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dann …, ich bin drüben im Biergarten, falls du es dir noch anders überlegst.«

      Mit einem kurzen »Servus!« schloss sie tatsächlich hinter ihm die Ladentür ab, wie Henning überrascht feststellte. Er zuckte die Achseln und schlenderte betont lässig hinüber zum Biergarten der Brauerei Schwartz.

      Elli verschloss die Tageseinnahmen und lief nach oben in ihre Wohnung, um sich in Windeseile ein wenig frisch zu machen und in eines ihrer Lieblingskleider zu schlüpfen. Es war grün und betonte ihre weiße Haut mit den zarten Sommersprossen. Mit wenigen, kräftigen Bürstenstrichen fuhr sie durch ihre Lockenmähne, die frei und ungebändigt über ihren Rücken flutete. Ihr einziger Schmuck waren Ohrringe aus grünem Glas und ein Seidenband mit einer Rosenblüte, das sie sich um das linke Handgelenk band. Kaum hatte sie die Schleife befestigt, hörte sie den Autor klingeln. Wie immer ging es im Laufschritt die Treppe nach unten, und Elli riss die Tür auf.

      Til Tilsner, ganz in Schwarz, musterte sie mit einem Ausdruck aufrichtiger Bewunderung. »Sie sehen abenteuerlich aus.«

      »Ich fühle mich auch abenteuerlich. Immerhin verbindet sich heute Abend ein großer Name mit meiner Buchhandlung«, antwortete sie mit blitzenden Augen.

      Der Schriftsteller lächelte. »Sie sind aufgeregt.«

      »Klar! Sie nicht?«

      Til Tilsner hatte schon eine rasche Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter. Er war längst nicht so cool, wie er sich gab, und Elisabeths entwaffnende Offenheit war ansteckend. »Doch, ich bin jedes Mal aufgeregt, wenn ich es mit einem größeren Publikum zu tun habe«, antwortete er leise. »Eigentlich sind mir Lesungen in kleinerem Rahmen lieber, das ist viel persönlicher.«

      Überrascht schaute Elli den Mann an. So hatte sie ihn nicht eingeschätzt. »Das finde ich sympathisch. Eigentlich wäre das ›Lesezeichen‹ dann genau der richtige Rahmen für Sie, vielleicht ergibt sich noch einmal eine andere Gelegenheit.«

      »Ja, vielleicht.« Er schaute Elli nachdenklich an.

      »Kommen Sie, wir werden uns jetzt zusammen Ihrem Publikum stellen!« Unbekümmert hakte sie sich bei dem Mann ein und zog ihn mit sich in Richtung des Gemeindeshauses.

      Der Saal war bereits gut besucht, und lebhaftes Stimmengewirr empfing Elli und ihren Star-Autor. Die allgemeine Unterhaltung veränderte sich zu einem aufgeregten Getuschel, als sie durch die Stuhlreihen nach vorn gingen. Elli hatte einen Sessel aus ihrem Geschäft aufgestellt, daneben einen kleinen Tisch mit Blumen und einer Wasserkaraffe. In den ersten Reihen hatte sie Plätze für die Seefelds und ihre Freunde reserviert, sodass Miriam Holzer das Nachsehen hatte: Neben Sebastian Seefeld saß Hebamme Anna.

      Elli eröffnete die Lesung mit einigen freundlichen Worten an das Publikum und den Autor. Ehe sie sich auf ihren Platz am Rand der ersten Reihe setzte, lächelte sie ihn warmherzig an. »Viel Erfolg!«, flüsterte sie.

      Der Mann nickte; sein Blick folgte ihr, bis sie Platz genommen hatte, dann schlug er sein Buch an der gekennzeichneten Stelle auf und begann, konzentriert zu lesen. Vom ersten Satz an schlug er das Publikum in seinen Bann. Er las ebenso gut, wie er schrieb, und der Saal füllte sich mit knisternder Spannung.

      Auch Henning konnte sich dieser Stimmung nicht entziehen, obwohl seine Aufmerksamkeit nicht nur der Geschichte galt. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Elli, die völlig versunken zuhörte. Er verspürte den brennenden Wunsch, seinen Arm um ihre Schultern zu legen, mit der Hand durch ihre schwere Haarfülle zu streichen. Sie sollte ihm ihr Gesicht zuwenden, und er wollte den Ausdruck wiedererkennen, mit dem sie ihn früher angeschaut hatte. Er wollte sie wiederhaben, seine schöne, temperamentvolle, geistreiche Frau, die doch viel besser in das luxuriöse Leben am Genfer See passte als in das Örtchen Bergmoosbach.

      Sie schien seinen Blick zu spüren, denn jetzt wandte sie ihren Kopf und schaute ihn mit blitzenden Augen an. »Er ist einfach fantastisch!«, flüsterte sie. »Unglaublich, wie er Spannung aufbaut!«

      »Ja, er ist ganz gut«, musste Henning zugeben, und dann schweiften seine Gedanken endgültig ab. Schöne Buchhandlungen gab es auch in Genf, und Elli würde dort die Arbeit finden, die sie so liebte. Ein eigenes Geschäft würde sie zwar nicht führen können, das war zu zeitaufwändig. Er brauchte seine kluge und belesene Frau bei den gesellschaftlichen Anlässen, bei denen er als bekannter Wissenschaftler erscheinen musste. Ein paar Stunden wöchentlich würde Elisabeth für die Arbeit als Buchhändlerin schon erübrigen können.

      Lauter Applaus riss ihn aus seinen rosigen Zukunftsträumen. Die Lesung war beendet, und das Publikum klatschte begeistert Beifall, in den Henning höflich einfiel. Ein Gespräch zwischen dem Autor und dem Publikum begann, und dann signierte Til Tilsner seine Bücher.

      »Es geht ja schon recht heftig zu in Ihren Krimis, aber sie sind halt so spannend, dass man sie nicht aus der Hand legen kann!«, sagte Traudel zu dem Schriftsteller, als sie ihm ihr Exemplar zum Signieren vorlegte.

      Er erkundigte sich höflich: »Was soll ich schreiben?«

      Plötzlich stand Benedikt Seefeld neben ihm. »Schreiben Sie: Für die Beste!«, schlug er vor.

      Til Tilsners Blick glitt zwischen dem attraktiven, silberhaarigen Doktor und der hübschen Frau mit den warmen, dunklen Augen hin und her. Er sah, dass Traudel errötete, und schrieb mit einem leisen Lächeln die Worte in ihr Buch. Dieser Doktor würde schon wissen, warum und für wen sie die Beste war.

      Auch Emilia hielt ihm ein Buch entgegen. Der Autor sah, dass das junge Mädchen Block und Stift in der Hand hielt, womit sie sich offensichtlich Notizen gemacht hatte. Sie sah seinen fragenden Blick und erklärte: »Ich bin Emilia, und ich schreibe für unsere Schülerzeitung über Ihr neues Buch und Ihren Besuch in Bergmoosbach.«

      Er zwinkerte ihr zu. »Deshalb hast du dich eben so rege am Gespräch beteiligt. Hat mir Spaß gemacht; du stellst intelligente Fragen, Mädchen.«

      »Sie schreiben ja auch intelligente Bücher«, kam die schlagfertige Antwort.

      »Entschuldige, Emilia«, sagte Miriam Holzer obenhin und schob das junge Mädchen zur Seite. Dann glitt ein strahlendes Lächeln über ihre Züge, und sie überreichte dem Autor einen Briefumschlag. »Im Namen der Familie Holzer möchte ich Sie zu einem kleinen, intimen Abendessen einladen, Herr Tilsner. Es wäre uns eine große Freude, wenn Sie kommen, und Sie werden eine nette Runde der wichtigen Persönlichkeiten Bergmoosbachs kennenlernen.«

      »Der wichtigen Persönlichkeiten, so, so«, antwortete er gedehnt. »Wen kann ich mir denn darunter vorstellen?«

      »Natürlich unsere beiden hervorragenden Ärzte, Doktor Sebastian Seefeld und seinen Vater Benedikt, Bürgermeister Thalhuber mit seiner Frau, den Herrn Pfarrer und den Leiter der örtlichen Grundschule«, zählte Miriam eifrig auf.

      »Eine beeindruckende Liste«, antwortete er ernsthaft. »Ich vermisse allerdings den Namen der Frau, ohne die meine Lesung gar nicht stattgefunden hätte.«

      »Äh, wie bitte?« Miriam geriet kurzfristig aus dem Konzept. »Meinen Sie etwa die Buchhändlerin?«

      »Ja, Frau Elisabeth Faber.« Er schaute zu Elli hinüber und blinzelte ihr verschwörerisch zu. »Wenn die Dame an diesem Tag nichts anderes vorhat, würde ich sehr gern in ihrer Begleitung kommen.«

      »Natürlich, das ist gar kein Problem!«, improvisierte Miriam und fummelte an den Umschlägen in ihrer Hand herum. Mist, jetzt hatte sie eine Einladung zu wenig! Ihr Lächeln wirkte etwas gezwungen, als sie Elli einen Brief überreichte. »Natürlich freuen wir uns, wenn Sie auch kommen könnten.«

      »Ich denke, das lässt sich einrichten. Danke für die Einladung!«, antwortete Elli lässig.

      »Dann also bis bald!«, zwitscherte Miriam und schwebte hochhackig hinüber zu den Seefelds, die sich mit ihrem Praxisteam unterhielten. Die junge Frau grüßte strahlend in die Runde, brachte ihre Modelfigur in Positur und richtete ihre blauen Augen auf die beiden Ärzte. »Sebastian und Benedikt, ihr seid herzlich zu unserem Abend eingeladen, wir freuen uns auf euch! Hier ist eure Einladung, sie richtet sich an euch beide, gell?« Mit einem betörenden

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