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der zahlreichen neuen Grafiken und des Layouts. Bei den Feldarbeiten und deren Auswertungen halfen verschiedene Mitarbeiter von Ö+L GmbH mit. Erwähnen möchte ich namentlich Isabelle Nussbeck-Stähli, die viele der Vegetationsaufnahmen durchgeführt hat, und Lina Kamleiter, die mit ihrer Diplomarbeit wichtige Resultate zum Projekt beisteuerte.

      Nicht zuletzt danke ich meiner Familie für den Freiraum, den sie mir gewährte, um das Buch fertig zu stellen.

      Andreas Bosshard

      Zusammenfassung und Überblick

      Das Buch gibt einen Überblick über Ökologie, Produktivität, Nutzung, Ökonomie, Typologie und Geschichte des Wieslandes Mitteleuropas, mit einem Schwerpunkt beim produktionsorientiert genutzten, gedüngten Wiesland in der Schweiz.

      Im Teil A wird das komplexe Zusammenspiel von Standort, Pflanzenbestand und Nutzung des Wieslandes mit übersichtlichen Grafiken und an konkreten Beispielen anwendungsorientiert verständlich gemacht. In einem eigenen Kapitel werden die Wiesentypen der Schweiz, insbesondere des gedüngten Spektrums, im Detail beschrieben und erstmals ein quantitativer, reproduzierbar und damit ohne gutachterisches Vorwissen anwendbarer Bestimmungsschlüssel für die Zuordnung, Bewertung und Kartierung aller landwirtschaftlich wichtigen Wiesentypen präsentiert. Ausführlich wird auf das Ertragspotenzial der verschiedenen Wiesentypen und auf die Möglichkeiten und Faktoren einer wirtschaftlich optimierten, ressourcenschonenden, standortgemässen Nutzung eingegangen. Die Eigenschaften und Bedürfnisse der Raufutterverzehrer spielen dabei für eine nachhaltige Milch- und Fleischproduktion eine zentrale Rolle

      Teil B widmet sich der bewegten Geschichte des Wieslandes und des Futterbaus. Das Wiesland in der heutigen Form ist eines unserer jüngsten Ökosysteme. Bis heute fehlt jedoch eine «Wiesengeschichte» Mitteleuropas von der Naturlandschaft bis zu den modernen 6-Schnittwiesen in einer Überschau, welche sowohl die Entwicklung der Nutzung wie diejenige der Pflanzenbestände und ihrer Produktivität umfasst.

      Die Auswertung zahlreicher Quellen ermöglichte eine teilweise neue Sicht auf die Entstehungsgeschichte des Wieslandes und ihre treibenden Kräfte. So scheint die Herkunft der Wiesland-Pflanzenarten, wie sie bisher hauptsächlich vertreten wurde, teilweise revisionsbedürftig. Ebenso ist bisher die Entstehung der Mähwiesen kaum aufgearbeitet worden. Eigentliche Mähwiesen haben sich erst im Spätmittelalter mit der Verfügbarkeit neuer Stahlqualitäten aus den antiken Nutzungsformen des Wald-Weide-Kontinuums herausentwickelt. Doch dauerte es nochmals fast 1000 Jahre, bis die Mähnutzung im 19. Jahrhundert so schlagkräftig wurde, dass zusammen mit revolutionären Neuerungen im Ackerbau (Einführung der Leguminosen in die Fruchtfolge) die notorische Knappheit an Winterfuttur erstmals in der Geschichte der Viehhaltung überwunden werden konnte und Mähwiesen zur heutigen Dominanz gegenüber dem Weideland gelangten. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die früher allgegenwärtige Frühlingsweide aufgegeben – ein bisher stark unterschätzter, für das Verständnis der Biodiversität im Wiesland zentraler Faktor.

      Bis heute sind Wiesland und Ackerbau aufs engste miteinander verflochten. Doch die Art und Weise unterlag einem grundlegenden Wandel. Fast ein Jahrtausend lang war das Wiesland «die Mutter des Ackers»: Seine prioritäre Funktion war nicht die Ernährung des Viehs zur Produktion von Milch und Fleisch, sondern von Dünger, der die unumgänglichen Nährstoffe für den Ackerbau lieferte. Denn nur der Ackerbau konnte die zunehmende Bevölkerung Mitteleuropas ernähren. Die Rolle des Wieslandes kehrte sich im 20. Jahrhundert komplett um. Die Milch- und Fleischproduktion baute zunehmend auf den Einsatz von Kraftfutter aus Getreide, Mais, Soja und anderen Ackerfrüchten. Selbst Landwirtschaftsbetriebe in Grünlandregionen importierten und importieren zunehmend hohe Mengen an Kraftfutter aus Ackerland auf ihren Betrieb, teils aus weit entfernten Weltgegenden. Dadurch nahm der Hofdüngeranfall auf den Betrieben entsprechend stark zu. Heute findet über den Futtermittelzukauf ein massiver Nährstofffluss vom Acker- ins Wiesland statt. Dieser ist die treibende Kraft hinter der Intensivierung der Wieslandnutzung Mitteleuropas in den vergangenen Jahrzehnten und für zahlreiche Umweltprobleme, und er ist in einigen Regionen für die grossflächige futterbauliche und ökologische Degeneration von Pflanzenbeständen im Wiesland verantwortlich.

      Besonders betroffen von dieser Entwicklung waren die Fromentalwiesen, die im Rahmen des «Fromentalwiesenprojektes» Anlass zu diesem Buch gaben. Die Fromentalwiesen (Glatthaferwiesen) waren bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts der häufigste und zugleich produktivste Wiesentyp auf den guten Böden in den tieferen Lagen Mitteleuropas. Als leicht gedüngte, blumenreiche Fettwiesen waren sie noch in den 1950er Jahren das Rückgrat der Futterproduktion in der Schweiz und in Mitteleuropa.

      Die fast unbegrenzte Verfügbarkeit von Kunstdünger, der zunehmende Zukauf von Futtermitteln auf den Hof, und eine exponentiell voranschreitende Mechanisierung im Futterbau brachten die Fromentalwiesen zwischen 1950 und 1970 praktisch zum Verschwinden. Kein anderer Lebensraum in der Schweiz ist so dramatisch zurückgegangen. Heute sind 90 Prozent der verbliebenen Fromentalwiesenrelikte botanisch stark verarmt. Mehr oder weniger typische Fromentalwiesen nehmen in der Schweiz durchschnittlich gerade noch rund ein oder zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein, zumeist auf kleine Restflächen zurückgedrängt, die an sich gar keine typischen Fromentalwiesenstandorte sind.

      An die Stelle der damaligen Fettwiesen sind ertragreichere, aber im Hinblick auf die Biodiversität massiv verarmte Intensivwiesen getreten. Viele ehemals typische und weit verbreitete Pflanzenarten, darunter viele attraktive Wiesenblumen wie Margeriten, Salbei, Glockenblumen oder Flockenblumen, wurden auf Restflächen zurückgedrängt. Heute erreicht in der Schweiz nur noch ein Bruchteil selbst der Ökowiesen die Pflanzenartenvielfalt, welche in den Fettwiesen um 1950 alltäglich war.

      Noch stärker waren die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Wieslandfauna. Praktisch alle Tiergruppen, deren Verbreitungsschwerpunkt noch bis in die 1950er Jahre in den Fromentalwiesen lag und die einen Grossteil zur Artenvielfalt der Kulturlandschaft beitrugen, finden in den heutigen Intensivwiesen keine Überlebensmöglichkeiten mehr. Dazu gehören Heuschrecken, Tagfalter, vegetationsbewohnende Spinnen oder bodenbrütende Vogelarten. Ihre Individuenzahlen sind im Wiesland der tieferen Lagen in den letzten 100 Jahren auf noch rund 1 Prozent der damaligen Bestände zusammengebrochen. Bei einigen Tiergruppen sind grossflächig typische Wieslandarten ganz ausgestorben.

      Im dritten Teil des Buches (Teil C) wird der Frage nachgegangen, welche Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten heute für einen wieder ressourcenschonenderen, standortgemässeren Futterbau existieren und wie beziehungsweise ob sich dieser mit der hohen Bedeutung des Futterbaus für die Erhaltung der Biodiversität Mitteleuropas, aber auch mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten vereinbaren lässt. Umfangreiches Zahlenmaterial weist darauf hin, dass die heutige Nutzungsintensität im Wiesland den wirtschaftlich, ökologisch und für das Tierwohl optimalen Punkt teils bereits deutlich überschritten hat. Dies unabhängig von der Produktionsrichtung, denn der Bioanbau unterscheidet sich im Futterbau nur unwesentlich von der «konventionellen» Landwirtschaft. Ein Schlüsselelement für das Verständnis der Entwicklung und gleichzeitig auch für mögliche Lösungsansätze sind die kritisch zu hinterfragenden, immer höheren Milchleistungen.

      Eine der treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung ist die Industrie, welche allein an der Schweizer Landwirtschaft jedes Jahr Milliarden abschöpft, während die Bauern mit der Rindviehhaltung nicht nur nichts mehr verdienen, sondern sogar ein negatives Einkommen generieren. Nur dank den hohen Direktzahlungen vom Staat und einem starken Grenzschutz geht die Rechnung Ende Jahr für die Bauernfamilien noch auf.

      Doch es gibt im Hinblick auf eine ressourceneffiziente Wiesennutzung und die Biodiversität im Wiesland auch Lichtblicke. So wurden in den letzten 15 Jahren in der Schweiz mithilfe von Förderprogrammen des Bundes und einiger Kantone Hunderte Hektaren artenreicher Wiesen neu angesät. Damit konnte eine Trendwende im Rückgang der Fromentalwiesen erreicht werden. Mit der aktuellen Reform der Agrarpolitik kamen ab 2014 neue Anreizprogramme dazu, welche die Ressourceneffizienz der Wieslandnutzung verbessern oder den Kraftfuttereinsatz reduzieren helfen können. Seit einigen Jahren werden zudem die

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