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      Die Augen der Greisin glühten bei diesen Worten; der Spartaner aber preßte ihre Hand mit ungestümer Heftigkeit, stampfte die Erde mit seinem Stelzfuße und rief: »Beim Zeus Lacedaemonius, ich will den Hellenen kein Härlein krümmen lassen; Du aber, Rhodopis, wärest würdig, eine Spartanerin zu sein!«

      »Und eine Athenerin!« rief Phanes.

      »Eine Ionierin!« die Milesier.

      »Eine Geomorentochter von Samos!« der Bildhauer.

      »Aber ich bin mehr als dies Alles,« rief das begeisterte Weib, »ich bin mehr, viel mehr, – ich bin eine Hellenin!«

      Alles war hingerissen, selbst der Syrer und der Hebräer konnten sich der allgemeinen Erregung nicht entziehen; nur der Sybarit ließ sich nicht in seiner Ruhe stören und sagte mit vollem Munde:

      Alles lachte, nur der Spartaner schleuderte auf den Feinschmecker einen Blick der Verachtung.

      »Fröhlichen Gruß!« rief plötzlich eine uns noch unbekannte tiefe Stimme durch das offene Fenster in den Saal hinein.

      »Fröhlichen Gruß!« – antwortete der Chor der Zechenden, fragend und rathend, wer der späte Ankömmling sein möge.

      Mit den klaren klugen Augen blickte der späte Gast, einer der reichsten Vertriebenen von Athen, welcher die Güter des Pisistratus zweimal vom Staate gekauft und zweimal, als der Gewalthaber wiederkehrte, verloren hatte, seine Bekannten an, und rief, nachdem er mit Allen freundliche Grüße ausgetauscht hatte:

      »Wenn ihr mir mein heutiges Erscheinen nicht hoch anrechnet, dann behaupte ich, daß alle Dankbarkeit aus der Welt verschwunden ist.«

      »Wir haben Dich lange erwartet,« unterbrach ihn einer der Milesier. »Du bist der Erste, welcher uns vom Verlaufe der olympischen Spiele Nachricht bringt!«

      »Und wir konnten keinen bessern Boten wünschen, als den früheren Sieger,« fügte Rhodopis hinzu.

      »Setze Dich,« rief Phanes voller Ungeduld, »und erzähle kurz und bündig, was Du weißt, Freund Kallias!«

      »Sogleich, Landsmann,« erwiederte dieser, »’s ist schon ziemlich lange her, seitdem ich Olympia verlassen und mich auf einem samischen Fünfzigruderer, dem besten Fahrzeuge, welches jemals gebaut wurde, zu Kenchreae eingeschifft habe.

      »Die anderen Heimkehrenden mögen, wer weiß wohin, verschlagen worden sein, wir aber konnten uns in den Hafen von Samos bergen und nach zehntägigem Aufenthalte wieder absegeln.

      »Als wir endlich heute früh in den Nil eingelaufen waren, setzte ich mich sofort in meine Barke und wurde von Boreas, der mir wenigstens am Schlusse der Reise zeigen wollte, daß er seinen alten Kallias noch immer lieb habe, so schnell befördert, daß ich schon vor wenigen Augenblicken das freundlichste aller Häuser erblicken konnte. Ich sah die Fahne wehen, sah die offenen Fenster erleuchtet, kämpfte in mir, ob ich eintreten sollte oder nicht; konnte Deinem Zauber, o Rhodopis, unmöglich widerstehen, und wäre außerdem von all’ den Neuigkeiten, die ich noch unerzählt bei mir habe, erdrückt worden, wenn ich nicht ausgestiegen wäre, um euch bei einem Stücke Braten und einem Becher Wein Dinge mitzutheilen, die ihr euch nicht träumen lasset.«

      »Ein Athener?« fragte Phanes mit glühenden Wangen; gehörte doch jeder olympische Sieg dem ganzen Volke, dessen Bürger ihn errang, war doch der olympische Oelzweig die höchste Ehre und das größte Glück, welches einem hellenischen Manne, ja einem ganzen griechischen Stamme zu Theil werden konnte.

      In hoher Freude war der Angeredete aufgestanden, und seine Gestalt schien plötzlich um eines Hauptes Länge gewachsen zu sein.

      Unsagbar stolz und selbstbewußt reichte er dem Siegesboten die Hand, welcher, den Landsmann umarmend, fortfuhr:

      »Ja, wir dürfen stolz und glücklich sein, Phanes; und Du vor Allem magst Dich freuen, denn, nachdem die Kampfrichter dem Cimon einstimmig den Preis zuerkannt hatten, ließ dieser den Gewalthaber Pisistratus von den Herolden als Besitzer des herrlichen Viergespanns und somit als Sieger ausrufen. – Euer Stamm darf nun, Pisistratus ließ dies sogleich verkünden, nach Athen zurückkehren, und somit wartet auch Deiner die langersehnte Stunde der Heimkehr!«

      Die Glut der Freude verschwand bei dieser Rede von den Wangen des Obersten, und der selbstbewußte Stolz seiner Blicke wandelte sich in Zorn, als er ausrief:

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