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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie
Год выпуска 0
isbn 9788075836854
Автор произведения Georg Ebers
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Viertes Kapitel
Fünf Tage nach jenem Abend im Hause der Rhodopis sah man ein ungeheures Menschengedränge am Hafen von Sais. Aegypter jeden Alters, Standes und Geschlechts standen Kopf an Kopf am Rande des Wassers.
Krieger und Kaufleute in weißen, mit bunten Franzen besetzten Kleidern, deren Länge sich nach dem höheren oder niederen Stande der Träger richtete, mischten sich in die große Schaar sehniger, halbnackter Männer, deren einzige Kleidung aus einem Schurze, der Tracht des gemeinen Mannes, bestand. Nackte Kinder drängten, stießen und schlugen sich, um einen bessern Platz zu erlangen. Mütter in kurzen Mänteln118 hielten ihre Kleinen, wenn sie dadurch auch selbst des erwarteten Anblicks beraubt wurden, hoch empor. Eine Menge von Hunden und Katzen balgte sich zu Füßen der Schaulustigen, welche sich vorsichtig bewegten, um keines der heiligen Thiere zu treten oder zu verletzen.
Sicherheitsbeamte, mit langen Stäben119 bewaffnet, deren metallene Knöpfe den Namen des Königs führten, sorgten für Ruhe und Ordnung, besonders aber dafür, daß Niemand durch seinen nachdrängenden Hintermann in den hoch angeschwollenen Nilarm, welcher die Mauern von Sais zur Zeit der Ueberschwemmung bespülte, geworfen werde; eine Befürchtung, die sich in mehreren Fällen als gerechtfertigt erwies.
An der breiten, mit Sphinxen besetzten Ufertreppe, dem Landungsplatze der königlichen Barken, befand sich eine Versammlung anderer Art.
Hier saßen auf den steinernen Bänken die vornehmsten Priester. Viele von ihnen waren in langen weißen Gewändern, andere mit Schurz, kostbaren Tragbändern, breitem Halsschmuck und Pantherfellen bekleidet. Einige trugen Kopfbinden mit Federschmuck, die sich um Stirn, Schläfen und den vollen steifen Bau der falschen Locken, welche bis auf den Rücken herabwallten, schmiegten, Andere prunkten mit der glänzenden Kahlheit ihrer sorgsam rasirten, wohlgebildeten Schädel. Unter ihnen Allen zeichnete sich der Oberrichter durch die vollste und schönste Straußenfeder am Kopfputze und ein kostbares Amulet von Saphir, das an einer goldenen Kette an seiner Brust hing, absonderlich aus120.
Die Obersten der ägyptischen Armee trugen bunte Waffenröcke121 und in den Gürtelbinden kurze Schwerter. Eine Abtheilung der Leibwache mit Streitäxten, Dolchen, Bogen und großen Schildern bewehrt, war zur rechten Seite der Treppe aufgestellt; zur Linken standen griechische Söldner in ionischem Waffenschmuck. Ihr neuer Anführer, der uns wohlbekannte Aristomachus, stand mit einigen griechischen Unterbefehlshabern, von den Aegyptern gesondert, neben den kolossalen Bildsäulen Psamtik I., welche, dem Strome zugekehrt, auf dem Platze über der Treppe aufgestellt waren. Vor diesen saß auf einem silbernen Stuhle der Thronfolger Psamtik, in einem enganliegenden golddurchwirkten bunten Rocke122, umgeben von den vornehmsten Höflingen, Kämmerern, Räthen und Freunden des Königs, welche Stäbe mit Straußenfedern und goldenen Lotusblumen in den Händen trugen123.
Die Menge des Volkes gab schon lange schreiend, singend und krakehlend verständliche Zeichen der Ungeduld von sich; die Priester und Großen an der Treppe dagegen sahen würdevoll und schweigend vor sich hin. Jeder Einzelne glich in seiner Gemessenheit, mit seiner steifen Locken-Perücke124 und dem falschen, regelmäßig gekräuselten Barte jenen vollkommen gleichen Standbildern, welche, ruhig, ernst und unverwandt in den Strom schauend, regungslos auf ihrem Platze saßen.
Jetzt wurden in der Ferne seidene purpurroth und blau karrirte Segel sichtbar125.
Das Volk schrie und jubelte. Man rief. »Sie kommen, da sind sie!« – »Nimm Dich in Acht, daß Du das Kätzchen nicht trittst!« – »Amme, halte das Mädchen höher, damit es auch etwas zu sehen bekommt!« – »Du wirst mich noch in’s Wasser werfen, Sebak!« – »Sieh’ Dich vor, Phönizier, die Buben werfen Dir Kletten in den langen Bart!« – »Nun, nun, Hellene. Du brauchst nicht zu denken, daß Dir Aegypten allein gehört, weil Amasis euch am heiligen Strome zu wohnen erlaubt!« – »Unverschämtes Pack, diese Griechen! Nieder mit ihnen!« rief ein Tempeldiener. »Nieder mit den Schweinefressern126 und Götterverächtern!« wiederhallte es rings umher.
Man schickte sich zu Thätlichkeiten an; die Sicherheitsbeamten ließen aber nicht mit sich spassen, und schafften bald, ihre langen Stöcke nachdrücklich schwingend, Ruhe und Frieden. Die großen bunten Segel, leicht erkennbar unter den sie umwimmelnden blauen, weißen und braunen Tuchen kleinerer Nilfahrzeuge, näherten sich immer mehr der erwartungsvollen Menge. Jetzt erhoben sich auch die Würdenträger und der Thronerbe von ihren Sitzen.
Der königliche Trompeterchor127 blies eine schmetternde, die Luft zerschneidende Fanfare, und die erste der erwarteten Barken hielt an der Landungstreppe.
Das ziemlich lange Fahrzeug war reich übergoldet und trug auf seinem Schnabel das silberne Bild eines Sperbers. In der Mitte der Barke erhob sich ein goldener Baldachin mit purpurnem Himmel. Unter ihm luden lange Polster zum Sitzen ein. Im Vordertheile des Schiffes saßen an den Borden, die Riemen bewegend, je zwölf Ruderknechte, deren Schürzen von kostbaren Tragbändern gehalten wurden128.
Unter dem Baldachin lagen sechs Männer, herrlich gekleidet und prachtvoll anzuschauen. Ehe noch die Barke angelegt hatte, sprang, als erster von ihnen, der jüngste von Allen, ein glänzend schöner Blondkopf auf die Landungstreppe.
Bei seinem Anblicke entwand sich manchem ägyptischen Mädchenmunde ein gedehntes »Ah«, und selbst der ernste Blick einiger Würdenträger erhellte sich zu einem wohlgefälligen Lächeln.
Der also Bewunderte nannte sich Bartja129, war der Sohn des verstorbenen und der Bruder des regierenden Großkönigs von Persien und hatte der Natur Alles zu danken, was sich ein zwanzigjähriges Herz nur immer zu wünschen vermag.
Unter dem blauen und weißen Bunde, welcher seine Tiara umwand, quollen dichte, goldblonde Haare in üppigen Locken hervor, aus seinen blauen Augen leuchteten Leben, Lust, Güte und Keckheit, ja Uebermuth; sein edles, vom werdenden Barte umflaumtes Gesicht wäre des Meißels eines griechischen Künstlers würdig gewesen, und seine schlanke, muskulöse Gestalt verrieth hohe Kraft und Gewandtheit. Eben so groß als seine Schönheit war die Pracht seiner Kleidung. In der Mitte der Tiara, welche er trug, prangte ein großer Stern von Diamanten und Türkisen. Sein bis über die Knie reichendes Obergewand von schwerem weißem Goldbrokat ward über den Hüften von einer Binde in blau und weiß (den Farben des persischen Königshauses) zusammengehalten. Dieselbe trug ein kurzes goldenes Schwert, dessen Griff und Scheide über und über mit weißen Opalen und blauen Türkisen besetzt war. Die an den Knöcheln eng anschließenden Beinkleider von gleichem Goldbrokat wie das Gewand, bargen sich in kurzen hellblauen Lederschuhen.
Die kraftvollen nackten Arme, welche die weiten langen Aermel des Kleides sehen ließen, waren mit mehreren kostbaren Armbändern von Gold und Edelsteinen geziert. Von dem schlanken Nacken hing eine goldene Kette bis auf seine hochgewölbte Brust herab130.
Dieser