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beruhe: Dasselbe sag’ ich von der Verhöhnung, daß nämlich diese nicht von dem Willen der Höhnenden abhängt, sondern durch die Verfassung derer, die sie erdulden, je Kraft gewinnt oder vereitelt wird. Ich gebe ein Beispiel. Gesetzt, es habe dich Jemand aufs höchste und gröbste verhöhnt. Verlachst du seinen Hohn und greifst die Worte nicht auf und bleibst so über die Verwundung erhaben, so bist du gar nicht verhöhnt. Und wie wir, hätten wir einen diamantenen Leib, keine Wunden empfingen, ob auch von allen Seiten zahllose Geschoße auf uns fielen, — denn nicht die Hand, welche die Geschoße absendet, sondern die Leiber, welche sie auffangen, sind an den Wunden schuld —-: gerade so gewinnt auch hier die Verhöhnung und die Schmach derselben ihre Kraft nicht durch die Wuth der Verhöhner, sondern durch die Schwachheit der Verhöhnten. Denn wüßten wir Weisheit zu üben, so würden wir weder verhöhnt, noch sonst von einem Unglück getroffen werden können. D e r Mensch da hat dich verhöhnt; — aber es hat dich nicht gerührt noch geschmerzt: und so bist du auch nicht verhöhnt; ja viel eher hast du verwundet, als daß du verwundet bist. Denn wenn der Beleidiger sieht, daß sein Schlag die Seele der Geschmähten nicht trifft, so beißt es ihn selbst um so heftiger: und wenn die Verhöhnten in ruhigem Schweigen verharren, so wendet sich des Hohnes Geschoß von selber und trifft den, der es entsendet. 74

      9.

      Lasset uns demnach Weisheit üben in Allem, Geliebte, und es wird uns die Armuth in keinem Stücke zu schaden vermögen, sondern uns vielmehr aufs höchste nützen und uns herrlicher machen und wohlhabender als Alle, die reich sind. Denn wie, sag’ an, war je einer ärmer als Elias? Aber eben darum, weil er arm war und die Armuth aus Reichthum an Einsicht erwählt hatte, ragte er über alle Reichen empor. Denn nur weil er jeglichen Reichthum an Schätzen geringer hielt als die Hoheit seiner Seele und nicht würdig seiner Weisheit, — nur darum erkor er sich so große Armuth. Gewiß, hätte er das Zeitliche hochgeachtet, so würde er mehr besessen haben als einen Schafpelz. Allein in solchem Maaße verachtete er die Eitelkeit der zeitlichen Dinge und sah alles Gold für hingeworfenen Koth an, daß er Nichts weiter besaß als jenes Gewand. Darum bedürfte der König dieses Armen, und der so viel Gold hatte, haftete an dem Munde dessen, der Nichts besaß als einen Pelz. Um so viel herrlicher war der Pelz als der Purpur, und die Höhle des Gerechten als die Hallen des Königs! Darum ließ er auch, als er gen Himmel fuhr, dem Jünger nichts Anderes als den Schafpelz zurück. 75Mit diesem, sprach er, habe ich wider den Teufel gerungen; ihn nimm auch du und waffne dich damit wider Jenen. Denn eine starke Waffe ist Besitzlosigkeit, eine unbezwingliche Behausung, ein unerschütterlicher Thurm. Gleich der reichsten Erbschaft übernahm Eliäus den Pelz; und es war in der That eine sehr reiche Erbschaft, köstlicher als alles Gold. Dieser war von nun an zwiefältig Elias: er war Elias von oben und Elias von unten. 76

      Ich weiß, daß ihr jenen Gerechten selig preist, und daß Jeder von euch gerne sein möchte wie er. Wie nun, wenn ich euch zeigte, daß wir alle, die wir in die Geheimnisse des Glaubens eingeweiht sind, etwas viel Größeres empfangen haben als Jener? Denn Elias hinterließ seinem Schüler einen Pelz; aber der Sohn Gottes hat uns, als er auffuhr, sein eigenes Fleisch hinterlassen. Elias entäußerte sich seines Pelzes; aber Christus hat uns dasselbe (sein Fleisch) hinterlassen und stieg doch auch im Besitze desselben empor. Darum laßt uns nicht muthlos werden, noch wehklagen, noch die Härte der Zeiten befürchten. Denn er, der nicht angestanden, für Alle sein Blut zu vergießen, und uns seines Fleisches theilhaftig gemacht und seines Blutes nicht minder: was sollte er anstehen, für unsere Rettung zu sorgen? Also auf diese Hoffnungen bauend laßt uns ihn ohne Unterlaß anrufen und anhalten mit Beten und Flehen und jeder andern Tugend mit allem Fleiß obliegen, damit wir sowohl der vorhandenen Gefahr entgehen, als auch die zukünftigen Güter erlangen, deren wir alle gewürdigt werden mögen durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesu Christi, mit welchem dem Vater sammt dem heiligen Geiste sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

      Dritte Homilie.

      Inhalt.

      Von der Abreise des Bischofs Flavian zum Kaiser und von der Liebe und Treue, die ihn dazu bewogen. Von den Motiven, die er anführen werde, um der Stadt Vergebung zu erwirken, in Form einer Unterredung mit Theodosius. Aufforderung an die Antiochener, dem Bischöfe in seinem Werke beizustehen durch Gebet und Flehen zu Gott und durch Enthaltung von Sünden. Von dem Ablegen und Unterlassen der bösen Werke, als der rechten Art des Fastens. Das Beispiel der Niniviten. Nicht nur der Mund, sondern alle Glieder sollen fasten! Und auch der Mund nicht allein von Speisen, sondern ebenso von schandbaren Worten und besonders vom Schmähen. Des letztern allseitiger Schaden. Wie man statt dessen den Bruder von seinen Gebrechen und den Afterredner heilen könne und solle. Wer Schmäher, vernachläßigt das Seine, erschwert sein eigenes Gericht und geht leicht bis zur Gotteslästerung vor. Gottes Langmuth und Güte im Vergleich zu den Menschen, aus den Folgen des Aufruhrs erwiesen. Schließliche Warnung vor Leichtsinn und Aufgabe dreier Gebote.

      1.

      Wenn ich auf diesen öden und vom Lehrer verlassenen Thron Hinblicke, so freue ich mich zugleich und weine ich. Ich weine, daß ich unsern Vater nicht anwesend sehe; ich freue mich aber, daß er um unserer Rettung willen abgereist und hingegangen ist, ein so großes Volk dem kaiserlichen Zorn zu entreissen. Das gereicht wie euch zur Zierde, so jenem zur Krone. Euch zur Zierde, weil euer Loos auf solch einen Vater gefallen; jenem zur Krone, weil er für seine Kinder so liebevoll sorgt und das Wort Christi durch die That selber bekräftiget hat. Denn weil er vernommen: „Ein guter Hirt läßt sein Leben für die Schafe,” 77 so ging er hin, sein Leben einzusetzen für uns alle, obschon Vieles war, was sich seiner Abreise in den Weg stellte und ihn zu bleiben nöthigte. Und zwar zuerst seine Jahre, die das höchste Greisenalter erreicht haben; sodann die Schwachheit seines Leibes und die Jahreszeit und die Nothwendigkeit seiner Gegenwart bei dem heiligen Feste; 78 zudem die einzige Schwester, die er hat, und die todtkrank darniederliegt. Aber nichts desto weniger setzte er sich sowohl über die Bande des Blutes als über Alter und Schwachheit, über Ungunst der Zeit und die Mühe der Reise hinweg; und indem er euch und eure Rettung Allem vorzog, hat er diese Fesseln alle zerrissen, und von Eifer beflügelt eilt jetzt der Greis gleich einem Jünglinge vorwärts. Denn wenn Christus, sagt er, sich selbst für uns hingegeben, welcher Entschuldigung und Verzeihung wären wir werth, denen die Vorsteherschaft eines so großen Volkes anvertraut ist. wenn wir nicht bereit ständen, für die Sicherheit der uns Anvertrauten Alles zu thun und zu leiden! Wenn der Patriarch Jakob, 79 sagt er, der doch nur über Zuchtvieh gesetzt war und unvernünftige Schafe weidete und einem Menschen Rechenschaft abzulegen hatte, dennoch schlaflose Nächte zubrachte und Hitze und Kälte und jeglichen Witterungswechsel ertrug, um kein Stück von jenem Vieh zu verlieren: wie viel weniger darf uns, die wir nicht vernunftlosen, sondern geistlichen Schafen vorgesetzt sind und nicht einem Menschen, sondern Gott über unser Vorsteheramt Rechenschaft ablegen werden, Etwas verdrießen und abstoßen, was der Heerde nützlich sein kann! Im Gegentheil, wieviel diese Heerde besser ist als jene, und Menschen besser als Vieh, und Gott besser als Menschen, um soviel größern und feurigern Eifer und Willen müssen wir zeigen. Er weiß gar wohl, daß er jetzt Sachwalter ist nicht einer Stadt, sondern des ganzen Morgenlandes; denn von allen Städten, die gen Morgen liegen, ist unsere Stadt Mutter und Haupt. Deßhalb unterzog er sich jeder Gefahr, und nichts vermochte ihn hier zurückzuhalten.

      Darum hoffe ich unsere Erwartungen verwirklicht zu sehen; denn Gott wird einen solchen Eifer, eine solche Bereitwilligkeit nicht unbelohnt lassen noch dulden, daß sein Diener unverrichteter Sache wieder zurückkomme. Ich weiß, daß Jener, auch wenn er sich nur sehen ließe und den frommen Kaiser anblickte, durch seine Erscheinung allein dessen Zorn alsbald zu unterdrücken vermöchte. Denn nicht nur die Rede, sondern auch das Antlitz heiliger Menschen ist voll geistlicher Gnade. Dieser aber ist noch dazu mit viel Weisheit erfüllt: und da er die göttlichen Satzungen kennt, so wird er zu ihm sagen, was einst auch Moses zu Gott (gesagt hat): „Willst du ihnen die Sünde vergeben, so vergib; wo nicht, so tödte mit ihnen auch mich;” 80 denn solch ein Gemüth haben die Heiligen; den Tod mit ihren Kindern halten sie für süßer als das Leben ohne sie. Auch wird er den gelegenen Zeitpunkt benutzen und das heilige Osterfest vorführen und an die

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