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Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren. Группа авторов
Читать онлайн.Название Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren
Год выпуска 0
isbn 9783706561921
Автор произведения Группа авторов
Жанр Документальная литература
Серия Pädagogik für Niederösterreich
Издательство Bookwire
1 Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre, 8. Buch, 5. Kapitel, hier zit. nach Goethe 2002.
2 Vgl. die Zusammenführung der drei Repräsentationen von “Culture in Sustainability”, “Culture for Sustainability”, “Culture As Sustainability” in einen interdisziplinären konzeptuellen Denkrahmen bei Dessein & Soini 2016 sowie die Analysen in Meireis & Rippl 2019.
3 Christian Morgenstern, „Die zwei Wurzeln“, hier zit. nach Morgenstern 2013, 32f.
4 Vgl. die Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015, in deutschsprachiger Übersetzung abrufbar unter https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
5 https://www.bmbwf.gv.at/Themen/euint/ikoop/bikoop/sdgs.html
6 Vgl. https://anthropozaen.ph-noe.ac.at/
7 Vgl. die Beispiele auf https://anthropozaen.hypotheses.org/bzw. https://www.ph-noe.ac.at/de/forschung/forschung-und-entwicklung/anthropozaen/lernszenarien-publikationen
8 Vgl. die Zusammenfassung und Rückschau auf https://anthropozaen.hypotheses.org/666
9 Die lateinischen Bezeichnungen der Hörsäle an der PH NÖ erläutert Lošek 2020; der Text ist, vorgetragen von Burgschauspieler Robert Reinagl, auch nachzuhören unter https://www.ph-noe.ac.at/de/ph-noe/wir-ueberuns/rektorat/wir-gratulieren
10 Vgl. https://www.ph-noe.ac.at/de/forschung/forschung-und-entwicklung/anthropozaen/symposium
11 Vgl. das Booklet zum Download auf https://www.ph-noe.ac.at/de/forschung/forschung-und-entwicklung/anthropozaen/symposium
12 Die künstlerischen Impulse der Kinderbuchautor*innen Melanie Laibl und Michael Roher beim Symposium „Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren“ stehen als Interviews zur Verfügung unter https://anthropozaen.hypotheses.org/601 (Melanie Laibl, zu ihrem Buch So ein Mist) und https://anthropozaen.hypotheses.org/630 (Michael Roher, zu seinem Buch Nicht egal!).
13 Deutsche UNESCO-Kommission. Kultur und Natur. Vgl. https://www.unesco.de/kultur-und-natur [06.09.2021]
Gabriele Rippl
Konzepte kultureller Nachhaltigkeit
1. Begriffsklärung: Kultur – Nachhaltigkeit1
Der vorliegende Beitrag dient der fachlichen Klärung des Begriffs ‚kulturelle Nachhaltigkeit‘, er beleuchtet seine Geschichte und stellt das Bedeutungs- und Definitionsspektrum des Begriffs vor. Vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsdiskurses, samt der drei bekannten Säulen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit, sollen folgende zentrale Fragen beantwortet werden: Was ist die Rolle von Kultur im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit? Und was muss man sich unter ‚kultureller Nachhaltigkeit‘ vorstellen? Erst die Klärung dieser Fragen liefert die Grundlagen für die bislang nicht erfolgten gesellschaftlichen Transformationen zur Nachhaltigkeit und eröffnet eine innovative, zukunftsorientierte Neugestaltung der Mensch-Natur/Umwelt-Beziehung. Zunächst werden im Beitrag die Begriffe ‚Kultur‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ definiert – soweit dies angesichts ihrer langen Geschichte, Komplexität und den zahlreichen Bedeutungsvarianten im kleinen Umfang eines Aufsatzes überhaupt möglich ist. In einem weiteren Schritt werden der Begriff der ‚kulturellen Nachhaltigkeit‘ vorgestellt und schließlich einige zentrale Konzepte kultureller Nachhaltigkeit diskutiert.
‚Kultur‘ ist ein Begriff mit einer vielseitigen Geschichte und zahlreichen wertfreien sowie werthaltigen (d.h. normativen) Verwendungsweisen (einen ausgezeichneten Überblick liefert die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann 2006). ‚Kultur‘ stammt vom lateinischen Wort für ‚pflegen‘, colere, ab; lateinisch cultura bedeutet ‚Pflege‘ und ‚Landbau‘. Der Begriff ‚Kultur‘ wurde in Deutschland erst seit dem 18. Jahrhundert verwendet, zunächst als Fachterminus für Land- und Forstwirtschaft, bevor sich dann „etwa ab 1760 K[ultur] auch in der übertragenen Bedeutung“ ausbreitete und einem „Naturzustand“ gegenübergestellt wurde (Nünning 1998, 290). Heute findet der Begriff in diversen Bereichen Verwendung, die Verwendungsweisen benennen kategorial jedoch durchaus Unterschiedliches und reichen von etablierten Fachbezeichnungen (‚Bakterienkultur‘) bis zu vieldiskutierten, aber oft nicht einheitlich definierten Begriffen wie ‚Populärkultur‘ oder ‚Leitkultur‘ (vgl. A. Assmann 2006, 9). Generell lassen sich engere Begriffsdefinitionen von Kultur von weiteren unterscheiden (vgl. Meireis & Rippl 2019a). In einem engeren Sinne dient Kultur häufig als Synonym für ein gesellschaftliches Teilsystem, also die Literatur oder die bildenden Künste. Dagegen fassen weitere, universale Auffassungen2, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert haben, Kultur als „a process of spiritual and intellectual development“ einer Gesellschaft, als „a whole way of life“ einer Gruppe von Menschen, wie das der englische Kulturwissenschaftler Terry Eagleton (2016, 1) vorgeschlagen hat. Ein solch weiter Kulturbegriff umfasst mithin alles, was Menschen machen, wie sie ihr Zusammenleben organisieren, ihre Symbolsysteme, kollektiven Sinnkonstruktionen, Denk- und Empfindungsweisen, Werte, Rituale, Institutionen, künstlerischen Ausdruckweisen, technischen Errungenschaften, ihren Gebrauch von Medien usw. Mit diesen vielfältigen Dimensionen von Kultur setzt sich die Kulturwissenschaft auseinander (Bachmann-Medick 2006; Dürbeck et al. 2016).
Im Zuge transformativer Nachhaltigkeitsbemühungen wird als Problem erachtet, dass ‚Kultur‘ traditionell als Gegenbegriff zu ‚Natur‘ aufgefasst wird. Dieser Dualismus wird heute grundlegend hinterfragt, so dass sich im Englischen bereits ein neues Kompositum herausgebildet hat: ‚natureculture‘ (vgl. Latour 1993; Haraway 2003), welches Natur und Kultur nicht mehr als entgegengesetzte Bereiche auffasst, sondern die ökologische Verflechtung der biophysischen und kulturellen Sphäre