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wenn ich es könnte, wüsste ich nicht, was ich sagen soll. Meine Gedanken kreisen nur um Layla und dieses Baby, das nicht mehr da ist. All das, was ich mir mit Layla gewünscht habe, ist wie eine Seifenblase zerplatzt.

      Ein paar Minuten sitze ich neben Luke und starre ins Leere, bis ich mich entscheide, aufzustehen. Ich trete an ihm vorbei, setze mich auf einen der Stühle im Wartebereich und Luke folgt mir. Zum Glück herrscht hier oben nicht das gleiche Chaos wie in der Notaufnahme.

      „Du kannst nach Hause gehen, Luke. Ich werde hierbleiben.“

      Er setzt sich neben mich, verschränkt die Arme und legt ein Bein auf das andere. „Nichts da. Ich lasse dich nicht allein. Layla ist meine Cousine, also werde ich auch warten.“

      Zwei Stunden sind vergangen und es gibt immer noch keine Neuigkeiten von Layla. Luke hat uns Kaffee geholt, den ich getrunken habe, und ein Sandwich, das ich nicht angerührt habe. Ich bin immer noch dabei, die Vaterschaft zu verdauen, da ist definitiv kein Platz mehr für das Sandwich.

      Eine junge Ärztin mit langen blonden Haaren kommt auf uns zu und bleibt vor uns stehen. „Sie sind Angehörige von Miss Elias?“

      „Ja“, sage ich und erhebe mich. „Ich bin ihr Mann.“

      „Ex…“, beginnt Luke, worauf ich mich zu ihm drehe und ihn böse ansehe.

      Ja, ich bin ihr Ex, aber das ist in diesem Moment nicht so wichtig. Immerhin war es auch mein Baby, das Layla durch diesen Unfall verloren hat.

      „Ich bin Dr. Phillips, die Oberärztin der gynäkologischen Station. Wie Ihnen Dr. Khan schon mitteilte, mussten wir Miss Elias ins künstliche Koma legen und auf die Intensivstation gebracht, aber Sie können kurz zu ihr.“ Die Ärztin wendet sich zum Gehen, und ich nehme all meinen Mut zusammen, um die Frage zu stellen, die mir seit zwei Stunden im Magen liegt.

      „Doktor?“, frage ich und seufze. „Ihr Kollege meinte, dass sie schwanger war?“

      „Ja, das ist korrekt“, bestätigt sie. „Sie war in einem sehr frühen Stadium. Vielleicht in der dritten oder vierten Schwangerschaftswoche. Wir konnten es leider nicht genau feststellen. Es war noch zu früh.“

      Nun ist es zu hundert Prozent klar: Es war meins. Ich schließe die Augen und atme zitternd ein und aus, um mich innerlich zu beruhigen und nicht vor Wut den halben Wartebereich zu zertrümmern.

      „Danke“, sagt Luke, und ich höre die Schritte der Ärztin, während sie sich von uns entfernt. „Geh du zu ihr, Chris. Ich rufe meine Mutter an.“

      Aus Laylas Mund hängt ein Schlauch. Kabel führen von ihrem Kopf auf die eine Seite des Bettes und von ihrer Brust auf die andere. Sie sind an Monitoren angeschlossen. Pumpgeräusche, Piepen, Zahlen, Kurven. An ihrem linken Arm hat sie einen Gipsverband und ihre wunderschönen Augen sind geschlossen. Wenn man sich die Kabel und Schläuche wegdenkt, sieht sie in dem weißen Krankenhauskittel wie ein Engel aus.

      Ich trete zu ihr und setze mich auf einen Stuhl, den ich näher an ihr Bett hole. Vorsichtig nehme ich ihre Hand, halte sie fest und führe sie an meine Lippen, um einen Kuss daraufzuhauchen. Sie so zu sehen, macht mich fertig.

      Meine Gedanken wandern zurück zu dem, was Dr. Khan gesagt hat: „Möglich, dass alles beim Alten ist“ und „Sie kann aber auch eine Amnesie haben“. Ich kneife die Augen zusammen und Tränen kullern über mein Gesicht. Schluchzend lege ich den Kopf neben ihr auf das Bett. In meiner Brust zieht sich das Herz zusammen.

      Was mache ich bloß, wenn das eintritt, was der Arzt gesagt hat, und sie sich nicht an mich erinnern kann? Wenn es ein paar Tage anhält, dann komme ich damit klar, denke ich. Ich werde Geduld haben und ihr bei ihrem Heilungsprozess zur Seite stehen. Aber ich weiß nicht, ob ich damit klarkomme, wenn es Wochen oder Monate dauert, bis sie ihr Gedächtnis wiedererlangt. Oder überhaupt nicht mehr.

      „Baby, ich bitte dich!“, schluchze ich und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. „Kämpfe. Komm zurück. Bitte, komm zu mir zurück. Ich brauche dich. Bitte, vergiss mich nicht. Lass nicht zu, dass dein Gedächtnis mich vergisst. Bitte!“, flehe ich.

      Plötzlich schrecke ich auf, da eine Hand meine Schulter berührt. Ich wirbele herum und sehe eine Schwester mit einem sanften Lächeln neben mir stehen. „Reden Sie mit ihr. Erzählen Sie ihr etwas. Das könnte helfen. Man sagt, tief im Unterbewusstsein hören sie alles.“ Sie sieht rüber zu Layla und dann wieder zu mir. Ihre Hand liegt noch immer auf meiner Schulter und sie drückt fest zu, macht mir Mut. Aus ihrer Kitteltasche holt sie einen Kugelschreiber heraus, schaut auf die Monitore, notiert etwas in der Akte und verlässt dann wieder das Zimmer.

      Ich rücke näher zu Layla heran, sodass ich ganz nah an ihrem Kopf bin. Die Worte der Krankenschwester hallen in meinem Kopf wider. Sie kann wahrscheinlich im Unterbewusstsein alles hören. Ich verschränke die Finger mit ihren und streichele ihren Handrücken mit meinem Daumen.

      „Ich erinnere mich gerne an unsere Begegnung im Restaurant. Du kamst herein, und ich konnte nicht glauben, dass du es warst. Weißt du, das war der Moment, in dem ich wusste, dass du alles verändern wirst“, fange ich an und erzähle ihr von der schönen Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben.

      Nachdem ich knapp vier Stunden im Krankenhaus verbracht habe, kehre ich um drei Uhr morgens in meine Wohnung zurück. Nachdem Luke mit seiner Mutter telefoniert und sie über Laylas Zustand informiert hat, wollte sie sich mit Laylas Mutter sofort auf den Weg ins Krankenhaus machen. Luke hat ihnen jedoch erst mal davon abgeraten, da es sehr spät war und sie ja sowieso nichts machen könnten. Vielleicht wollte er mir damit auch etwas mehr Zeit allein mit Layla geben.

      Mit viel Mühe habe ich es geschafft, ein paar Stunden zu schlafen. Es ist acht Uhr und ich entscheide mich, meinen Eltern die Wahrheit über Layla und mich zu sagen. Brit weiß es schon längst, jedoch habe ich sie gebeten, ihnen nichts zu sagen, da es meine Aufgabe ist, sie darüber in Kenntnis zu setzen.

      Ich nehme meinen Wagen und fahre vom Stadtzentrum in die vornehme Gegend, in der das Haus meiner Eltern steht. Für ein paar Minuten bleibe ich in meinem Wagen sitzen, bis ich mich entscheide, auszusteigen.

      Als ich das Haus meiner Eltern betrete, sitzen sie am Frühstückstisch. Meine Mutter kommt besorgt auf mich zugelaufen, sobald sie mich erblickt. „Mein Schatz, geht es dir gut? Hast du nicht gut geschlafen?“

      „Als wir frisch verheiratet waren, haben wir auch nicht besonders viel geschlafen, Schatz“, wendet mein Vater ein, grinst über beide Ohren und zwinkert mir zu.

      Also gut. Der Zeitpunkt der Wahrheit ist gekommen. Ich hole tief Luft und fange an. „Mom, Dad, ich muss mit euch reden.“

      „Was ist los, mein Schatz?“

      „Mom, bitte setz dich.“ Zögerlich folgt sie meiner Bitte, und ich gehe um den Tisch herum, um mich ihr gegenüber und meinem Vater zur Linken zu setzen. „Ich muss euch etwas mitteilen, worüber ihr nicht besonders erfreut sein werdet.“

      „Ist etwas mit der Firma?“, fragt mein Vater.

      „Nein.“

      „Dann kann es nicht so schlimm sein.“

      „Doch, ist es, Dad. Warte einfach ab und hör mir zu.“ Mein Fuß wippt unter dem Tisch und ich fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Meine Kehle ist staubtrocken und ich räuspere mich.

      „Vor ein paar Wochen“, beginne ich, „hast du mir gesagt, dass ich in die Firma einsteigen und heiraten soll.“

      Sein Ausdruck verändert sich langsam, ebenso wie der von meiner Mutter. Da ich ihm bestätigt habe, dass mit der Firma alles in Ordnung ist, denke ich, er weiß, was ich andeute.

      „Du hast was?“, fragt Mom empört und beäugt meinen Vater, woraufhin er seine Hand hebt.

      Oh! Von diesem Gespräch hat er ihr gegenüber anscheinend nichts erwähnt. Na, sieh mal an. Mein Vater hat Geheimnisse vor meiner

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