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sah sie miss­trau­isch und ver­dros­sen an.

      »Da Sie nun ein­mal da sind«, ent­schied sie end­lich, »muss ich Ih­nen wohl was ge­ben«, und sie ver­schwand im Hau­se.

      Hier­auf kam zu­nächst das Kind mit zwei Stüh­len her­aus, die es un­ter einen Ap­fel­baum setz­te; ihm folg­te die Mut­ter mit zwei Glä­sern schäu­men­der Milch, wel­che sie den Frem­den reich­te. Sie blieb bei ih­nen ste­hen, als woll­te sie sie über­wa­chen und ihre Ab­sich­ten er­grün­den.

      »Ihr kommt von Fe­camp?« frag­te sie.

      »Ja, wir sind für den Som­mer in Fe­camp«, ant­wor­te­te d’A­gre­val. Dann fuhr er nach ei­ner Pau­se fort: »Könn­tet Ihr uns nicht alle Wo­chen ei­ni­ge Hüh­ner ver­kau­fen?«

      Die Bäue­rin zö­ger­te, dann sag­te sie end­lich:

      »Nun, ja, wenn es sein muss; wollt Ihr jun­ge?«

      »Ge­wiss, jun­ge.«

      »Wie viel zahlt Ihr jetzt auf dem Mark­te da­für?«

      d’A­gre­val wuss­te das nicht und wand­te sich an sei­ne Beglei­te­rin:

      »Was kos­tet jetzt das Ge­flü­gel, ich mei­ne na­tür­lich jun­ges Ge­flü­gel?«

      »Vier Fran­cs und vier Fran­cs fünf­zig«, stam­mel­te sie un­ter Trä­nen.

      Die Bäue­rin warf ihr einen er­staun­ten Blick zu und frag­te dann:

      »Ist die Dame krank, weil sie weint?«

      Er wuss­te erst nicht, was er ant­wor­ten soll­te und stot­ter­te dann:

      »Nein … nein … aber sie … sie hat un­ter­wegs ihre Uhr ver­lo­ren, eine wun­der­hüb­sche Uhr, und das macht sie ganz trau­rig. Wenn je­mand sie fin­den soll­te, so könnt Ihr uns Be­scheid schi­cken.«

      Mut­ter Be­ne­dikt schwieg, sie fand al­les so son­der­bar.

      »Da ist mein Mann!« rief sie plötz­lich.

      Sie al­lein hat­te ihn kom­men se­hen, weil sie dem Schlag­baum ge­gen­über stand.

      d’A­gre­val fuhr auf und Ma­da­me de Ca­dour wäre, als sie sich um­wand­te, vor Schreck bei­na­he vom Stuhl ge­sun­ken.

      *

      Ein Mann nä­her­te sich, noch zehn Schritt ent­fernt, der eine Kuh an dem um bei­de Hör­ner ge­wun­de­nen Stri­cke keu­chend hin­ter sich her zog.

      »Teu­fel, so ein Schind­lu­der«, rief er, ohne die Frem­den zu be­mer­ken, und ging vor­über nach dem Stall zu, in dem er ver­schwand.

      Die Trä­nen der al­ten Dame wa­ren plötz­lich ver­siegt und sie blieb starr, un­fä­hig zu den­ken oder zu spre­chen. – Ihr Sohn! das da war also ihr Sohn!

      »Das ist si­cher Herr Be­ne­dikt«, sag­te d’A­gre­val mit zit­tern­der Stim­me, von der glei­chen Idee be­seelt.

      »Wo­her wisst Ihr denn sei­nen Na­men?« frag­te die Bau­ers­frau miss­trau­isch.

      »Der Schmied an der Ecke der großen Stras­se hat ihn uns ge­sagt«, ant­wor­te­te er.

      Dann schwie­gen alle, die Au­gen auf die Stall­tü­re ge­hef­tet. Die­sel­be sah aus wie ein schwar­zes Loch in der wei­ßen Mau­er des Ge­bäu­des. Man sah von dem In­nern nichts; man hör­te nur ver­schie­de­nen Lärm, Be­we­gun­gen, Schrit­te, die auf dem stroh­be­deck­ten Bo­den wi­der­hall­ten.

      Er er­schi­en wie­der am Ein­gang, wisch­te sich die Stirn mit der Hand und ging lang­sam auf das Haus zu, sich bei je­dem sei­ner großen Schrit­te in den Hüf­ten wie­gend.

      Ohne die Frem­den zu be­mer­ken rief er im Vor­bei­ge­hen sei­ner Frau zu:

      »Hol mir einen Krug Ap­fel­wein, ich bin durs­tig.« Dann trat er ins Haus. Die Bäue­rin lief zum Kel­ler und ließ die Pa­ri­ser al­lein.

      »Ge­hen wir, Hen­ry, ge­hen wir!« rief Ma­da­me de Ca­dour ganz ent­setzt.

      Sie rich­te­te sich an d’A­gre­val’s Arme auf, und sie sorg­fäl­tig stüt­zend, denn sie droh­te je­den Au­gen­blick um­zu­fal­len, führ­te die­ser sie fort, nach­dem er zu­vor fünf Fran­cs auf einen der Stüh­le ge­legt hat­te.

      Als sie zum Tore hin­aus wa­ren, fing sie ganz aus­ser sich vor Schmerz wie­der bit­ter­lich zu wei­nen an und jam­mer­te:

      »Was ha­ben Sie aus ihm ge­macht, o mein Gott!« Er war sehr bleich ge­wor­den und ant­wor­te­te ab­weh­rend:

      »Ich habe ge­tan was ich nur konn­te. Sei­ne Farm ist zwan­zig­tau­send Fran­cs wert. Das ist eine Mit­gift, wie sie nicht alle Bür­gers­kin­der ha­ben.«

      Sie gin­gen ganz lang­sam nach Hau­se, ohne ein Wort wei­ter dar­über zu ver­lie­ren. Die Trä­nen ran­nen ihr un­aus­ge­setzt über die Wan­gen.

      So ka­men sie end­lich nach Fe­camp, wo Herr de Ca­dour be­reits mit dem Di­ner auf sie war­te­te. Als er sie sah, rief er laut la­chend:

      »Aus­ge­zeich­net, mei­ne Frau hat ih­ren Son­nen­stich weg, das macht mir Spaß. Ich glau­be seit ei­ni­ger Zeit wirk­lich, dass sie den Kopf ver­liert.«

      Bei­de ver­moch­ten nichts zu sa­gen, und als der Gat­te frag­te:

      »Habt Ihr denn we­nigs­tens einen hüb­schen Spa­zier­gang ge­macht?« da ant­wor­te­te d’A­gre­val schnell:

      »Ei­nen sehr hüb­schen, lie­ber Freund, wirk­lich einen aus­ser­or­dent­lich hüb­schen.«

      *

      Das Meer peitsch­te die Küs­te mit sei­nem kur­z­en gleich­mäs­si­gen Wel­len­schla­ge. Klei­ne wei­ße Wölk­chen zo­gen has­tig am blau­em Him­mel vor­über, von dem scharf­bla­sen­den Win­de wie Sturm­vö­gel ge­trie­ben; das Dorf in dem Tal­grun­de, der sich nach der See hin­zog, briet in der Son­nenglut.

      Gleich am Ein­gan­ge des­sel­ben, un­mit­tel­bar an der Stras­se lag, et­was ent­fernt vor den and­ren, das Haus der Mar­tin-Le­ve­s­que. Es war dies eine klei­ne Fi­scher­woh­nung mit Lehm­wän­den und ei­nem Stroh­dach, das ein Bü­schel blau­er Schwert­li­li­en zier­te. Vor der Tür be­fand sich ein Gärt­chen, nicht viel grös­ser wie ein Ta­schen­tuch, in wel­chem Zwie­beln, ei­ni­ge Kohl­köp­fe, Pe­ter­si­lie und Ker­bel wuch­sen, und wel­ches längs der Stras­se von ei­ner He­cke um­zäunt wur­de.

      Der Mann weilt auf dem Fisch­fang, die Frau sitzt vor der Tür und flickt die Ma­schen ei­nes großen brau­nen Net­zes, wel­ches an der Mau­er wie ein rie­si­ges Spin­nen­ge­we­be auf­ge­hängt ist. Ein Mäd­chen von vier­zehn Jah­ren sitzt am Ein­gang des Gar­tens hin­ten­über ge­lehnt auf ei­nem Rohr­stuhl und flickt Lei­nen­zeug, zer­ris­sen und ver­schlis­sen, wie man es eben bei ar­men Leu­ten fin­det. Ein an­de­res, etwa um ein Jahr jün­ge­res Mäd­chen wiegt auf sei­nen Ar­men ein ganz klei­nes Kind, dem noch Spra­che und Be­we­gung feh­len, wäh­rend zwei Wür­mer von drei und zwei Jah­ren auf dem Bo­den kau­ernd mit ih­ren schmut­zi­gen Händ­chen im San­de wüh­len und sich zum Zeit­ver­treib mit klei­nen Erd­klümp­chen be­wer­fen.

      Nie­mand

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