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ihr wirklich ein inneres Freudenfest gewesen. Zu gerne hätte sie noch etwas länger in dieser wunderbaren Erinnerung geschwelgt, doch sie versagte es sich, es gab jetzt Wichtigeres zu tun. „Wurde sie so gefunden?“, wollte sie wissen.

      „Nein. Sie war vollständig mit einer Wolldecke zugedeckt.“

      „Der Mörder hat sie zugedeckt?“

      „Keine Ahnung.“

      „Wer hat sie gefunden?“

      „Die Putzfrau. Sie kam um kurz nach acht Uhr, wollte die Tür aufschließen …“

      „Also hat sie einen Schlüssel?“

      „Ja. Aber die Tür war bereits offen.“

      „Wo ist die Frau jetzt?“

      „Sie sitzt draußen in einem Polizeiwagen und wartet.“

      „In Ordnung.“ Charlotte richtete sich etwas auf. „Ich werde gleich mit ihr sprechen. Haben Sie schon mit den Nachbarn geredet?“

      „Nein.“

      „Dann tun Sie es jetzt. Befragen Sie alle. Ob sie Autos oder fremde Personen gesehen haben, die nicht hierhergehören. Die Leute sollen sich den Kopf zerbrechen. Vielleicht ist ja irgendjemandem irgendetwas aufgefallen.“

      Widerwillig blickte Tech in Richtung Haustür. Noch viel widerwilliger zog er den Reißverschluss seiner gelben Jacke bis ganz nach oben und brummte: „Okay.“ Kurz darauf war er an der Tür und hatte sie gerade geöffnet, als eine mittelgroße Frau von Ende fünfzig mit blondierten Strähnen und einer roten Brille von Dior auf der Nase hereinkam. Mit einem Hauch von Schärfe in der Stimme fragte sie: „Was haben wir heute?“

      Dr. Hannelore Strickner, die Gerichtsmedizinerin. Eine Frau, die nicht viele überflüssige Worte benutzte. Allerdings hatte das, was sie sagte, dafür umso mehr Gewicht.

      Charlotte beobachtete, wie die Ärztin auf die Leiche zuging und sie umkreiste, peinlich genau darauf achtend, wohin sie den nächsten Fuß setzte, ehe sie sich nach vorne beugte, um die Schusswunde besser betrachten zu können. Dann öffnete sie ihren Koffer und griff nach einem Thermometer, das sie unter die rechte Achsel der Toten steckte. Während sie abwartete, bis dieses die Temperatur anzeigte, überprüfte sie, ob außer der offensichtlichen Schussverletzung noch weitere Wunden vorlagen.

      „Was können Sie mir jetzt schon sagen?“, fragte Charlotte nach einer, wie sie fand, angemessenen Zeit des Abwartens.

      „Dass ein einziger Schuss gereicht hat“, sagte die Strickner, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen.

      „Mit was für einer Waffe wurde sie getötet, was meinen Sie?“

      „Sie wissen, dass ich keine Expertin auf dem Gebiet der Ballistik bin, Frau Kommissarin. Weshalb ich dazu nichts sagen werde.“

      „Dann sagen Sie mir, was Sie sagen können.“

      „Nun ja, die Wunde lässt auf eine kurze Distanz zwischen Opfer und Täter schließen.“

      „Das heißt, sie kannten sich. Sie hat ihrem Mörder vertraut, ihn nahe an sich herangelassen.“

      „So scheint es, ja.“

      „Und seit wann ist sie tot?“

      Die Strickner lächelte dünn. „Der unerschütterliche Glaube der Polizei an Thermometer ist immer wieder beeindruckend. Sie könnten auch die Nachbarn befragen, ob diese vielleicht einen Schuss gehört und dabei zufällig auf die Uhr gesehen haben.“

      „Wir sind dabei. Bis dahin würde ich mich gerne auf das Thermometer verlassen.“

      „Also schön … Leichenstarre und Totenflecken zusammen mit der Körpertemperatur …“ Dr. Strickner blickte auf das Thermometer. „Schätzungsweise ist die Frau seit gestern Abend tot. Irgendwann zwischen zwanzig Uhr und Mitternacht. Näheres kann ich erst nach der Obduktion sagen. Ich nehme an, es eilt, wie immer. Ich mache so schnell ich kann.“

      Charlotte nickte.

      Der Kollege von der Spurensicherung kam erneut an ihr vorbei, und sie fragte: „Wie ist der Mörder ins Haus gekommen?“

      „Nichts deutet auf einen Einbruch hin“, antwortete er.

      Noch ein Indiz dafür, dass Opfer und Täter sich kannten.

      „Was ist das?“, fragte die Strickner und deutete auf etwas, das neben dem Sessel der Toten lag. „Das hier. Was ist das?“

      „Oh“, sagte der Kollege von der Spurensicherung. „Das ist ein Knopf. Wie Sie sehen, wurde die Bluse des Opfers aufgerissen.“

      „Was auf ein Sexualdelikt hindeuten könnte“, bemerkte Charlotte.

      „Falls es so geplant war, hat der Mörder von seinem Plan abgelassen“, erklärte die Strickner. „Bisher spricht hier nichts für einen sexuellen Übergriff.“

      „Haben Sie sonst noch etwas gefunden?“, wollte Charlotte von dem Kollegen von der Spurensicherung wissen.

      „Nein. Bisher nicht“, sagte er.

      „Falls sich daran etwas ändert, lassen Sie es mich bitte sofort wissen.“

      „Na klar.“

      „Sollte ich Rückfragen haben, rufe ich Sie an.“

      „Natürlich.“

      Zwanzig Minuten später wurde eine fahrbare Trage hereingerollt, und zwei Männer machten sich daran, die Tote in einen Leichensack zu hieven.

      Charlotte sah ihnen einen Moment lang zu, dann setzte sie sich ebenfalls in Bewegung.

      Es gab noch viel zu tun.

      Sehr viel.

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