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erfüllen kann.

      Andreas Bosshard zeigt aber auch auf, dass sich diese Blumenwiesen nicht allein als Ökoflächen erhalten und fördern lassen. Sie müssen wieder Bestandteil einer produktiven, nutzungsorientierten, standortsgerechten Landwirtschaft sein. Das Erstaunliche dabei: Eine solche Landwirtschaft wäre offenbar auch wirtschaftlicher. Nur dank einem international einzigartig hohen Geldmittelfluss von der öffentlichen Hand konnte sich eine derart intensive, gleichzeitig zu teure wie naturfeindliche Landnutzung in der Schweiz überhaupt entwickeln und halten. Weniger wäre offenbar deutlich mehr.

      Hierfür werden die Empfehlungen abgegeben, wie der Futterbau angegangen werden müsste. Diese Arbeit ist ein Weckruf, die Gier nach immer mehr zu hinterfragen und sich ökonomisch wie ökologisch wieder auf ein nachhaltiges Mass der Landnutzung zurückzubesinnen. Dies zum Wohl von uns allen, Mensch, Tier und Pflanze, und nicht zuletzt von den Bauernfamilien selber.

      Mario F. Broggi

      Stiftungsrat Bristol-Stiftung, Zürich

      Das Grünland ist ein vom Menschen geschaffenes Ökosystem und unterliegt deshalb in besonderem Masse dem allgemeinen gesellschaftlichen Wandel. Das wird im Wiesenbuch von Andreas Bosshard in eindrücklicher Weise dargelegt. Besonders die historischen, pflanzensoziologischen und wiesenökologischen Kapitel stellen viel Wissen zusammen, das bisher nicht allgemein zugänglich war. Am Beispiel der Fromental-Wiesen wird aufgezeigt und naturwissenschaftlich begründet, wie sich die Artenvielfalt in den letzten Jahrzehnten verändert hat.

      Im Wiesenbuch werden der starke Rückgang der Fromental-Wiesen und insbesondere deren Artenvielfalt beklagt und der Eindruck erweckt, dass dafür vor allem eine Fehlentwicklung in der Landwirtschaftspolitik verantwortlich ist. Diese Einschätzung ist eine etwas einseitige Sichtweise und wird der Realität zu wenig gerecht. Zwar ist der Artenrückgang im Grünland des schweizerischen Mittellands eine Tatsache, doch war, ist und bleibt die Hauptfunktion die Produktion von wertvoller Nahrung. Dies geschieht einerseits über die Veredelung von Wiesenfutter via Wiederkäuer zu Milch und Fleisch oder durch Steigerung der Bodenfruchtbarkeit im Wechsel mit dem Ackerbau. Die unumgängliche Steigerung der Produktion wäre ohne einen gewissen Verlust an Biodiversität und Strukturreichtum nicht möglich gewesen.

      Die sogenannten Fruchtfolgeflächen, die sowohl als Wiesen und Acker genutzt werden, sind vor allem im Schweizer Mittelland konzentriert. Seit 1900 hat eine gewaltige Veränderung der Kulturlandschaft und ihrer Nutzung stattgefunden: das Bevölkerungswachstum hat um 253 Prozent zugenommen. Es ist eine Wohlstandsgesellschaft mit hohem Mobilitätsbedürfnis entstanden, die sich nicht gross um den masslosen Bodenverschleiss für den Siedlungs- und Strassenausbau gekümmert hat. Zum Opfer gefallen ist vor allem die produktive landwirtschaftliche Nutzfläche. Das Ackerland ist in den letzten dreissig Jahren pro Kopf um ein Drittel gesunken und liegt nur noch bei 500 m2 pro Einwohner – das ist ein Viertel des internationalen Durchschnitts. Mindestens so wichtig wie eine nachhaltige, standortgemässe, differenzierte Nutzung des Wieslandes ist deshalb der absolute Schutz der verbliebenen Flächen vor weiterer Überbauung, aber ebenso die weitere Flächenaufgabe im Berggebiet.

      Weite Teile des Schweizer Mittellands gehören zu den privilegiertesten Grünland-Gunstlagen der Welt. Dank den sicheren und gut verteilten Sommerniederschlägen wächst hier bestes Gras in grossen Mengen, das sich hervorragend für die Milchproduktion eignet. Die Veredelung von Wiesenfutter zu Nahrung ist über die Milch um ein Mehrfaches effizienter als über Fleisch. Entsprechend ist es richtig, wenn im Wiesenbuch vor allem die Milchproduktion im Fokus der Betrachtungen steht. Es ist Andreas Bosshard gelungen, gerade hier wichtige Zusammenhänge aufzuzeigen und die aktuelle Entwicklung der Schweizer Milchproduktion und Viehzucht in ein kritisches Licht zu stellen. Das entsprechende Kapitel im Wiesenbuch ist besonders wertvoll und eine anerkennenswerte transdisziplinarische Leistung.

      Möge das Wiesenbuch von Andreas Bosshard dazu beitragen, den richtigen Weg zur nachhaltigen Nutzung unserer vom Grünland geprägten Kulturlandschaft zu finden. Als Antithese zur heutigen Realität liefert es viele wertvolle Impulse und Denkansätze.

      Peter Thomet

      ehemaliger Professor für Grünlandlehre, Futterbau und Milchproduktion an der Hochschule für Agrar- Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und ehemaliger Präsident der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF)

Inhalt

      Vorwort und Dank

      Anstoss zu diesem Buch gab eine Untersuchung über die Entwicklung der Fromentalwiesen in der Schweiz. Fromentalwiesen werden die Fettwiesen der Tallagen genannt. Sie stellten bis in die 1950er Jahre den am intensivsten genutzten Wiesentyp dar, der grosse Teile des Wieslandes einnahm und das Rückgrat der Futterproduktion bildete. Die Resultate des Projektes waren für alle Beteiligten überraschend. Der damalige Fettwiesentyp ist praktisch verschwunden. Er würde heute zu den artenreichen Wiesen zählen. Selbst Ökowiesen erreichen hinsichtlich der Artenvielfalt grossenteils nicht mehr das Niveau, welches in den Fettwiesen noch um 1950 alltäglich war. Offenbar ist es im «Alltagswies-land» während den vergangenen fünf bis sechs Jahrzehnten zumindest in den tieferen Lagen der Schweiz zu einem eigentlichen Zusammenbruch der Biodiversität gekommen, der viel weiter geht als bisher angenommen, und der bis heute lediglich ganz punktuell untersucht und dokumentiert ist.

      Die Recherchen machten auch die Diskrepanz deutlich zwischen der umfangreichen Literatur zum extensiven, heute prioritär im Hinblick auf Naturschutzaspekte bewirtschafteten Wiesland und der ökologisch sehr geringen Beachtung, welche das gedüngte Spektrum des Wieslandes seit den 1950er Jahren erfahren hat. Insbesondere botanisch und pflanzensoziologisch wurde der gedüngte Bereich kaum bearbeitet. Das agronomische Interesse war dagegen seit den 1950er Jahren ganz auf den intensiv genutzten Bereich gerichtet und ermöglichte eine wesentliche Steigerung der Erträge und der Nutzungsintensität.

      Die polarisierte Interessenlage hatte zur Folge, dass die mittelintensiv und wenig intensiv genutzten Wiesen quasi durch die Maschen der Aufmerksamkeit fielen. Diese Lücke sollte das Fromentalwiesenprojekt füllen, und hier setzt das vorliegende Buch entsprechend einen Schwerpunkt. Denn gerade diese Wiesentypen spielen flächenmässig und vom Produktionspotenzial her eine wichtige Rolle für die standortgemässe, effiziente Wieslandnutzung, aber auch für die Biodiversität in der offenen Kulturlandschaft.

      Wie das Wiesland genutzt wurde und in Zukunft genutzt wird, ist letztlich immer die Folge von individuellen Entscheidungen auf dem einzelnen Landwirtschaftsbetrieb. Diese Entscheide lassen sich nur verstehen aus einer gesamtbetrieblichen Perspektive. Produktion, Wirtschaftlichkeit, Artenvielfalt, persönliche Interessen der Bauernfamilie, die auf dem Hof gehaltenen Raufutterverzehrer, äussere Rahmenbedingungen und viele weitere Aspekte gehören auf dem Hof auf’s Engste zusammen. Das komplexe Zusammenspiel macht die ganz bestimmte Bewirtschaftung des Wieslandes letztlich im Konkreten erst nachvollziehbar. Das Verständnis, wie das Wiesland und der Futterbau in den Gesamtbetrieb eingebettet ist, ist damit die Voraussetzung für eine erfolgsversprechende Suche nach Lösungen im Sinne eines nachhaltigen, standortgemässen Futterbaus. Die betriebliche Perspektive, vor allem auch die enge Verbindung des Wieslandes mit der Milch- und Fleischproduktion, nehmen deshalb im Buch einen wichtigen Stellenwert ein. Die langjährige Beschäftigung in der landwirtschaftlichen Beratung und in der ökologisch-futterbaulichen Planung und Forschung kamen dem Vorhaben eines umfassenderen Überblicks eines ganzheitlich orientierten Futterbaus entgegen.

      Ein solches Vorhaben ist anspruchsvoll. Zweifellos sind viele Ausführungen ergänzungsbedürftig. In diesem Sinne soll das Buch Anregungen geben, diesen Ergänzungsbedarf in Forschung, Beratung und Praxis aufzugreifen und so der Nachhaltigkeit im Futterbau wieder vermehrt Gewicht zu geben.

      Das Fromentalwiesenprojekt wurde in grosszügiger Weise durch die Bristol-Stiftung, Pro Natura und die Temperatio-Stiftung unterstützt. Diesen Institutionen gilt mein besonderer Dank. Die Bristol-Stiftung regte die Ausarbeitung der Resultate in Buchform an und finanzierte den Druck.

      Herzlichen Dank schulde ich den verschiedenen Fachexperten, die zu einzelnen Kapiteln wesentliche Hinweise beisteuerten, insbesondere Peter Thomet, Hans Ulrich Gujer, Jodok Guntern, Frank Klötzli, Georg Grabherr, Alois Kapfer, Peter Moser und Thomas Walter. Besonders danke ich Mario Broggi und

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