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      »Du bist’s, mein Mann«, sag­te sie dann plötz­lich mit ganz ver­än­der­ter, tiefer und zit­tern­der Stim­me.

      »Ja, ich bin’s«, ent­geg­ne­te er zö­gernd.

      Er rühr­te sich nicht und fuhr fort an dem Bro­te zu es­sen.

      »Du bist’s wirk­lich, der Mar­tin?« stam­mel­te Le­ve­s­que, mehr über­rascht als er­grif­fen.

      »Ja, ich bin’s«, sag­te noch­mals ru­hig der an­de­re.

      »Aber wo­her kommst Du doch nur?« frag­te nun der zwei­te Gat­te.

      »Von der afri­ka­ni­schen Küs­te«, er­zähl­te Je­ner. »Wir wa­ren auf ein Riff ge­ra­ten und nur drei von den Un­se­ren konn­ten sich ret­ten: Pi­card, Va­ti­nel und ich. Die Wil­den nah­men uns ge­fan­gen und hiel­ten uns zwölf Jah­re fest. Pi­card und Va­ti­nel star­ben. Ein eng­li­scher Rei­sen­der hat mich los­ge­kauft und nach Cet­te zu­rück­ge­bracht. Da bin ich nun.«

      Die Mar­tin lag mit dem Ge­sicht auf dem Tisch und schluchz­te laut.

      »Was sol­len wir nun an­fan­gen?« rief Le­ve­s­que.

      »Ist das Dein Mann?« frag­te Mar­tin.

      »Ja, das bin ich«, ant­wor­te­te Le­ve­s­que.

      Sie sa­hen sich an und schwie­gen aber­mals.

      Dann deu­te­te Mar­tin, nach­dem er die Kin­der rings­um län­ge­re Zeit be­trach­tet hat­te, mit ei­ner Kopf­be­we­gung auf die bei­den Mäd­chen und frag­te:

      »Sind das mei­ne?«

      »Ja, das sind Dei­ne«, sag­te Le­ve­s­que.

      Er stand nicht auf, er um­arm­te sie nicht.

      »Gu­ter Gott, wie groß sie ge­wor­den sind«, war das Ein­zi­ge, was er be­merk­te.

      »Aber was sol­len wir nur an­fan­gen?« frag­te Le­ve­s­que aufs Neue.

      An­fangs wuss­te Mar­tin in sei­ner Be­stür­zung auch nichts zu sa­gen. Sch­liess­lich mein­te er:

      »Was mich an­be­trifft, so wer­de ich mich schon mit Dir ver­stän­di­gen; ich will Dir kein Un­recht tun. Das ver­steht sich ganz von selbst, auch we­gen des Hau­ses. Ich habe zwei Kin­der, Du hast drei, je­dem ge­hö­ren die sei­ni­gen. Aber die Mut­ter? Ge­hört sie Dir oder mir? Ich wer­de mich dar­in nach Dei­nem Wun­sche rich­ten; aber das Haus ge­hört mir, denn mein Va­ter hat es mir ver­macht, ich bin dar­in ge­bo­ren und die be­tref­fen­den Pa­pie­re lie­gen beim No­tar.«

      Die Frau wein­te im­mer fort, ihre Trä­nen be­feuch­te­ten das blaue Tisch­tuch. Die bei­den Mäd­chen wa­ren nä­her ge­kom­men und sa­hen ih­ren Va­ter voll Un­ru­he an.

      Er hat­te auf­ge­hört zu es­sen und sag­te nun sei­ner­seits:

      »Was soll jetzt wer­den?«

      Le­ve­s­que hat­te einen Ge­dan­ken:

      »Wir müs­sen zum Pfar­rer ge­hen.«

      Mar­tin er­hob sich, und als er auf sei­ne Frau zu­ging, warf sie sich an sei­ne Brust und rief schluch­zend:

      »Mein Mann! Mar­tin, mein ar­mer Mar­tin! Da bist Du wie­der!«

      Sie hielt ihn mit bei­den Ar­men um­schlun­gen; die alte Zärt­lich­keit von ehe­mals kehr­te wie­der, tau­send Erin­ne­run­gen aus der Ju­gend­zeit tauch­ten vor ihr auf.

      Mar­tin, nicht min­der be­wegt, küss­te sie in­nig. Die bei­den Kin­der am Herd fin­gen an zu heu­len, als sie die Trä­nen der Mut­ter sa­hen, und das Jüngs­te auf dem Arm der zwei­ten Toch­ter Mar­tins schrie mit kläg­li­cher Stim­me wie eine ver­stimm­te Gei­ge.

      Le­ve­s­que stand eine Wei­le war­tend da.

      »Nun müs­sen wir aber doch die Sa­che in Ord­nung brin­gen.«

      Mar­tin lös­te sich aus den Ar­men sei­ner Frau, und als er sei­ne bei­den Kin­der an­sah, rief die Mut­ter:

      »So gebt doch Eu­rem Va­ter we­nigs­tens einen Kuss.«

      Sie ka­men bei­de zu­gleich her­bei mit tro­ckenen Au­gen, mehr er­staunt als furcht­sam. Er küss­te ei­nes nach dem an­de­ren mit ei­nem vol­len saf­ti­gen Kuss nach Bau­ern­art. Als das Jüngs­te den Frem­den so nahe sah, stiess es ein durch­drin­gen­des Ge­schrei aus, so­dass man glau­ben konn­te, es fie­le in Krämp­fe.

      Dann gin­gen die bei­den Män­ner zu­sam­men fort.

      Als sie bei dem Kaf­fee­hau­se vor­bei­ka­men, mein­te Le­ve­s­que:

      »Wie wär’s, wenn wir erst ’mal einen Trop­fen näh­men?

      »Ich bin da­bei«, er­klär­te Mar­tin.

      Sie tra­ten ein und nah­men in dem noch lee­ren Zim­mer Platz.

      »Heh! Chi­cot, zwei Glä­ser aus der gu­ten Fla­sche. Hier ist Mar­tin, der wie­der­ge­kom­men ist, Mar­tin von mei­ner Frau, Du weißt schon, der mit den ›zwei Schwes­tern ‹ ver­schol­len war.«

      Und der Wirt kam her­bei, in der einen Hand die Fla­sche, in der an­de­ren drei Glä­ser, ein di­cker, voll­blü­ti­ger, auf­ge­dun­se­ner Bur­sche.

      »Sieh da! Mar­tin! Wie­der zu­rück?« frag­te er ru­hig.

      »Ja, da bin ich wie­der«, sag­te Mar­tin.

      *

      Du ba­test mich, lie­ber Freund, Dir die Ein­drücke zu schil­dern, die ich hier in Afri­ka emp­fan­gen, die Aben­teu­er, und vor al­lem die Lie­bes­ge­schich­ten, die ich in die­sem Lan­de er­lebt, nach wel­chem es mich schon seit so vie­len Jah­ren zog. Du wür­dest, schreibst Du, schon im Voraus herz­lich über mei­ne »schwar­zen Lieb­schaf­ten« la­chen und sä­hest mich im Geis­te schon in Beglei­tung ei­nes großen eben­holz­far­bi­gen Weibs­bil­des zu­rück­keh­ren, das, den Kopf mit ei­nem gel­ben Sei­den­tu­che um­wun­den, in den grells­ten Klei­dungs­stücken ein­her­wat­schelt.

      Die Rei­he wird auch, das ist ge­wiss, noch an die schwar­zen Wei­ber kom­men; denn ich sah be­reits meh­re­re, die mir ei­ni­ge Lust ein­ge­flösst ha­ben, auch mal in die­ser Tin­te un­ter­zut­au­chen. In­des­sen habe ich zu­nächst et­was Bes­se­res und ganz Ori­gi­nel­les ge­fun­den.

      In Dei­nem letz­ten Brie­fe schreibst Du mir:

      »Wenn ich erst mal weiß, wie man in ei­nem Lan­de liebt, so ken­ne ich es ge­nü­gend, um es be­schrei­ben zu kön­nen, auch wenn ich es nie­mals ge­se­hen habe.«

      Nun so wis­se denn, dass man hier mit ei­ner wah­ren Ra­se­rei zu lie­ben pflegt. Man ver­spürt hier vom ers­ten Tage an eine Art Sie­de­hit­ze, eine Auf­wal­lung, eine un­ge­stü­me An­span­nung der Be­gier­den, einen bis in die Fin­ger­spit­zen ge­hen­den Kit­zel, wo­durch un­se­re Lie­bes­brunst bis zur Er­schlaf­fung ent­facht und un­se­re gan­ze Sin­nen­lust, von der ein­fa­chen Berüh­rung der Hän­de bis zu je­nem un­nenn­ba­ren Be­dürf­nis, um des­sen wil­len wir so vie­le Dumm­hei­ten be­ge­hen, aufs Höchs­te ge­reizt wird.

      Ver­steh’

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