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War ein Pferd krank und konnte seinen Dienst nicht

       tun, und man rief Flerus, so kam Flerus als Pferd und

       arbeitete für drei Pferde. Den Mägden erleichterte er

       ihre Arbeit auf alle Weise und verlangte nichts für

       alle Dienste, als daß ihm abends ein wenig Milch und

       Zucker hingestellt wurde. Dieser gute und willige

       Hülfsgeist wurde durch den einfältigen Vorwitz von

       ein paar jungen leichtfertigen Dienstmägden auf

       immer von dem Hause getrieben. Sie gedachten den

       Neck zu necken, es bekam aber schlecht. Eines

       Abends riefen sie: Flerus! Flerus kam, da schoben sie

       ihm seine Milch hin, hatten aber statt Zuckers Knoblauch

       in dieselbe getan. Da schüttelte sich Flerus,

       warf ihnen die Schale nach dem Kopf und rief zornige

       Worte:

       Milch und Lauch!

       Flerus zieht weg,

       Und das Glück auch!

       und verschwand. Nie sah und hörte man ihn wieder

       auf jenem Hofe, und von Stund an ging dort alles den

       Krebsgang, bis andere Besitzer den Hof bekamen, der

       noch bis heute der Flerushof heißt.

       Nicht alle Necker sind so gut wie Flerus, sie ziehen

       gern Menschen in das Wasser, mischen sich in Tänze

       der Uferbewohner und tanzen die Jungfrauen in die

       Flut.

       153. Die Meerminnen

       Meerminnen sind Dämonenwesen der See, weiblichen

       Geschlechts, sie können schön singen und auch fliegen.

       Schon die Alten kannten sie und nannten sie Sirenen.

       Sie sind den Nixen verwandt, haben fischgrätige

       Zähne und meergrüne Haare. Oft schon sind die

       Meerminnen Unheilverkünderinnen geworden, doch

       konnten sie auch Glück bringen.

       Zur Zeit, da die Antwerpner auch noch Schiffe zum

       Walfischfang ausrüsteten, so geschah es nicht selten,

       daß, wenn noch weit und breit kein Wal sichtbar war,

       eine Meerminne mit halbem Leibe aus dem Wasser

       tauchte, gegen das Schiff heranschwamm und sang:

       Scheppers, werpt de Tonnekens uit,

       De walvisch zal gaen kommen:

       Schiffer, werft die Tönnchen aus,

       Der Walfisch soll entgegenkommen.

       Da taten die Schiffer nach der Meerminnen Geheiß,

       warfen die Tönnchen aus, und nicht lange dauerte es,

       so ließ sich ein Walfisch sehen, der dann stets sicher

       erlegt wurde. Einst, schon sehr lange her, geschah es,

       daß im Hafen vor Muiden an der Südersee, ohnweit

       Amsterdam, eine Meerminne schwimmend erblickt

       wurde. Diese Meerminne sang eine Prophezeiung:

       Muiden sol Muiden blyven,

       Muiden sol novit beklyven:

       Muiden soll Muiden bleiben,

       Muiden soll niemals bekleiben.

       Und es geschah also. Muiden, ein Hafenort, günstigst

       gelegen, blieb ein Flecken, und das nachbarliche Amsterdam

       wurde eine Weltstadt.

       In der Nähe von Dord (Dordrecht) liegt nahe der

       Landstraße ein großes stilles Wasser, daraus ragt ein

       Kirchturm hoch und einsam empor. Da hat vorzeiten

       die reiche und starkbevölkerte Stadt Zevenbergen gestanden.

       Ihr Reichtum machte die Einwohner übermütig,

       sie achteten des Goldes und Silbers nicht mehr,

       als wenn es Kupfer und Blei wäre; alle Schlösser und

       Riegel an den Türen, alle Beschläge an Fenstern, alle

       Nägel mußten von Gold oder Silber sein, so auch

       alles Tafel- und Küchengeschirr, so unbeschreiblich

       war der Reichtum. In die Kirche, die Sint Lobbetchen

       hieß (St. Elisabeth), ging niemand mehr, ihr Dach war

       auch nur mit Ziegeln gedeckt, die Dächer der Reichen

       aber glänzten wie Feuer, denn sie waren mit Goldblech

       überzogen.

       Da hob sich aus dem breiten Gewässer am Biesbosch

       eine Meerminne, die flog über Zevenbergen

       und sang mit einer kläglichen Weise:

       Zevenbergen sol vergan,

       En Lobbetjens Torn sol blyven staen.

       Diesen Sang hörten die Einwohner gar wohl und

       sahen das Zeichen, achteten aber der Warnung nicht,

       sie blieben, wie sie waren, und lebten fort, wie es

       ihnen gefiel, und da ließ es Gott geschehen, daß der

       Meerminne Prophezeiung sich erfüllte. Eine Sturmnacht

       kam, endloser Donner rollte über Zevenbergen

       hin, und die Flut kam, und die Stadt versank, und nur

       die Kirche blieb stehen, wie die Meerminne gesungen

       hatte, und weit und breit stand das Wasser da, wo die

       Stadt gestanden. Fischer haben bisweilen in der Tiefe

       die goldenen Dächer schimmern sehen, da wäre noch

       ein großer Reichtum zu holen, aber keiner wagt sich

       in die Tiefe und in die Stadt hinab, die der Fluch des

       Himmels getroffen.

       154. Geister in Friesland

       Schon zu Kaiser Lothars Zeiten gab es in Friesland

       viele Geister und Gespenster. Eine Sorte davon wohnte

       in Höhlen, wie die deutschen Wichtlein. Die Männlein

       hießen weiße Juffers, die waren nicht eben gutartig,

       vielmehr recht tückeboldig, die Weiblein aber

       hießen weiße Frauen, die waren besser, standen Kindbetterinnen

       bei, leiteten Verirrte auf rechten Weg, halfen

       Arbeit verrichten, besonders recht mühevolle. Sie

       wohnten gern in Hügeln oder in Gruben, die unbesucht

       waren, häufig ihrer drei beisammen, auch in

       alten Hünenbetten. Wer nachts an diese Hügel oder in

       diese Gruben trat oder auf so ein altes Hünengrab sich

       setzte, der konnte sondere und wunderbare Dinge vernehmen

       und viel von alter Zeit erfahren. Es war ein

       Sänger im Friesenlande, der hieß Bernlef und war

       blind, der hat viel gesungen von des Landes erster Art

       und des freien Volkes der Friesen Ankunft und Ursprung,

       den haben die guten Geister gelehrt und die

       Kunden alter Zeit auf seine Lippen gelegt.

      

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