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Freund! Wir haben jetzt unsere Ungeduld so lange bemeistert, daß es wohl Deine Pflicht wäre, uns mitzutheilen, welches schlimme Ungefähr Dich aus Aegypten und unserem Kreise zu entreißen droht. Mit leichtem Sinne, den die Götter euch Ioniern allen als köstliches Geschenk bei der Geburt zu spenden pflegen, magst Du Dich von uns und diesem Lande trennen; – wir aber werden Deiner lange schmerzlich gedenken, denn ich kenne keinen größeren Verlust, als den eines seit Jahren treu bewährten Freundes. Einige von uns haben auch zu lange am Nil gelebt, um nicht ein wenig von dem unwandelbar beständigen Sinne der Aegypter angenommen zu haben! Du lächelst; und dennoch glaube ich zu wissen, daß Du, obgleich Du Dich schon lange nach Hellas sehnest, nicht ohne alles Bedauern von uns scheiden wirst. Du gibst mir Recht? Wohl, so erzähle uns denn, warum Du Aegypten verlassen mußt oder willst, damit wir überlegen können, ob es nicht möglich sei, Deine Verweisung vom Hofe rückgängig zu machen, und Dich für uns zu erhalten.«

      ›Ja möchten wir nur etwas klüger sein,

      So stellten wir die langen Klagen ein,

      Und weinten an des Todten Sarkophag

      Nur einen Tag.

      Zum Tode haben wir ja Zeit genug;

      Das Leben aber, es verrinnt im Flug,

      Und ist auch sonder übergroßem Harm,

      »Wenn man nicht über die Todten klagen soll, so ist es noch viel weniger weise, sich um scheidende Freunde zu grämen, denn jene sind für immer dahin, diesen aber sagen wir beim Abschied: Auf Wiedersehen!«

      Jetzt konnte der Sybarit, welcher schon lange ungeduldig geworden war, nicht länger schweigen und rief mit kläglicher Stimme: »Fange doch endlich zu erzählen an, Du mißgünstiger Mensch. Ich kann keinen Tropfen trinken, wenn Du nicht aufhörst vom Tode zu sprechen. Mir ist ganz kalt geworden, und ich werde jedesmal krank, wenn ich über . . . nun, wenn ich davon reden höre, daß wir nicht ewig leben!« – Die ganze Gesellschaft lachte, Phanes aber begann seine Geschichte zu erzählen.

      »Bei Tage, wo ich übrigens selten zu Hause war, ließ meine Wohnung nichts zu wünschen übrig, bei Nacht aber war an keinen Schlaf zu denken, so fürchterlich spektakelten Tausende von Ratten und Mäusen unter den alten Fußböden, Tapeten und Ruhebetten.

      »Ich wußte mir keinen Rath in dieser Noth, bis mir endlich ein ägyptischer Soldat zwei schöne große Katzen verkaufte, welche mir auch nach mehreren Wochen einige Ruhe vor meinen Peinigern verschafften.

      »Ihr werdet Alle wissen, daß eines der liebenswürdigen Gesetze dieses wunderlichen Volkes, dessen Bildung und Weisheit ihr, meine milesischen Freunde, nicht sattsam preisen könnt, die Katzen für heilig erklärt. Göttliche Ehre wird diesen glücklichen Vierfüßlern, wie so mancher andern Bestie, zu Theil, und ihre Tödtung eben so streng bestraft, als der Mord eines Menschen.«

      »Alles war gut,« erzählte der Oberst weiter, »als wir Memphis vor zwei Jahren verließen.

      »Ich hatte das Katzenpaar der Pflege eines ägyptischen Schloßdieners anvertraut, und wußte, daß die rattenfeindlichen Thiere meine Wohnung für künftige Fälle rein erhalten würden, ja ich begann schon selbst den freundlichen Rettern aus der Mäusegefahr eine gewisse Verehrung zu zollen.

      »Im vorigen Jahre ward Amasis krank, ehe der Hof sich nach Memphis begeben konnte, und wir blieben zu Sais.

      »Alljährlich, zur Zeit des Bubastisfestes, ist es erlaubt, die überflüssigen Mäusefänger in den Tempel der katzenköpfigen Göttin Pacht abzuliefern, woselbst sie verpflegt, und, wie ich glaube, wenn sie sich gar zu stark vermehren, bei Seite gebracht werden. Diese Priester sind Spitzbuben!

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