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war im griechischen Stil erbaut. Die Außenseite des einstöckigen länglichen Gebäudes mußte nach unseren Begriffen durchaus einfach genannt werden, während die innere Einrichtung hellenische Formenschönheit mit ägyptischer Farbenpracht vereinte. Durch die weite Hauptthüre kam man in die Hausflur36, an deren linker Seite ein großer Speisesaal seine Fensteröffnungen dem Strome zukehrte. Diesem gegenüber lag die Küche, ein Raum, welcher sich nur in den Häusern reicher Hellenen vorfand, während die ärmeren ihre Speisen an dem Herde im Vorzimmer zu bereiten pflegten. Die Empfangshalle lag an der Mündung der Hausflur, hatte die Gestalt eines Quadrats und war rings von einem Säulengange umgeben, von welchem viele Gemächer37 ausgingen. Inmitten dieser Halle, dem Aufenthaltsorte für die Männer38, brannte auf einem altarartigen Herde von reicher äginetischer Metallarbeit39 das Feuer des Hauses.

      Rhodopis hatte für Jeden ein freundliches Wort: jetzt aber sprach sie ausschließlich zu den berühmten Samiern. Sie unterhielt sich mit ihnen über Kunst und Poesie.

      Die Augen der Thracierin glühten im Feuer der Jugend, ihre hohe Gestalt war voll und ungebeugt, das graue Haar schlang sich noch immer in vollen Wogen um das schön geformte Haupt, und schmiegte sich am Hinterkopf in ein Netz von zartem Goldgeflechte. Die hohe Stirn war mit einem leuchtenden Diademe geschmückt.

      Das edle griechische Angesicht erschien bleich, aber schön und faltenlos, trotz seines hohen Alters; ja der kleine, immer noch wohlgeformte Mund, die großen, sinnigen und milden Augen, die edle Stirn und Nase dieses Weibes konnten einer Jungfrau zur Zier gereichen.

      Man mußte Rhodopis für jünger halten, als sie wirklich war, und dennoch verläugnete sie die Greisin keineswegs. Aus jeder ihrer Bewegungen sprach matronenhafte Würde, und ihre Anmuth war nicht die der Jugend, welche zu gefallen sucht, sondern die des Alters, die sich gefällig erweisen will, welche Rücksichten nimmt und Rücksichten verlangt.

      Jetzt zeigten sich die uns bekannten Männer in der Halle. Jedes Auge wandte sich ihnen zu, und als Phanes, seinen Freund an der Hand führend, eintrat, bewillkommnete man ihn auf’s Herzlichste; einer der Milesier aber rief:

      »Wußt’ ich doch nicht, was uns fehlte! Jetzt ist mir’s auf einmal klar; ohne Phanes gibt es keine Fröhlichkeit!«

      Philoinus der Sybarit erhob jetzt seine tiefe Stimme und rief, ohne sich in seiner Ruhe stören zu lassen: »Die Fröhlichkeit ist ein schönes Ding, und wenn Du sie mitbringst, so sei auch mir willkommen, Athener!«

      »Mir aber,« sprach Rhodopis, auf die neuen Gäste zutretend, »seid herzlich gegrüßt, wenn ihr fröhlich seid, und nicht minder willkommen, wenn euch ein Kummer drückt; kenne ich doch keine größere Freude, als die Falten auf der Stirn eines Freundes zu glätten. Auch Dich, Spartaner, nenne ich ›Freund‹, denn also heiß’ ich Jeden, der meinen Freunden lieb ist.«

      Aristomachus verneigte sich schweigend; der Athener aber rief, sich halb an Rhodopis, halb an den Sybariten wendend: »Wohl denn, meine Lieben, so kann ich euch beide befriedigen. Du, Rhodopis, sollst Gelegenheit haben, mich, Deinen Freund, zu trösten, denn gar bald werde ich Dich und Dein liebes Hans verlassen müssen; Du aber, Sybarit, wirst Dich an meiner Fröhlichkeit ergötzen, denn endlich werde ich mein Hellas wiedersehen, und diese goldne Mäusefalle von einem Lande, wenn auch unfreiwillig, verlassen!«

      »Du gehst fort? Du bist entlassen worden? Wohin gedenkst Du zu reisen?« fragte man von allen Seiten.

      »Geduld! Geduld! Ihr Freunde,« rief Phanes, »ich muß euch eine lange Geschichte erzählen, die ich bis zum Schmause aufbewahren will. – Nebenbei gesagt, liebste Freundin, ist mein Hunger fast eben so groß, wie mein Kummer, euch verlassen zu müssen.«

      »Hunger ist ein schönes Ding,« philosophirte der Sybarit, »wenn

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