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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Читать онлайн.Название Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962817695
Автор произведения Guy de Maupassant
Жанр Языкознание
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
»Du bist’s, mein Mann«, sagte sie dann plötzlich mit ganz veränderter, tiefer und zitternder Stimme.
»Ja, ich bin’s«, entgegnete er zögernd.
Er rührte sich nicht und fuhr fort an dem Brote zu essen.
»Du bist’s wirklich, der Martin?« stammelte Levesque, mehr überrascht als ergriffen.
»Ja, ich bin’s«, sagte nochmals ruhig der andere.
»Aber woher kommst Du doch nur?« fragte nun der zweite Gatte.
»Von der afrikanischen Küste«, erzählte Jener. »Wir waren auf ein Riff geraten und nur drei von den Unseren konnten sich retten: Picard, Vatinel und ich. Die Wilden nahmen uns gefangen und hielten uns zwölf Jahre fest. Picard und Vatinel starben. Ein englischer Reisender hat mich losgekauft und nach Cette zurückgebracht. Da bin ich nun.«
Die Martin lag mit dem Gesicht auf dem Tisch und schluchzte laut.
»Was sollen wir nun anfangen?« rief Levesque.
»Ist das Dein Mann?« fragte Martin.
»Ja, das bin ich«, antwortete Levesque.
Sie sahen sich an und schwiegen abermals.
Dann deutete Martin, nachdem er die Kinder ringsum längere Zeit betrachtet hatte, mit einer Kopfbewegung auf die beiden Mädchen und fragte:
»Sind das meine?«
»Ja, das sind Deine«, sagte Levesque.
Er stand nicht auf, er umarmte sie nicht.
»Guter Gott, wie groß sie geworden sind«, war das Einzige, was er bemerkte.
»Aber was sollen wir nur anfangen?« fragte Levesque aufs Neue.
Anfangs wusste Martin in seiner Bestürzung auch nichts zu sagen. Schliesslich meinte er:
»Was mich anbetrifft, so werde ich mich schon mit Dir verständigen; ich will Dir kein Unrecht tun. Das versteht sich ganz von selbst, auch wegen des Hauses. Ich habe zwei Kinder, Du hast drei, jedem gehören die seinigen. Aber die Mutter? Gehört sie Dir oder mir? Ich werde mich darin nach Deinem Wunsche richten; aber das Haus gehört mir, denn mein Vater hat es mir vermacht, ich bin darin geboren und die betreffenden Papiere liegen beim Notar.«
Die Frau weinte immer fort, ihre Tränen befeuchteten das blaue Tischtuch. Die beiden Mädchen waren näher gekommen und sahen ihren Vater voll Unruhe an.
Er hatte aufgehört zu essen und sagte nun seinerseits:
»Was soll jetzt werden?«
Levesque hatte einen Gedanken:
»Wir müssen zum Pfarrer gehen.«
Martin erhob sich, und als er auf seine Frau zuging, warf sie sich an seine Brust und rief schluchzend:
»Mein Mann! Martin, mein armer Martin! Da bist Du wieder!«
Sie hielt ihn mit beiden Armen umschlungen; die alte Zärtlichkeit von ehemals kehrte wieder, tausend Erinnerungen aus der Jugendzeit tauchten vor ihr auf.
Martin, nicht minder bewegt, küsste sie innig. Die beiden Kinder am Herd fingen an zu heulen, als sie die Tränen der Mutter sahen, und das Jüngste auf dem Arm der zweiten Tochter Martins schrie mit kläglicher Stimme wie eine verstimmte Geige.
Levesque stand eine Weile wartend da.
»Nun müssen wir aber doch die Sache in Ordnung bringen.«
Martin löste sich aus den Armen seiner Frau, und als er seine beiden Kinder ansah, rief die Mutter:
»So gebt doch Eurem Vater wenigstens einen Kuss.«
Sie kamen beide zugleich herbei mit trockenen Augen, mehr erstaunt als furchtsam. Er küsste eines nach dem anderen mit einem vollen saftigen Kuss nach Bauernart. Als das Jüngste den Fremden so nahe sah, stiess es ein durchdringendes Geschrei aus, sodass man glauben konnte, es fiele in Krämpfe.
Dann gingen die beiden Männer zusammen fort.
Als sie bei dem Kaffeehause vorbeikamen, meinte Levesque:
»Wie wär’s, wenn wir erst ’mal einen Tropfen nähmen?
»Ich bin dabei«, erklärte Martin.
Sie traten ein und nahmen in dem noch leeren Zimmer Platz.
»Heh! Chicot, zwei Gläser aus der guten Flasche. Hier ist Martin, der wiedergekommen ist, Martin von meiner Frau, Du weißt schon, der mit den ›zwei Schwestern ‹ verschollen war.«
Und der Wirt kam herbei, in der einen Hand die Flasche, in der anderen drei Gläser, ein dicker, vollblütiger, aufgedunsener Bursche.
»Sieh da! Martin! Wieder zurück?« fragte er ruhig.
»Ja, da bin ich wieder«, sagte Martin.
*
Marroca
Du batest mich, lieber Freund, Dir die Eindrücke zu schildern, die ich hier in Afrika empfangen, die Abenteuer, und vor allem die Liebesgeschichten, die ich in diesem Lande erlebt, nach welchem es mich schon seit so vielen Jahren zog. Du würdest, schreibst Du, schon im Voraus herzlich über meine »schwarzen Liebschaften« lachen und sähest mich im Geiste schon in Begleitung eines großen ebenholzfarbigen Weibsbildes zurückkehren, das, den Kopf mit einem gelben Seidentuche umwunden, in den grellsten Kleidungsstücken einherwatschelt.
Die Reihe wird auch, das ist gewiss, noch an die schwarzen Weiber kommen; denn ich sah bereits mehrere, die mir einige Lust eingeflösst haben, auch mal in dieser Tinte unterzutauchen. Indessen habe ich zunächst etwas Besseres und ganz Originelles gefunden.
In Deinem letzten Briefe schreibst Du mir:
»Wenn ich erst mal weiß, wie man in einem Lande liebt, so kenne ich es genügend, um es beschreiben zu können, auch wenn ich es niemals gesehen habe.«
Nun so wisse denn, dass man hier mit einer wahren Raserei zu lieben pflegt. Man verspürt hier vom ersten Tage an eine Art Siedehitze, eine Aufwallung, eine ungestüme Anspannung der Begierden, einen bis in die Fingerspitzen gehenden Kitzel, wodurch unsere Liebesbrunst bis zur Erschlaffung entfacht und unsere ganze Sinnenlust, von der einfachen Berührung der Hände bis zu jenem unnennbaren Bedürfnis, um dessen willen wir so viele Dummheiten begehen, aufs Höchste gereizt wird.
Versteh’