ТОП просматриваемых книг сайта:
Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Читать онлайн.Название Guy de Maupassant – Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962817695
Автор произведения Guy de Maupassant
Жанр Языкознание
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
Man setzte sich und wartete. Auf dem Gange über dem Zimmer wurden hastige Schritte vernehmbar, die eine ungewohnte Unruhe verkündeten. Die überraschten Schlossbewohner schienen sich eiligst umzukleiden. Aber es dauerte doch lange. Mehrmals hörte man eine Glocke, und dann wieder eilige Schritte treppauf und treppab.
Die Baronin wurde durch die unangenehme Kühle des Zimmers fortwährend zum Niesen gereizt. Julius ging mit großen Schritten auf und ab. Johanna sass traurig neben ihrer Mutter. Der Baron stand am Kamin gelehnt und ließ den Kopf hängen.
Endlich wurde eine der hohen Flügeltüren aufgerissen und Vicomte und die Vicomtesse de Briseville traten ein. Sie waren beide klein, von zierlicher Gestalt und hatten einen tänzelnden Gang. Ihr Alter war schwer zu bestimmen; ihr Benehmen war zeremoniell und verlegen.
Der Ehemann trug einen prächtigen Leibrock; er grüsste, indem er leicht das Knie beugte. Seine Nase, seine Augen, seine Zähne, seine pomadisierten Haare und seine ganze prächtige Kleidung hatten einen Glanz wie Sachen, die man mit großer Sorgfalt hegt und pflegt.
Nachdem man die ersten Höflichkeitsformeln von der Freude über den Besuch der lieben Nachbarn ausgetauscht hatte, fing das Gespräch bereits zu stocken an. Dann wurde es wieder in Gang gebracht, indem man sich gegenseitig Liebenswürdigkeiten sagte, ohne recht den Grund dafür zu wissen. Man würde hoffentlich beiderseits die vortrefflichen Beziehungen zu einander fortsetzen. Es wäre doch zu schön, sich öfters zu besuchen, wo man das ganze Jahr auf dem Lande wohne.
Die eisige Luft des Salons drang allen durch Mark und Bein. Die Baronin hustete bereits von heftigem Niesen zuweilen noch unterbrochen. Der Baron gab endlich das Zeichen zum Aufbruch. Die Brisevilles protestierten. »Wie? schon so eilig? Bleiben Sie doch noch ein wenig.« Aber Johanna hatte sich bereits erhoben trotz der Winke ihres Mannes, dem der Besuch zu kurz dünkte.
Man wollte dem Diener schellen, um den Wagen vorfahren zu lassen; aber die Schelle ging nicht. Der Hausherr stürzte selbst fort, und kam mit der Nachricht zurück, dass die Pferde noch im Stalle ständen.
Man musste also warten. Jeder suchte nach einem Wort, um die Unterhaltung nicht einschlafen zu lassen. Man sprach von dem regnerischen Winter. Johanna fragte mit heimlichem Grausen, was die beiden so allein, den ganzen Winter über machten. Die Brisevilles waren über diese Frage sehr erstaunt, denn sie beschäftigten sich fortwährend, schrieben ihren durch ganz Frankreich verstreuten vornehmen Verwandten, brachten die Tage mit mikroskopischen Untersuchungen zu, beobachteten gegeneinander dieselbe steife Etikette wie gegen Fremde und unterhielten sich feierlich über die unbedeutendsten Dinge.
Diese beiden Leutchen, so klein, so sauber, so korrekt in ihrer Haltung kamen Johanna unter dem Plafond des unwohnlichen Salons, wo alles in Leinwand verpackt war, wie zwei in Vornehmheit eingemachte Wesen vor.
Endlich erschien der Wagen mit seiner ungleichen Bespannung. Aber Marius war nicht dabei. Er hatte geglaubt, bis zum Abend frei zu sein, und war zweifelsohne ein wenig in die Nachbarschaft gegangen.
Julius bat wütend, man möge ihn zu Fuss zurücksenden. Nach vielen Abschiedsgrüssen hin und her schlug man endlich den Rückweg nach Peuples ein.
Sobald sie in der Kalesche sassen, begannen Johanna und ihr Vater, trotz des Druckes, der noch von Julius’ Ungezogenheit auf ihnen lastete, unter lautem Gelächter die Manieren und die Sprachweise der Brisevilles nachzumachen. Der Baron kopierte den Vicomte und Johanna die Vicomtesse. Aber die Baronin fand das unpassend und sagte:
»Es ist sehr Unrecht, sich über sie lustig zu machen. Die Leute sind sehr comme il faut und von ausgezeichneter Familie.«
Man schwieg, um Mütterchen nicht zu verletzen; aber unwillkürlich verfielen beide wieder von Zeit zu Zeit auf ihre alten Witze. Er machte eine zeremonielle Verbeugung und sagte mit feierlichem Ton:
»Ihr Schloss Peuples, Madame, muss sehr kalt sein, bei den heftigen Nordwinden, die da immer wehen.«
Sie nahm eine geschraubte Miene an und indem sie sich mit einem leichten Schütteln des Kopfes wie ein badender Enterich zierte, entgegnete sie:
»Oh, mein Herr, ich habe hier das ganze Jahr meine Beschäftigung. Dann haben wir so viele Verwandte, mit denen wir in Briefwechsel stehen. Und Herr von Briseville ladet mir alles auf. Er treibt mit dem Abbé Pelle zusammen gelehrte Forschungen. Sie schreiben gemeinschaftlich die Kirchengeschichte der Normandie.«
Die Baronin lachte nun doch, halb ärgerlich, halb ergötzt und wiederholte: »Man sollte sich doch nicht so über Standesgenossen lustig machen.«
Aber plötzlich hielt der Wagen an; man hörte Julius irgendjemanden nach rückwärts etwas zurufen. Johanna und der Baron, die sich aus dem Wagen gebeugt hatten, bemerkten ein sonderbares Wesen, das auf sie zu zu rollen schien. Es war Marius, der, so schnell ihn seine Füsse trugen, dem Wagen gefolgt war. Seine Beine waren durch die fliegenden Rockschösse seiner Livree behindert, seine Augen blendete der hin und her rutschende Hut; er schwenkte die Arme wie zwei Windmühlenflügel, patschte in die großen Wasserlachen, die er zu überspringen suchte, stolperte über alle Steine im Wege, hüpfte, schüttelte sich, und war ganz mit Schmutz bedeckt.
Sobald er den Wagen erreicht hatte, beugte Julius sich herab, fasste ihn am Kragen, zog ihn zu sich herauf und begann ihn mit Faustschlägen zu traktieren, sodass der Hut ihm bis auf die Schultern sank und es einen Ton wie eine Trommel gab. Der Bursche dadrunter heulte, suchte sich loszuwinden und vom Sitz zu springen, während sein Herr ihn mit der einen Hand festhielt und mit der anderen lustig drauf los schlug.
»Papa … ach! Papa!« stammelte Johanna entsetzt; und die Baronin ergriff voll Entrüstung den Arm ihres Mannes. »So halt ihn doch zurück, Jakob!« Da öffnete der Baron schnell das Fenster vorn am Wagen und fasste seinen Schwiegersohn am Arm.
»Haben Sie das Kind nun bald genug geschlagen