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ich spüre nichts. Mein Körper ist wie gelähmt. „Der Arzt kann nicht sagen, wie lange dieser Zustand anhalten wird. Layla denkt, wir haben das Jahr 2015. Gott, ich weiß nicht, wie ich es ihrer Mutter beibringen soll. Sie war gestern hier und bat sie, aufzuwachen.“

      NEIN!

      Sie kann sich nicht an uns erinnern. Die Zeit, die wir miteinander verbracht haben, ist einfach so weg.

      „Tut mir leid, mein Junge“, flüstert sie, und ich spüre, wie sich ein fürchterlicher Schmerz in meiner Brust ausbreitet. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, gehe ich an ihr vorbei und verlasse das Zimmer.

      „Tante Emily, was hat er hier zu suchen?“, höre ich Layla fragen, und das gibt mir den Rest.

      Mit wackeligen Knien und einem Brennen in den Augen gehe ich den Gang entlang, bis meine Beine nachgeben. Ich stütze mich an der Wand ab und lege eine Hand auf meine Brust. Dort, wo mein Herz war, befindet sich nun ein großes Loch.

      Eine Schwester kommt auf mich zugeeilt. „Sir, geht es Ihnen gut?“

      Ich kann nicht sprechen, also nicke ich einfach, damit sie weggeht und mich in Ruhe lässt. Sie verschwindet, und an die Wand gelehnt gleite ich langsam zu Boden. Ich ziehe die Beine an, lege meinen Kopf auf die Knie und gebe den Versuch auf, meine Tränen zurückzuhalten.

      Kapitel 6

      Luke

      Als meine Mutter mich angerufen und mir mitgeteilt hat, dass Layla wieder wach sei, war ich erleichtert. Eine halbe Stunde später rief sie mich erneut an und sagte mir, dass sie ihr Gedächtnis verloren habe. Ich konnte nicht sprechen, so tief saß der Schock. Für ein paar Minuten konnte ich nicht mir ihr reden. Aber als sie mir sagte, dass Chris im Krankenhaus gewesen sei, Layla sich wunderte, was er dort zu suchen habe, und er daraufhin fluchtartig das Krankenhaus verlassen habe, kam ich wieder zu mir. Chris hat mir als Freund in den letzten Jahren sehr oft beigestanden, also ist es jetzt meine Pflicht, ihm beizustehen. Und ich denke, ich weiß genau, wo ich ihn finde.

      Nach Schulschluss setze ich mich in meinen Wagen und fahre los. Wenn er mal allein über alles nachdenken will oder es darum geht, eine wichtige Entscheidung zu treffen, geht er an diesen Ort. Das letzte Mal, als er hier war, ist schon ein paar Jahre her. Damals konnte er sich nicht entscheiden, ob er Betriebswirtschaft oder Sport studieren sollte. Er entschied sich für das Erste.

      Wie erwartet sitzt Chris auf einer Bank am Hafen und starrt auf das Meer hinaus. Ich setze mich neben ihn, lege meine Hand auf seine Schulter und drücke sie, um ihm zu zeigen, dass ich mit ihm fühle. Er befindet sich in einer Scheißsituation. Erst die Annullierung und nun ist auch noch Laylas Erinnerung an ihn wie wegradiert.

      „Chris, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

      Er lehnt sich nach vorn und stützt die Ellbogen auf den Knien ab. Mit den Händen bedeckt er sein Gesicht und schluchzt. Noch nie habe ich ihn weinen sehen. Noch nicht mal, nachdem Pam, seine Highschoolliebe, ihn verlassen hat. Dass er nun Emotionen zeigt, sagt mir, dass er Layla wirklich lieben muss. Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, mal mitansehen zu müssen, wie er wegen der Liebe leidet. „Du liebst sie.“

      „Ja.“

      „Vielleicht ist die Amnesie nur kurzfristig. Möglich, dass ihre Erinnerungen in ein paar Tagen zurückkehren.“ Ich versuche, mir das einzureden, damit ich es schaffe, Chris Mut zu machen, und damit er die Hoffnung nicht aufgibt. „Du wirst sehen. In ein paar Tagen ist sie wieder die alte Layla. Frech, kämpferisch, selbstbewusst und voller Lebensfreude.“

      „Das will ich hoffen, Kumpel. Das will ich hoffen“, sagt er leise, nimmt seine Hand von den Augen und wischt sich die Tränen ab. Er atmet tief durch. „Wenn ihre Erinnerungen nicht zurückkehren, werde ich alles tun, um sie wieder für mich zu gewinnen. Ich werde nicht aufgeben, auch dann nicht, wenn sie mich wegstoßen sollte.“

      Das ist genau das, was ich mir zu hören gewünscht habe. Dass er sie nicht aufgibt. Dass er um sie kämpfen wird. Dass er alles tun wird, um sie wieder für sich zu gewinnen, wenn sie ihr Gedächtnis nicht wieder zurückbekommt. Und ich werde ihm dabei helfen.

      Während ich auf dem Weg nach Hause bin, schmiede ich einen Plan, um Layla und Chris wieder zusammenzuführen. Dazu brauche ich aber Unterstützung, und ich weiß auch schon genau, von wem. Ich öffne die Kontaktdaten in meinem Handy und wähle eine vertraute Nummer.

      „Hey, Honey.“

      „Hey, Babe. Wie geht es Layla?“, ertönt Trish‘s Stimme durch die Sprechanlage in meinem Wagen.

      „Sie ist wach, hat aber die letzten vier Jahre vergessen.“

      „Oh Shit!“, ruft sie entsetzt aus. „Kann ich zu ihr?“

      „Ich denke schon. Aber ich rufe aus einem anderen Grund an.“ Sie wird mir die Hölle heiß machen für das, was ich vorhabe, und wird mir nie und nimmer zustimmen. Ich weiß noch, wie außer sich sie war, nachdem Layla ihr berichtet hat, dass sie sich trennen will. „Wir müssen Chris und Layla irgendwie wieder zusammenbringen.“

      „Vergiss es, Luke. Layla ist fertig mit ihm. Er muss etwas Schlimmes angestellt haben, deswegen hat sie sich von ihm getrennt.“

      „Trish, er liebt sie.“

      Sie seufzt, dann wird es still in der Leitung. Trish ist, trotz ihrer harten Schale, hoffnungslos romantisch. Ich weiß, dass ich gerade einen empfindlichen Nerv getroffen habe. Sie muss mir helfen.

      Kapitel 7

      Layla

      Nach tagelangen Untersuchungen und Sitzungen mit der Psychotherapeutin kann ich endlich nach Hause. Sie hat mir mitgeteilt, dass ich einen kurzen Zeitraum meines Lebens vergessen habe, da ich mit dem Kopf irgendwo gegengestoßen bin. Dass dieser Zeitraum eine Spanne von vier Jahren umfasst, habe ich erst vor zwei Tagen erfahren.

      Vier Jahre, die sich irgendwo in meinem Unterbewusstsein vergraben haben. Die Therapeutin sagte mir, es habe schon Patienten gegeben, die durch eine Art Schock ihre Erinnerungen wiederbekommen haben. Jedenfalls muss ich einmal die Woche bei ihr antreten und sie darüber informieren, ob sich an meinem Zustand etwas geändert hat. Auf die Frage, wann ich denn wieder meinem Job nachgehen könne, sagte sie mir, dass ich es ruhig angehen und mich erst mal für eine gewisse Zeit schonen solle.

      Luke holt mich ab und fährt mich in eine Gegend, die ich nicht kenne. „Was wollen wir hier?“

      „Du wohnst hier.“

      Ich schaue mich um. Bestimmt will er mich nur auf den Arm nehmen. „Nein, das kann nicht sein. Meine Wohnung ist am Museum Park.“

      „Du bist umgezogen, Kleines.“

      Ich bin doch in meine neue Wohnung eingezogen, nachdem ich aus der Uni kam und meine Mutter zu Tante Emily gezogen ist. Bestimmt irrt er sich. Vielleicht macht er das mit Absicht, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.

      „Du bist ein paar Tage vor deinem Unfall hergezogen. Deine Sachen sind auch noch nicht ausgepackt.“

      Ich frage mich, welcher Teufel mich wohl geritten hat, in eine Gegend zu ziehen, die so weit abseits vom Zentrum liegt.

      „Trish bringt dir später noch die Sachen vorbei, die du bei … ähm … ihr gelassen hast.“

      Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass hier was faul ist. Warum habe ich Sachen bei Trish gehabt? Ich habe noch nie bei Trish übernachtet. Nicht mal nach irgendeiner Party. Jedoch kann es sein, dass sich das in den letzten vier Jahren geändert hat. Vielleicht habe ich ja ein paar Sachen für den Notfall bei ihr gelassen.

      Das Haus, in dem ich wohne, besteht aus zwei Etagen und sechs Wohneinheiten. Es befindet sich in East Downtown, ein paar Blocks von der juristischen Fakultät entfernt.

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