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las­sen un­ser Blut ko­chen, be­täu­ben das Ge­hirn und ma­chen uns zum reis­sen­den Tie­re.

      Doch nun zu mei­ner Ge­schich­te!

      Ich über­ge­he die ers­te Zeit mei­nes Auf­ent­hal­tes in Al­gier. Nach­dem ich Bona, Con­stan­ti­ne, Bis­kra und Se­tif be­sucht hat­te, kam ich durch die Schluch­ten von Cha­bet nach Bou­gie. Wir hat­ten einen un­ver­gleich­lich schö­nen Weg mit­ten durch die Wäl­der der Ka­by­len zu­rück­ge­legt; der­sel­be zieht sich in ei­ner Höhe von zwei­hun­dert Me­tern dem Mee­re ent­lang und folgt den Win­dun­gen des Hoch­ge­bir­ges bis zum herr­li­chen Golf von Bou­gie, der eben­so schön wie der von Nea­pel, Ajac­cio und Douar­ne­nez ist. Al­ler­dings neh­me ich hier­bei die un­ver­gleich­li­che Bucht von Por­to an der West­küs­te Cor­si­kas aus, mit ih­rer Ein­fas­sung aus ro­tem Gra­nit, in­ner­halb de­ren man die blut­ro­ten Stein­rie­sen, im Volks­mun­de die »Calan­ches« von Pia­na ge­nannt, er­blickt.

      Von wei­tem, ganz von wei­tem, be­vor man um die große Bucht kommt, in der die stil­len Was­ser schlum­mern, er­blickt man Bou­gie. Es ist an den stei­len Hän­gen ei­nes ho­hen, von Wäl­dern ge­krön­ten Ber­ges er­baut; ein wei­ßer Pieck auf die­sem grü­nen Han­ge, wie ein schäu­men­der Was­ser­fall, der sich ins Meer er­giesst.

      So­bald ich den Fuss in die­ses be­zau­bern­de Städt­chen ge­setzt hat­te, wur­de es mir zur Ge­wiss­heit, dass ich hier lan­ge ver­wei­len wür­de. Über­all rings­um haf­tet das Auge auf eine Rei­he za­cki­ger wildro­man­ti­scher Hü­gel mit bi­zar­ren Spit­zen, die so dicht zu­sam­men­hän­gen, dass man kaum das of­fe­ne Meer er­bli­cken kann und den Golf für einen See hal­ten möch­te. Das blaue, milch­far­be­ne Was­ser ist von wun­der­ba­rer Durch­sich­tig­keit; und der azur­ne Him­mel, so azur­blau, als habe er einen dop­pel­ten Far­ben­an­strich er­hal­ten, lacht über dem Gan­zen in sei­ner er­grei­fen­den Pracht.

      Bou­gie ist die Stadt der Rui­nen. Wenn man an­kommt, so er­blickt man am Quai einen so groß­ar­ti­gen Trüm­mer­hau­fen, dass man sich in eine Mär­chen­welt ver­setzt glaubt; das epheu­um­rank­te alte Sa­ra­ze­nen-Tor. Und in dem wal­di­gen Ge­bir­ge rings um die Stadt her­um fin­det man über­all Rui­nen, Res­te rö­mi­scher Mau­ern, Denk­mä­ler aus der Sa­ra­ze­nen-Zeit, Über­bleib­sel ara­bi­scher Bau­kunst.

      Ich hat­te in der obe­ren Stadt ein mau­ri­sches Häu­schen ge­mie­tet. Du kennst ja die­se Woh­nun­gen der Be­schrei­bung nach. Sie ha­ben nach Aus­sen hin kei­ne Fens­ter, son­dern emp­fan­gen von oben bis un­ten ihr Licht von dem in­ne­ren Hofe her. Im ers­ten Stock be­fin­det sich ein großer Saal, in dem man sich tags­über auf­hält, und ganz oben eine Ter­ras­se, wo man die Näch­te zu­bringt.

      Ich folg­te so­fort der Ge­wohn­heit je­ner heis­sen Län­der, d. h. ich hielt stets nach dem Früh­stück mei­ne Sies­ta. Es sind dies die drückends­ten Stun­den des Ta­ges, wo man vor Hit­ze kaum noch at­met, wo die Gas­sen, die Plät­ze, die blen­den­den Stras­sen ver­ödet sind, wo alle Welt schläft oder we­nigs­tens in mög­lichst un­be­klei­de­tem Zu­stan­de zu schla­fen ver­sucht.

      In mei­nem mit Säu­len von ara­bi­scher Bau­art ge­schmück­ten Saa­le hat­te ich einen großen be­hag­li­chen, mit Tep­pi­chen von Dje­bel-Amur be­deck­ten Di­van auf­stel­len las­sen. So ziem­lich in Adams Ko­stüm streck­te ich mich auf dem­sel­ben aus; aber ein­sam wie ich war, konn­te ich kei­ne Ruhe fin­den.

      Zwei Qua­len auf die­ser Welt gibt es, liebs­ter Freund, die ich nicht ger­ne ken­nen ler­nen möch­te; näm­lich der Durst nach Was­ser und die un­be­frie­dig­te Sehn­sucht nach ei­nem weib­li­chen We­sen. Wel­che von bei­den ist wohl die schlim­me­re? Ich weiß es selbst nicht. In der Wüs­te wür­de man man­ches­mal die schreck­lichs­ten Din­ge be­ge­hen, um nur ein Glas fri­schen kla­ren Was­sers zu er­lan­gen. Was gäbe man in ge­wis­sen Küs­ten­städ­ten nicht für ein hüb­sches fri­sches und ge­sun­des Mäd­chen? Es fehlt ja in Afri­ka nicht an Mäd­chen, es ist so­gar Über­fluss dar­an; aber, um bei mei­nem Ver­gleich ste­hen zu blei­ben, sie glei­chen in ih­rer Art dem übel­rie­chen­den fau­len und schlam­mi­gen Was­ser, das man in den Brun­nen der Sa­ha­ra fin­det.

      So ver­such­te ich nun ei­nes schö­nen Ta­ges wie­der, als ich ab­ge­spann­ter wie ge­wöhn­lich war, ver­geb­lich die Au­gen zu schlies­sen. Mei­ne Glie­der zit­ter­ten, als brenn­ten Nes­seln dar­in; in ängst­li­cher Un­ru­he warf ich mich auf mei­nem Di­van hin und her, und schliess­lich hielt ich es nicht mehr aus. Ich sprang auf und be­gab mich ins Freie.

      Es war ein schreck­lich heis­ser Juli-Nach­mit­tag. Das Stras­sen­pflas­ter strahl­te eine Hit­ze wie ein Back­ofen aus, das Hemd war im Au­gen­blick feucht und kleb­te ei­nem am Lei­be, und am gan­zen Ho­ri­zont schweb­te ein leich­ter weiß­li­cher Dunst, der ver­zeh­ren­de Hauch des Si­rok­ko, des­sen Hit­ze man grei­fen zu kön­nen glaubt.

      Ich ging in der Rich­tung auf das Meer zu hin­un­ter und folg­te, beim Ha­fen an­ge­langt, dem Han­ge, wel­cher sich längs der lieb­li­chen Bucht hin­zieht, in der die Bä­der lie­gen. Das stei­le, mit Ge­büsch und stark duf­ten­den Pflan­zen be­wach­se­ne Ge­bir­ge um­ragt von al­len Sei­ten die­se Bucht, längs de­ren gan­zem Ufer sich mäch­ti­ge Fels­blö­cke in der stil­len Flut ba­den.

      Hier draus­sen sah man kein mensch­li­ches We­sen; nichts rühr­te sich, kein Tier gab einen Laut, kein Vo­gel strich durch die Lüf­te. Je­des Geräusch war ver­stummt; selbst das Meer schi­en un­ter den bren­nen­den Strah­len der Son­ne er­starrt zu sein, so­dass man nicht ein­mal das Plät­schern des Was­sers ver­nahm. Da­ge­gen glaub­te ich in der ko­chen­den Luft ein Knis­tern wie von Feu­er zu hö­ren.

      Plötz­lich schi­en es mir, als wenn ich hin­ter ei­nem der Fel­sen, die zur Hälf­te in der schwei­gen­den Was­ser­flä­che un­ter­ge­taucht wa­ren, eine leich­te Be­we­gung be­merk­te. Ich wand­te mich um und er­blick­te ein hoch­ge­wach­se­nes Mäd­chen, wel­ches hier, wo es sich in die­sen Stun­den der Hit­ze völ­lig un­ge­stört glau­ben moch­te, ohne jede Be­klei­dung sein Bad nahm. Bis zur Brust im Was­ser ste­hend, wand­te sie ih­ren Blick dem Mee­re zu und plät­scher­te leicht mit den Hän­den, ohne mich zu be­mer­ken.

      Was konn­te es Be­zau­bern­de­res ge­ben, als die­ses Bild: das schö­ne Weib in dem Was­ser, so durch­sich­tig, wie ein Glas un­ter der Pracht die­ses süd­li­chen Him­mels! Und sie war schön, wun­der­bar schön so­gar, die­ses hoch­ge­wach­se­ne Weib mit dem Kör­per ei­ner Mar­mor­sta­tue.

      In die­sem Au­gen­blick wand­te sie sich um; sie stiess einen Schrei aus und ver­barg sich, halb schwim­mend, halb ge­hend, so­fort hin­ter ih­rem Fel­sen.

      Da sie doch wie­der ’mal zum Vor­schein kom­men muss­te, so setz­te ich mich am Han­ge hin und war­te­te ge­dul­dig. Da kroch sie ganz sach­te wie­der her­vor und zeig­te ih­ren mit schwar­zen wir­ren Haa­ren dicht­be­wach­se­nen Kopf. Sie hat­te einen brei­ten Mund, auf­ge­wor­fe­ne lüs­ter­ne Lip­pen, große be­gehr­li­che Au­gen, und ihre gan­ze durch das Kli­ma leicht ge­bräun­te Haut hat­te das Aus­se­hen von al­tem El­fen­bein, hart und weich zu­gleich, mit ei­nem Wor­te ein herr­li­cher Ty­pus der wei­ßen Ras­se, dem aber die Son­ne Afri­kas ihr ei­gen­ar­ti­ges Ko­lo­rit ver­lie­hen hat­te.

      »Ge­hen Sie fort!« rief sie mir zu. Ihre vol­le Stim­me, die, wie ihre gan­ze Er­schei­nung, et­was Kräf­ti­ges

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