrunnen, das

       quoll und quoll und drohte, Stadt und Land zu überschwemmen.

       Da fragten die Einwohner das Orakel

       ihres Gottes Staffo, und das sprach, der Pütz werde

       nicht aufhören überzuquellen, bis das Blut eines dreijährigen

       Knaben in dasselbe Wasser gesprengt und

       mit ihm gemengt werde. Solches geschahe eilend, da

       hörte der Pütz auf zu fließen, und war endlich kein

       Tropfen Wasser mehr in ihm zu sehen, und wo das

       übergequollene Wasser gestanden hatte, blieb das

       Land drei Jahre lang dürr und unfruchtbar, bis es allmählich

       wieder zu grünen begann und Früchte trug.

       158. Das Wunderkorn von Stavoren und der

       Frauensand

       Bei den Einwohnern der groß und reich gewordenen

       Stadt Stavoren ging es gerade so wie bei denen der

       Stadt Zevenbergen an der Südersee, sie führten ein

       üppiges Leben und kannten ihres Übermutes nicht

       Maß noch Ziel. Da war eine Zeit, in der das Korn sehr

       teuer wurde, und eine reiche Witwe rüstete ein Schiff

       aus und sandte es nach Danzig, dort Korn zu holen,

       und gebot dem Schiffer, ihr zugleich von dort das

       Köstlichste mitzubringen, was nur dort zu haben sei.

       Als nun das Schiff in See war, fiel das Getreide sehr

       schnell, und dem geizigen Weibe wurde bange, daß

       sie an ihrem Einkauf mächtig Schaden erleiden werde.

       Da nun das Schiff aus Danzig zurückkam, ging die

       Witwe alsbald an Bord und fragte den Schiffer, was

       er ihr Köstliches mitgebracht habe nächst dem Korn,

       das ohnedies nichts mehr wert sei, als ins Wasser geworfen

       zu werden. Der Schiffer neigte sich und

       sprach: Vieledle Frau, den schönsten Weizen bracht'

       ich Euch mit, den je ein Menschenauge hat erschauen

       können. – Was, Weizen? Und

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