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      In all seinen Beiträgen über Psychologie präsentiert Chögyam Trungpa einen Ansatz, der auf den aus der Meditationspraxis erwachsenden Einsichten beruht, auf dem Verständnis, das man für seinen eigenen Geist entwickelt, und auf der Praxis der Meditation in allen Aktivitäten des eigenen Lebens. Die Verbindung zwischen formeller Praxis und alltäglichen Lebenssituationen war etwas, auf das er bei seiner Vermittlung der buddhistischen Lehren im Westen früh Wert legte. Nicht umsonst lautete der Titel seines ersten Buches, 1969 in England veröffentlicht, Meditation in Action. Angesichts dieser Zielrichtung seiner ganzen Arbeit überrascht es nicht, dass er Erkenntnisse aus der buddhistischen Tradition auf die psychotherapeutische und klinisch-psychologische Arbeit – sowie auf eine Reihe anderer „weltlicher“ Disziplinen des Westens – übertrug.

      Obwohl Trungpa Rinpoche ziemlich detaillierte Ratschläge erteilt, was die Arbeit mit anderen auf einer geistig gesunden und mitfühlenden Grundlage angeht, so ist sein Rezept gleichzeitig doch breit angelegt und von großer Tragweite. Im Artikel „Ganz Mensch werden“ beispielsweise beginnt er die Diskussion des Themas mit der Bemerkung: „Die grundlegende Arbeit in einem Heilberuf besteht generell und besonders bei Psychotherapeuten darin, ganz Mensch zu werden und diese Qualität des Ganz-Mensch-Seins in anderen zu wecken, die ihr Leben als sinnlos empfinden“ (Seite 181).

      Wie wichtig grundlegende geistige Klarheit und Gesundheit als Grundlage für die Arbeit mit einem selbst und anderen ist, wird in diesem ganzen Abschnitt immer wieder betont. Chögyam Trungpa hebt hervor, dass wir jederzeit mit grundlegender Gesundheit in Verbindung sind und diese nichts Künstliches, sondern naturgegeben ist. Er schreibt:

      „Zuerst kommt die Gesundheit: Krankheit ist sekundär. Gesundheit ist. Gesund zu sein heißt also, von Grund aus wohlauf zu sein, wobei Körper und Geist in einem Seinszustand synchronisiert sind, der unzerstörbar und gut ist. Diese Einstellung ist nicht nur den Patienten zu empfehlen, sondern auch den Helfern oder Ärzten. Beide Seiten können sie sich zu eigen machen, weil dieses naturgegebene, grundlegende Gutsein immer und in jeglicher Interaktion eines menschlichen Wesens mit einem anderen da ist“ (Seite 181).

      Der Autor betont auch, wie wichtig es ist, eine kultivierte Umgebung für andere zu schaffen, eine, die sowohl dem Helfenden wie auch dem Klienten das Gefühl gibt, dass sie und das Leben heilig sind. Er spricht über die elementaren menschlichen Erfahrungen von Verlust und Vergänglichkeit und dass es Heilungsprozesse positiv beeinflusst, wenn man sie akzeptiert.

      Trungpa Rinpoche hebt hervor, dass Ressentiments und Aggressionen die Wurzel tiefgreifender psychischer Probleme sind: „Wenn es in irgendeinem Bereich des Umfelds, in dem man aufwächst, Aggression und Antipathie gibt, ist das vom buddhistischen Standpunkt aus ein Nährboden für Wahnsinn“ (Seite 189). Die Entwicklung eines ausgeglichenen und aggressionsfreien Umfeldes kann helfen, Maitri zu kultivieren, eine durch und durch freundliche und mitfühlende Einstellung, die Angst und Aggression überwinden kann, bei einem selbst und bei anderen. „Der Schlüssel zur Überwindung von Aggression ist, ein natürliches Vertrauen zu sich selbst und in die Umgebung, in die eigene Welt, zu entwickeln. Im Buddhismus wird dieses Selbstvertrauen Maitri genannt“ (Seite 191).

      Der Zusammenhang dieser Beiträge zur therapeutischen Praxis mit der Praxis der Meditation muss unbedingt hervorgehoben werden. So schreibt Chögyam Trungpa im Prolog „Die Begegnung von buddhistischer und westlicher Psychologie“:

      „Westliche Psychologen haben mich gefragt, ob die direkte Erfahrung der Meditation wirklich notwendig ist. Sie wollten wissen, ob die ‚interpersonelle Ausbildung‘ nicht genügt. Darauf würde ich antworten, dass die interpersonelle Ausbildung allein zu kurz greift. Zunächst ist es notwendig, den eigenen Geist zu studieren und zu erleben. Dann kann man den Geist in der interpersonellen Situation präzise studieren und erleben“ (Seite 37).

      Die vorhergehenden Artikel über Meditation und Geist ermöglichen es dem Leser, die Methode zu verstehen, die zu dieser Auffassung von der menschlichen Psyche führt. Diese Erkenntnisse über einen selbst und die grundlegende Natur des Geistes führen dann zu bestimmten Vorschlägen oder Rezepten, wie man mit anderen arbeiten kann. Und dies wiederum ist die Verbindung zwischen der Meditation als Übung und der Meditation in ihrem konkreten Bezug, als „aktive Meditation“ (meditation in action), zu jedem Aspekt des eigenen Lebens – einschließlich der Arbeit in einem Heilberuf.

      Indem man diese Reihenfolge durchläuft, kann man nachvollziehen, dass das, was Chögyam Trungpa uns zu geben auffordert, genau der Methode entspricht, die er uns für die Arbeit an uns selbst vorschlägt. Seine beharrliche Botschaft lautet: Wenn man es simpel angeht und sich öffnet, findet man Zugang zu geistiger Gesundheit. Praktiziere, meditiere, nimm dir nichts vor, und du wirst grundlegende Gesundheit finden. Sei bei anderen, nimm dir nichts für sie vor, und sie werden dasselbe finden. Von Trungpa Rinpoches Standpunkt aus gibt es keinen anderen Weg, mit Menschen zu arbeiten. Wenn wir nicht die Kontinuität würdigen, die unseren Geist und unser Erleben mit dem von anderen verbindet, haben wir nicht viel Wertvolles zu bieten.

      Ein besonderes Kennzeichen von Chögyam Trungpas Vorgehensweise ist, dass er mehr an den Fragen interessiert ist als an den Antworten. Tatsächlich endet das Buch mit einer Frage: seinem provokativen Vortrag „Ist Meditation Therapie?“. Chögyam Trungpa fordert uns auf, unsere Denkweisen und uns selbst zu hinterfragen, und das nicht nur als Methode für den Anfang, sondern auch als Werkzeug für die weitere Arbeit mit uns selbst wie auch mit anderen. Wir müssen nicht alle Antworten wissen; ja, er behauptet sogar, es sei besser, wenn wir nicht alles wissen. Wir müssen uns vielmehr einen Freiraum zur Verfügung stellen, wo wir Dinge untersuchen können, und denselben geschützten Freiraum für die, mit denen wir arbeiten, so dass alle möglichen Entdeckungen möglich sind.

      In diesem Sinne hoffen wir, dass die Lektüre dieses Buches zum Nachdenken anregt und dass es genauso viele Fragen aufwirft, wie es beantwortet. Wir hoffen, dass dieser Band ein wertvolles Handbuch wird für Studenten der Psychologie und Philosophie, für alle, die in Gesundheits- und Heilberufen arbeiten, und für viele weitere Leser, die mehr wissen wollen über Meditation und die Natur ihres eigenen Geistes.

      CAROLYN ROSE GIMIAN

       MÄRZ 2004

      Prolog

      Die Begegnung von buddhistischer

       und westlicher Psychologie

      Erfahrung und Theorie

      Die traditionelle buddhistische Psychologie betont die Bedeutung direkter Erfahrung in der psychologischen Arbeit. Wenn man sich nur auf die Theorie verlässt, geht etwas Grundlegendes verloren. Vom buddhistischen Standpunkt aus ist das theoretische Studium nur ein erster Schritt und muss durch ein Training im direkten Erleben des Geistes selbst ergänzt werden, bei einem selbst und bei anderen.

      In der buddhistischen Tradition wird dieser empirische Aspekt durch die Praxis der Meditation kultiviert, eine Beobachtung des Geistes aus erster Hand. Meditation ist im Buddhismus keine religiöse Praktik, sondern vielmehr ein Weg, die tatsächliche Natur des Geistes und der Erfahrung zu klären. Gemäß der Tradition hat die meditative Schulung drei Aspekte: shila (Disziplin), samadhi (die eigentliche Meditationspraxis) und prajna (Einsicht).

      Shila ist der Prozess einer generellen Vereinfachung des eigenen Lebens und der Beseitigung unnötiger Komplikationen. Um eine echte geistige Disziplin zu entwickeln, ist es zuerst einmal nötig zu sehen, wie wir uns ständig mit Nebensächlichkeiten und Kleinigkeiten belasten. In buddhistischen Ländern beinhaltet Shila meist, dass man ein Leben gemäß den Vorschriften für Mönche und Nonnen führt oder sich an die buddhistischen Laienregeln hält. In der säkularen Welt des Westens könnte Shila einfach heißen, dass man für sein Leben eine generelle Haltung der Einfachheit kultiviert.

      Nummer zwei ist Samadhi oder Meditation, das Herzstück der praktischen Schulung im Buddhismus. Bei dieser Übung sitzt man da und richtet seine Aufmerksamkeit gelassen und achtsam auf den

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