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abgesehen davon, dass auch im Wald Gräser vorkommen. Aufgrund dieser Überlegungen erscheint «Wiesland» als der am besten geeignete übergeordnete Begriff und wird entsprechend auch in diesem Buch verwendet.

      In Abgrenzung des Wieslandes zum Wald auf der einen Seite und zur Ackernutzung auf der anderen Seite gibt es vielfältige Übergänge oder Mischformen und entsprechende weitere Begriffe; die wichtigsten sind in Abbildung 3 und 4 zusammengestellt.

      1.2.2 Nutzungsintensität und Ökoflächen/Biodiversitätsförderflächen

      Neben der Nutzungsform ist für die Praxis auch die Intensität der Wiesennutzung ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Als extensiv genutzt gelten alle Wiesen und Weiden, auf welche nicht aktiv Dünger eingebracht wird – das heisst abgesehen beispielsweise von den Ausscheidungen von Weidetieren oder vom Stickstoffeintrag aus der Luft. Die Anzahl Nutzungen ist dabei nicht definiert. Als wenig intensiv genutzt gelten Wiesen, denen jährlich oder alle paar Jahre etwas Mist und teilweise auch wenig Gülle verabreicht wird. Mittelintensiv bis sehr intensiv genutzte Wiesen werden jährlich ein- bis mehrmals mit höheren Hof- und/oder Kunstdüngergaben versehen und mindestens 3 mal jährlich genutzt.

      Extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen können in der Schweiz als sogenannte Ökoflächen – ab 2014 neu als Biodiversitätsförderflächen BFF bezeichnet – angemeldet werden und erhalten dadurch zusätzliche Direktzahlungen (DZV 2014). Neben einem Düngungsverbot (extensiv genutzte Wiesen, extensiv genutzte Weiden) beziehungsweise einer eingeschränkten Düngung (wenig intensiv genutzte Wiesen) gilt zudem generell bei den Wiesen ein frühester erster Schnittzeitpunkt. Darüber hinaus gibt es viele Sonderregelungen, beispielsweise im Rahmen von Vernetzungsprojekten.

      Wiesen und Weiden, die ein Minimum an bestimmten Indikatorpflanzenarten aufweisen, zählen zu den Ökoflächen mit Öko-Qualität, ab 2014 zu den BFF Qualitätsstufe II (BFF QII). Aus einer Liste mit rund 40 Pflanzenarten(gruppen) müssen jeweils mindestens sechs in definierten Flächenausschnitten vorhanden sein. Es wird unterschieden zwischen Wiesen und Streuwiesen in den unteren Lagen (in den meisten Kantonen bis 1000 m ü. M.), Wiesen und Streuwiesen in den höheren Lagen, Weiden in der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) und Weiden im Sömmerungsgebiet (BLW 2015a).

      Je nach Lage, Umfeld und zusätzlichen Nutzungsbedingungen werden als BFF angemeldete Wieslandflächen in der LN zudem mit einem Vernetzungsbeitrag unterstützt (BLW 2015b).

      Eine Übersicht über die aktuellen, bundesweiten Regelungen gibt die Webseite www.blw.admin.ch/themen/00006/01711/index.html?lang=de. Die kantonalen Spezifitäten sind jeweils auf den Webseiten der kantonalen Landwirtschafts- und Naturschutzämter aufgeschaltet.

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      1.2.3 Naturfutterbau und Kunstfutterbau, Naturwiesen und Kunstwiesen

      Naturfutterbau bezeichnet die landwirtschaftliche Nutzung und Pflege von Naturwiesen für die Fütterung von Raufutterverzehrern zur Erzeugung von Milch und Fleisch. Im Gegensatz zu Kunstwiesen werden Naturwiesen nicht umgebrochen oder – bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts für viele Fettwiesen üblich – nach einem Umbruch durch die bodenbürtige Samenbank, manchmal unter Ergänzung von «Heublumen» aus dem eigenen Heustock, wieder begrünt (Feldgras- oder Egartwirtschaft, vgl. z.B. MARSCHALL 1943). Die Ertragsfähigkeit von Naturwiesen gründet damit auf autochthonen Pflanzenarten undökotypen, also auf Pflanzen, die in der Region natürlicherweise vorkommen und die sich gegebenenfalls über Jahrhunderte an die vorherrschenden Bedingungen der Bewirtschaftung anpassen konnten. Ziel des Naturfutterbaus ist es, eine nachhaltige, effiziente und wirtschaftliche Nutzung auf der Basis des bestehenden, natürlichen Pflanzenbestandes sicherzustellen.

      Kunstfutterbau und sein Resultat, die Kunstwiesen, stellen quasi die ackerbauliche Form des Futterbaus dar. Sie basieren auf gezielten Ansaaten züchterisch bearbeiteter Wieslandarten, die über ein bis mehrere Jahre gemäht oder beweidet und dann wieder umgebrochen werden, z.B. im Rahmen einer Fruchtfolge.

      Die Anwendung von Übersaaten zur Verbesserung von Naturwiesenbeständen ist als eine Zwischenform zwischen Kunst- und Naturfutterbau einzuordnen.

      Die Qualität und Quantität, die eine Wiese an Gras und Heu als Futter für Raufutterverzehrer liefert, ist zwar oft der wichtigste Gesichtspunkt, unter welchem Wiesland beurteilt wird. Das Wiesland bietet aber zahlreiche weitere «Ökosystemdienstleistungen», von denen einige zunehmend wichtiger werden (Abb. 5). So werden immer mehr staatliche Beiträge für «gemeinwirtschaftliche Leistungen» wie die Erhaltung beziehungsweise Förderung der Artenvielfalt oder die Landschaftsqualität an solche Eigenschaften beziehungsweise Leistungen des Wieslandes gekoppelt. Viele Eigenschaften ausserhalb der Futtermenge und -qualität wirken sich aber auch auf andere Weise direkt wirtschaftlich auf den Betrieb aus, beispielsweise der Erosionsschutz oder das Saatgutpotenzial von Wiesen. Ein zentrales Argument für die Gewährung von Direktzahlungen im Wiesland ist auch die Offenhaltung der Landschaft.

      Die wichtigsten der vielfältigen Leistungen des Wieslandes sind:

      – Futterertrag in Bezug auf Menge und Qualität: Aus landwirtschaftlicher Sicht gehören Ertrag und Qualität eng zusammen. Ein hoher Ertrag an qualitativ hochwertigem Futter ist heute im sogenannten Wirtschaftsgrünland die im Vordergrund stehende Funktion des Wieslandes. Die mit dem Wiesenfutter mögliche Milch- und Fleischleistung pro Tier, aber ebenso die ökonomisch wichtige Grösse der Flächenproduktivität, also die Anzahl Liter Milch oder Kilogramm Fleisch, die pro Hektare Wiesland produziert werden können, hängen direkt vom Ertrag und der Qualität des Futters einer Wiese ab (s. Kap. 9). Ein hoher Ertrag ist im Naturfutterbau nur möglich mit einem stabilen, ausgewogenen Pflanzenbestand, bei dem einerseits die ertragsbildenden Arten zugleich die wertvollen Futterpflanzen ausmachen und bei dem andererseits auch die weiteren unentbehrlichen Funktionen wie Resilienz («Stabilität»), Befahrbarkeit usw. erfüllt sind.

      Exkurs 2

      Wiese – ein altes Wort mit junger Bedeutung

      Noch anfangs des 20. Jahrhunderts wurde in der Fachliteratur heftig darüber debattiert, wie der Begriff «Wiese» zu definieren sei und wie er sich von den zahlreichen anderen, teilweise synonym verwendeten Begriffen wie Fluren, Rasen, Spreiten, Matten, oder Grasland abgrenze. Im Bemühen, die verschiedenen Bezeichnungen einzuordnen und das Wiesland begrifflich klar und einheitlich zu fassen, wurden auch immer wieder neue Begriffe kreiert und verschiedene Unterscheidungskriterien festgelegt. So gab es beispielsweise die Aufteilung zwischen «langrasigen grasreichen Wiesen» und «kurzrasigen, kräuterreichen Matten». Der deutsche Pflanzengeograph DRUDE (1890) fasste die verschiedenen Begriffe für das heutige Wiesland unter dem Begriff «Grasflurformation» zusammen. Der Zürcher Vegetationskundler Eduard RÜBEL führte 1930 den Begriff Sempervirentiherbosa ein, mit dem er das Wiesland kennzeichnete – was übersetzt aus dem Lateinischen soviel heisst

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