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Paragrafen erzählen. Davon verstehe ich nämlich auch nichts.“

      „Tut mir leid, Allan.“ Kopfschüttelnd senke ich meinen Blick.

      „Schon gut. Weißt du, ich bin unheimlich froh, dass wir die Saisonvorbereitung hier machen. So kann ich ein wenig Zeit mit dir verbringen. Wenn die Saison wieder anfängt, werde ich es kaum schaffen, nach Hause zu kommen.“

      Ich weiß nicht, warum, aber ich habe das Gefühl, dass er sehr nachdenklich wirkt. Und meine Vermutung bestätigt sich, während er weiterspricht. „Ich habe mir überlegt, mich zu outen. Meine Mutter weiß es seit ein paar Jahren. Dad lebt nicht mehr, also kann er sich nicht in Grund und Boden schämen.“ Allan nimmt meine Hände und hält sie fest. „Was meinst du dazu? Deine Meinung ist mir am wichtigsten.“

      Klar finde ich es gut, dass er sich zu seiner Homosexualität bekennen möchte, aber bei so einem Mannschaftssport ist es vielleicht doch ein kleines Problem. Sehr viele Menschen sehen die Homosexuellen als krank oder als verweichlichte Typen an. Wie werden die Menschen, seine Teamkollegen und die Fans reagieren, wenn er sich outet? Seine Karriere wäre vielleicht in Gefahr. Nicht nur bei den Cowboys, sondern in der gesamten NFL. „Glaubst du wirklich, es ist eine gute Idee? Du könntest aus dem Team fliegen.“

      Allan senkt langsam seinen Blick, schaut auf unsere miteinander verbundenen Hände. „Ich kann dieses Versteckspiel nicht mehr. Mich ständig mit irgendwelchen Frauen zeigen, nur damit ich das Image des Frauenschwarms behalte.“

      „Das verstehe ich. Aber ich möchte nicht, dass mein bester Freund von den Medien fertiggemacht und seine Karriere beendet wird.“

      Allan hebt wieder seinen Kopf und sein Blick verrät mir alles. Er steckt in der Klemme.

      „Du hast viel zu hart gearbeitet, um dorthin zu gelangen, wo du gerade bist. Überlege es dir gut, bevor du diesen Schritt wagst. Immerhin bist du ein erfolgreicher und sexy Quarterback, der von allen Frauen angehimmelt wird. Das können nicht viele Sportler von sich behaupten“, füge ich hinzu und zucke mit der Schulter.

      Allan hebt meine Hand an seinen Mund und haucht mir einen Kuss auf den Handrücken. Sein Blick ist liebevoll, und er hat diese merkwürdige Art, mich mit nur einem einzigen Blick zum Lächeln zu bringen. Ich verstehe nicht, wie er das macht, aber es fühlt sich jedes Mal gut an. Auch jetzt.

      „Du interessierst mich“, sagt er schließlich und mein Lächeln wird breiter. „Du und deine Meinung. Die ist mir besonders wichtig.“

      Eine plötzliche Unruhe sorgt dafür, dass Allan und ich unseren Blick zum Eingang richten. Ich hatte gehofft, Chris hier nicht zu begegnen, aber wie der Teufel es so will, taucht er immer genau da auf, wo ich ihn nicht haben will. Sein Kopf läuft rot an und sein ganzer Körper ist extrem angespannt. Jeremy steht vor ihm und blockt ihn, indem er seine Hände auf seine Brust legt.

      „Ist das Chris?“, fragt Allan ruhig.

      „Ja“, bestätige ich und beiße die Zähne zusammen. Ich dachte, bei seinem Auftritt in meinem Büro hätte ich mich klar genug ausgedrückt. Es hat ihn nicht zu interessieren, wo und mit wem ich mich treffe.

      Chris’ Blick ist intensiv und fixiert nicht mich, sondern Allan. Jeremy redet auf ihn ein, aber Chris scheint unbeeindruckt. Er schubst seinen Freund zur Seite und macht sich mit strammen Schritten und geballten Fäusten auf den Weg zu uns.

      Instinktiv stehe ich auf und stelle mich zwischen ihn und Allan. Er soll es bloß nicht wagen, meinen besten Freund anzufassen. Meine Augen verengen sich zu Schlitzen, sobald er vor mir stehen bleibt. „Mach auf der Stelle kehrt und verlass das Restaurant.“

      Seine Augen sprühen Funken der Wut und er ballt die Hände fester zusammen. An seinem Hals kann ich seinen rasenden Puls erkennen. Er schlägt bestimmt genauso schnell wie meiner. Plötzlich lächelt er, was natürlich ein totaler Fake ist, und legt den Kopf schief. „Was ist, Habibti? Hast du Angst, ich könnte deinem Freund wehtun?“, raunt er.

      Um ehrlich zu sein, so wie er aussieht … ja, die habe ich. Aber ich lasse mich von ihm nicht abschrecken, straffe die Schultern, recke mein Kinn und halte den Blickkontakt. „Warum lässt du deine schlechte Laune nicht an deiner Schmusekatze aus statt an einem unschuldigen Mann!“

      Chris schnaubt. Macht er sich jetzt auch noch lustig über mich?

      „Wenn wir schon gerade dabei sind, über Schmusekatzen zu reden …“ Seine Stimme ist sehr leise und er kommt noch einen Schritt näher. Sehr nah.

      Sein Duft steigt in meine Nase, und wieder beginnt ein kleiner Teil in meinem Kopf, zu rebellieren. Dieser Teil bringt mein Blut zum Kochen, beschleunigt meinen Herzschlag und sorgt dafür, dass ich weiche Knie bekomme. Mayday! Mayday! Restliches Gehirn, übernimm die Kontrolle! Bitte übernimm sie, und zwar schnell! Überwältige diesen kleinen Teil.

      „Für wie viele Kerle spielst du eigentlich das Betthäschen?“

      WAS? Der große Teil des Gehirns übernimmt nun wieder die vollkommene Kontrolle, beendet die Meuterei und treibt meinen Blutdruck in die Höhe. Ich beiße kräftig die Zähne zusammen und hebe meine Hand, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Aber er hat es wohl kommen sehen und packt mein Handgelenk, bevor ich seine Wange berühren kann. Seine Finger um mein Gelenk senden eine Hitze durch meinen Körper, die versucht, jede einzelne Zelle zu erreichen, um sie wieder mit dem Chris-Palmer-Virus zu infizieren. Oh nein! Nicht schon wieder.

      „Verschwinde aus meinem Leben.“ Ich blecke die Zähne, sorge aber dafür, dass er genau das auch in meinem Blick sieht.

      Für einen kurzen Moment schließt er die Augen und öffnet sie wieder. Ich denke, er tut es, um sich ein wenig zu beruhigen, da wir uns in der Öffentlichkeit befinden. Chris hält mein Handgelenk immer noch fest, und für ein paar Sekunden glaube ich, so etwas wie Verlangen in seinem Blick zu sehen. Natürlich. Anscheinend hat er erst mal genug von Kylie. Vielleicht kann sie seine Lust nicht mehr befriedigen oder er hat genug von ihr, und statt sich in der Houstoner Clubszene nach einer willigen Frau umzusehen, versucht er, die rumzukriegen, die sich von ihm hat weichklopfen lassen. Nämlich mich. Jedoch kenne ich diesmal seine Masche. Er spielt mal wieder den Eifersüchtigen, damit ich schwach werde und seinem Charme nicht widerstehen kann. Das zieht bei mir nicht mehr. Ich kenne seine Spielchen mittlerweile und kann mit Stolz verkünden, dass ich dagegen immun bin.

      „Könntet ihr das bitte lassen?“ Jeremy erscheint neben Chris. „Wollt ihr, dass die Presse davon Wind bekommt und ihr durch den Dreck gezogen werdet?“

      Chris lässt erst jetzt meine Hand los, aber ist immer noch außer sich vor Wut. Sein Blick wandert rüber zu Jeremy und wieder zurück zu mir. „Wir sind noch nicht fertig“, warnt er mich, indem er sich nach vorn lehnt und sein Gesicht ganz nah an meins bringt.

      Ich spüre seinen Atem, sehe, wie seine Adern am Hals hervortreten. Unter anderen Umständen wäre ich ihm ganz sicher um den Hals gefallen, aber ich unterdrücke dieses Bedürfnis, indem ich mir Kylies Bild in seinem Penthouse ins Gedächtnis rufe.

      „Und ob wir das sind.“ Ich recke erneut das Kinn.

      Sofort wendet er sich ab und verlässt mit kräftigen und strammen Schritten das Restaurant, gefolgt von Jeremy, der mich mit einem „Tut mir leid“-Ausdruck ansieht. Nachdem beide durch die Tür verschwunden sind, atme ich erleichtert aus und setze mich langsam wieder auf den Stuhl.

      „Alles okay?“, fragt Allan besorgt.

      Ich kann ihm nicht antworten, da meine Kehle wie zugeschnürt ist, also nicke ich einfach. Hoffentlich stellt er jetzt keine Fragen. Braucht er auch eigentlich nicht. Er weiß über alles Bescheid und hat nun mit eigenen Augen erlebt, was ich ihm über Chris erzählt habe. Nach ein paar Minuten des Schweigens entschuldige ich mich und gehe auf die Toilette.

      Als ich aus der Kabine herauskomme und in den Spiegel schaue, sehe ich Chris wieder vor mir. Seine wütenden Blicke, die angespannte Haltung, seine drohenden Worte und die Beleidigung, die er mir gegenüber geäußert hat. Betthäschen. Ich!

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